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Würzburg/Ochsenfurt: Explodierende Kosten: Wie Kommunen in Unterfranken unter dem Bau-Boom leiden

Würzburg/Ochsenfurt

Explodierende Kosten: Wie Kommunen in Unterfranken unter dem Bau-Boom leiden

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    Viele Baufirmen sind derzeit ausgebucht. Das bekommen Kommunen zu spüren, auf deren Ausschreibungen sich kaum noch jemand meldet.
    Viele Baufirmen sind derzeit ausgebucht. Das bekommen Kommunen zu spüren, auf deren Ausschreibungen sich kaum noch jemand meldet. Foto: Paul Zinken, dpa

    Das Baugewerbe boomt. Ein Umsatzplus von gut zehn Prozent verzeichnete das bayerische Bauhauptgewerbe im April 2019 im Vergleich zum Vorjahr. Die hohe Auslastung der Baufirmen hält bereits seit einigen Jahren an, die Auswirkungen bekommen neben Privatpersonen auch immer mehr die Kommunen zu spüren. 

    Ralph Schäffner ist Geschäftsführer eines Kitzinger Büros für Landschaftsarchitektur und kennt das Problem gut. Sein Büro firmiert bei etlichen Bauvorhaben als Bindeglied zwischen Kommune und Firmen. "Die Angebote, die auf Ausschreibungen zu öffentlichen Bauvorhaben eingehen, sind heute durchaus mal doppelt so hoch wie die Kostenberechnung der Vorplanung", schildert er. Die Vorplanung fußt auf den Preisen der vergangenen Monate. Früher lagen die Angebote der Baufirmen laut Schäffner auch immer ungefähr bei den Schätzungen. Doch seit 2018 sind die Angebotspreise deutlich gestiegen.

    "Die Bauunternehmer suchen sich die Sahnebonbons heraus."

    Ralph Schäffner, Landschaftsarchitekt

    "Die Unternehmer suchen sich die Sahnebonbons heraus", sagt Schäffner und erklärt, dass sich für komplexere Bauvorhaben inzwischen fast keine Firmen mehr melden. Nur wenn die Baustelle gut zu erreichen und die Bedingungen vor Ort gut seien, bekomme man noch einigermaßen ordentliche Preise. "Wo man früher acht bis zehn Angebote bekommen hat, ist man heute froh, wenn man ein bis zwei bekommt", so Schäffner.

    Bauvorhaben langfristig planen

    Die Folge ist, dass die Gemeinden ihre Ausschreibungen verschieben, verändern oder in mehrere Gewerke aufteilen müssen. Durch kleinere Ausschreibungspakete sollen mehr Firmen angesprochen werden. "In der Regel muss aber in der Planung gekürzt werden", erklärt der Landschaftsarchitekt. Außerdem helfe es, Bauvorhaben langfristig zu planen. Mit längeren Vorlaufzeiten könnten auch die Baufirmen besser kalkulieren. Doch so entstehe natürlich ein Stau der Projekte. "Wenn man allerdings plant, dass ein Projekt kurzfristig fertig sein soll, bekommt man Preise, dass einem die Ohren schlackern", sagt Ralph Schäffner. Fast alle Gemeinden, die zurzeit ein Bauprojekt ausschreiben, hätten das Problem.

    Achim Sing vom Bayerischen Städtetag bestätigt das: "Es ist für Kommunen schwierig, überhaupt noch Bewerber auf eine Ausschreibung zu finden." Denn die gute gesamtwirtschaftliche Lage sorge für volle Auftragsbücher bei den Baufirmen. "Die Tendenz ist ja momentan überall da, auch im Privaten", sagt er. Sich dagegen zur Wehr zu setzen, hält Sing für schwierig, denn die Preise ergeben sich über Angebot und Nachfrage. Bei einer hohen Nachfrage und geringem Angebot durch die Baufirmen seien gestiegene Preise die logische Folge.

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    Umbau der Schule in Goßmannsdorf – ein Beispiel von vielen

    "Grundsätzlich ist es natürlich positiv, dass es momentan viel Arbeit für die Baufirmen gibt", findet der Ochsenfurter Bürgermeister Peter Juks. Auch dass auf öffentlicher Seite viel Geld da ist und es viele Fördergelder gibt, sei ja erst einmal gut. "Doch diese bisher einmalige Situation sorgt dafür, dass die Umsetzung von Projekten schwierig ist", so Juks.

    Die Auswirkungen zeigen sich auch in seiner Gemeinde. Ende Juli war der Spatenstich für den Umbau des alten Schulgebäudes im Stadtteil Goßmannsdorf, das ab Herbst 2020 zwei Krippengruppen beherbergen soll. Die Gesamtkosten für den Umbau betragen laut Juks rund 1,3 Millionen Euro. Ganz so drastisch wie Landschaftsarchitekt Schäffner die Situation beschreibt, war die Differenz zwischen Planung und Angebot zwar nicht. Doch bei einzelnen Maßnahmen wie zum Beispiel dem Rohbau mit Abriss war auch hier der Angebotspreis gut ein Drittel höher.

    "Da wir bei anderen Teilen Kosten einsparen konnten, sind wir trotz solcher Abweichungen ungefähr im Kostenrahmen geblieben", erklärt Juks. Das sei aber inzwischen eher die Ausnahme. Auch in Ochsenfurt kam es laut Juks "schon öfter" vor, dass ein Projekt neu ausgeschrieben oder aufgehoben werden musste, weil die Angebotspreise zu hoch waren.

    Bauinnung verteidigt die Firmen

    Dem Vorwurf, dass sich Bauunternehmer die "Sahnebonbons" heraussuchen, widerspricht man in der Bauinnung vehement. "Aus unserer Sicht handelt es sich dabei um Einzelfälle", sagt Manfred Dallner über Projekte, bei denen die Angebotspreise doppelt so hoch wie die Schätzungen sind. Der Bezirksgeschäftsführer Unterfranken des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen erklärt, dass es spürbare Kostensteigerungen gibt. "Die liegen aber nur zwischen fünf und zehn Prozent im Vergleich zu den vergangenen Jahren", sagt Dallner.

    "Firmen geben Angebote mit so hohen Preisen ab, damit sie den Auftrag nicht bekommen, weil sie ihn ohnehin gar nicht wollen."

    Manfred Dallner, Bezirksgeschäftsführer Unterfranken der bayerischen Bauinnungen 

    Verantwortlich für die Kostensteigerungen und damit die hohen Angebotspreise sind aus seiner Sicht mehrere Faktoren. "Zum einen hatten wir deutliche Lohnsteigerungen von rund sechs Prozent im vergangenen Jahr", so Dallner. Zum anderen gebe es einen großen Anstieg bei den Materialkosten. "Auch die Entsorgungskosten für den Erdaushub steigen immer weiter an." Viele Deponien würden nichts mehr annehmen, der Boden müsse oft als Sondermüll entsorgt werden. Die höheren Kosten würden die Bauunternehmer natürlich an die Kommunen weitergeben.

    Hohe Angebotspreise sollen Zuschlag verhindern

    Auch die teils sehr knappen Zeiträume, in denen Bauvorhaben umgesetzt werden sollen, sieht Dallner kritisch. "Ich bin überzeugt, dass es mehr Angebote gäbe, wenn die Projekte frühzeitiger ausgeschrieben würden." Oft wünschen sich die Kommunen aber einen Baubeginn in den folgenden zwei oder drei Monaten. Das könne heute kaum eine Firma leisten. "Deshalb geben sie in Einzelfällen Angebote mit so hohen Preisen ab, damit sie den Auftrag gar nicht erst bekommen, weil sie ihn ohnehin nicht ausführen können", erklärt Dallner.

    Das sei insbesondere der Fall, wenn ein gewisser Druck auf die Unternehmen ausgeübt werde, auf die Ausschreibung zu reagieren, zum Beispiel wenn es sich um ein Projekt in der Heimatgemeinde handle. Hinzu kommt aus Sicht der Bauinnung, dass die gesetzlichen Vorgaben beispielsweise im Brand- oder Schallschutz immer strenger werden. Auch das treibt die Preise in die Höhe. Für die kommenden Jahre erwartet Dallner deshalb erst einmal keine Entspannung der Lage.

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