Dem Glücklichen schlägt keine Stunde, heißt es. Dehnt man diese Definition großzügig auf Gebäude aus, gehört das Kurhausbad in Bad Kissingen gerade nicht zu den Glücklichen. Dem Badbetrieb in dem traditionsreichen Bau schlägt am 30. September sogar eine besondere Stunde. Die letzte.
Äußerer Anlass der Schließung ist der noch für diesen Herbst geplante Abriss des Kurhaushotels nebenan. Wie die Stadtverwaltung im Sommer erklärte, bilden die „Versorgungsleitungen und Einrichtungen des Kurhausbades eine Einheit mit denen des ehemaligen Kurhaushotels“. Der Weiterbetrieb des Kurhausbads während des Hotelabrisses sei daher unmöglich.
Die Zahl der Gäste, die ins Kurhausbad kamen, um sich Moorvollbäder, Moorpackungen, Solebäder, Sprudelbäder und Massagen verabreichen zu lassen oder das römisch-irische Dampfbad aufzusuchen, war allerdings schon länger rückläufig. Nach Einschätzung von Sandra Schmelz, die bei der Staatsbad GmbH für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, ist das Ausdruck einer grundlegenden Veränderung im Reiseverhalten.
Die Aufenthalte würden immer kürzer, das Angebot an Wellness in den Hotels immer größer. Vor Ort sei zudem vor einigen Jahren die KissSalis Therme hinzu gekommen. Vor diesem Hintergrund hatte der Freistaat als Eigentümer des Gebäudes und Mehrheitsgesellschafter der Staatsbad GmbH schon 2012 angekündigt, er ziehe sich spätestens 2018 aus dem Betrieb des Kurhausbades zurück.
Die zehn festangestellten Mitarbeiter der Staatsbad GmbH im Kurhausbad bleiben im Unternehmen, erklärte Sandra Schmelz. Sie würden je nach Qualifikation und Bedarf auf andere Stellen umgesetzt. Für die ebenfalls im Haus beschäftigten Saisonkräfte wird es jedoch so bald keine neue Saison mehr geben.
Grundsätzlich solle das Gebäude später weiterhin für gesundheitstouristische Nutzung zur Verfügung stehen, berichtet Sandra Schmelz. Als Möglichkeit ins Spiel gebracht hat der Freistaat, das Kissinger Zentrum für Telemedizin dorthin umzusiedeln. Auch Medical Wellness kann München sich dort vorstellen.
Die ganz große Protestwelle hat die Schließung des Kurhausbades in Bad Kissingen noch nicht ausgelöst. Immerhin aber gibt es eine private Initiative für den Erhalt der Einrichtung. Dem Oberbürgermeister hat Detlev Kirmsse die Unterschriften schon übergeben, die er gesammelt hat. An den Freistaat schickt er sie jetzt ebenfalls.
Littmanns jüngster Bau in Bad Kissingen
Das Kurhausbad ist unter den Kissinger Bauten des Münchner Architekten Max Littmann der jüngste. 1927 als neoklassizistischer Nachfolger des früheren Kurhausbades entstanden, ist der denkmalgeschützte Bau nach den Angaben im Kissingen-Band der Reihe Denkmäler in Bayern geprägt durch Innenausstattung im Stil der „dekorativen Richtung der Raumkunst der Zwanziger Jahre“. Am reichsten gestaltet ist demnach des ovale Vestibül. Im Untergeschoss, so die Bauhistoriker, besitzen einige Räume des Dampfbads noch ihre originale Ausstattung.