Das „Starthouse Spessart“ unterstützt Gründerinnen und Gründer von digitalen Unternehmen und stellt ihnen in Lohr für eine niedrige Miete einen Schreibtisch zum Arbeiten zur Verfügung. Im April 2019 öffnete das Gründerzentrum seine Türen. Fast drei Jahre später lässt sich sagen: Bedarf gibt es offenbar. Zwischen sechs und acht verschiedene Startups quartieren sich dort im Schnitt ein und arbeiten an ihren Geschäftsideen. Doch was macht den Reiz aus?
Zwei Gründer, die bei der Verwirklichung ihrer Ideen schon recht weit gekommen sind, sind Christian Maier und Damian Berghof. Während Maier mit der Plattform "cherry-click" die Digitalisierung an Schulen voranbringen will, arbeitet Damian Berghof mit "NICERecs" an einem Portal zur Vermittlung von Arbeitskräften in der Technologiebranche. Im Gespräch mit dieser Redaktion erzählen die beiden, worin sie die Vorteile des "Starthouse Spessart" sehen und warum sich die Einrichtung keine Sorgen machen muss, dass ihr der Nachwuchs ausgeht.
Frage: Was ist aus Ihrer Sicht als Unternehmensgründer der Anreiz, mit dem Starthouse Spessart zusammenzuarbeiten?
Christian Maier: Eine Stelle wie das Starthouse bündelt sehr viel Wissen für digitale Gründer. Wenn man heute im Internet recherchiert nach einer geeigneten Programmiersprache für ein Projekt oder nach Unternehmenskonzepten, wird man mit einer Fülle an Informationen erschlagen. Für den Einzelnen ist es da gar nicht so einfach, den richtigen Weg einzuschlagen. Das macht das Starthouse aus. Man kann sich zum einen mit den hauptamtlichen Kräften hier austauschen, also zum Beispiel Geschäftsideen besprechen, zum anderen können sich auch die Gründer untereinander vernetzen. Ein zusätzlicher Baustein, den das Starthouse bietet, sind die Fortbildungsreihen, die man besuchen kann.
Damian Berghof: Über das Starthouse erhalten wir auch Kontakt zu den Netzwerkpartnern des Gründerzentrums in der Region und zu Gründerzentren in anderen Städten wie Aschaffenburg oder Würzburg. Das ist ebenfalls ein Vorteil. Und natürlich ist es auch eine Art der Zertifizierung, wenn man hier schon im Starthouse ist. Wenn man mit anderen Firmen spricht, hat das eine deutlich bessere Außenwirkung, als wenn jemand seine Firma von zu Hause aus betreibt.
Gründer können im Starthouse auch recht günstig einen Arbeitsplatz mieten. Wie wichtig sind diese Räume für Sie?
Maier: Hier trifft man halt die Leute. Trotz aller Digitalität ist der persönliche Kontakt, das gemeinsam an der Wand etwas aufmalen und das Ideen spinnen, enorm wichtig. Das ist woanders in dieser Form nicht möglich, außer man hat von Anfang an ein großes Team, mit dem man sich dann trifft. Doch die meisten Gründer fangen mit ein oder zwei Personen an. Dann ist der Austausch mit anderen ganz essenziell.
Berghof: Diesen Punkt kann ich unterstreichen. Auch nicht selbstverständlich ist der Zugang zum Coworking über 24 Stunden an sieben Tagen die Woche. Das sind Freiheiten, die wir schätzen und die unheimlich weiterhelfen. Was ich besonders an dem Standort in Lohr mag, sind auch die kurzen Wege. Es sind drei Minuten vom Parkplatz, zum Bäcker oder zu meiner Bank. Da spart man viel Zeit.

Beim Thema Coworking-Space ist oft die Rede von Synergieeffekten, die idealerweise durch den Kontakt mit anderen Gründern entstehen. Können Sie dafür ein konkretes Beispiel nennen?
Berghof: Ich hätte da gleich zwei Beispiele. Durch den intensiven Austausch hier im Coworking ist die Situation entstanden, dass wir auf ein anderes Startup zurückgegriffen haben, um unser Logo zu designen. Das ist hochprofessionell geworden und wir können uns damit wirklich gut nach außen darstellen. Nun bahnt sich eine zweite Kooperation an. Dabei geht es darum, Bewerbungsvideos zu produzieren beziehungsweise bestimmte Jobs mit Videos vorzustellen.
Wann kommt denn der Punkt, an dem das Gründerzentrum zu klein wird für Sie als Unternehmer?
Berghof: Den sehe ich bei uns noch nicht so direkt in den nächsten zwei bis drei Jahren. Auch hier kann man wachsen. Gerade werden im Starthouse neue Büros eingerichtet. Davon wollen wir eines mieten.
Maier: Bei uns ist der Plan fast deckungsgleich. Unser Wachstum wird jetzt auch nicht in so einer steilen Kurve verlaufen, dass wir in absehbarer Zeit hier raus müssen, weil wir aus allen Nähten platzen. Dafür sind digitale Unternehmen zu dezentral aufgestellt. Viele Tätigkeiten lassen sich doch auch von zu Hause erledigen. Ein Aspekt ist aber auch, dass es sich um ein gefördertes Mietverhältnis handelt. Und diese Förderung vom Staat besagt, dass man sich hier nur fünf Jahre vom Gründungstag an einmieten kann. Wenn ein Unternehmen überlebt und über diesen Punkt hinauswächst, müsste man dann sowieso schauen, dass man sich nach anderen Räumlichkeiten umsieht.
Es gibt viele Klischees, mit denen Startups behaftet sind. Dort drüben steht zum Beispiel ein Tischkicker, das ist so eine typische Assoziation. Welche Startup-Klischees erfüllt das Starthouse?
Maier: Ja, es gibt Klischees und diese werden hier auch in gewisser Weise bedient, zum Beispiel mit dem Tischkicker. Und es gibt hier auch eine Grundhaltung, dass man einfach mal Ideen in den Raum schmeißen und ausprobieren kann. Das ist ganz wichtig, gerade für digitale Startups, auch mal Dinge einfach zu machen und das mögliche Scheitern mit einzukalkulieren und das nicht als Risiko zu empfinden, sondern als Chance. Ein bisschen hebt sich das Starthouse in Lohr aber auch vom Klischee ab. Denn es gibt hier keine direkte Unianbindung. Dadurch werden hier auch nicht tausende Ideen gesponnen, von denen ganz viele dann nie realisiert werden. Das hängt damit zusammen, dass eben auch die Menge der potenziellen Gründer deutlich geringer ist.
Berghof: Dazu kommt, dass wir zum Beispiel beide schon ein bisschen älter sind und in anderen Jobs schon sehr viel Erfahrung gesammelt haben. Daher wurde es bei unseren Startups schnell ernst und unsere Ideen sind relativ schnell gereift. Zumindest bei uns beiden geht das also ein bisschen zielgerichteter voran, als es das Klischee besagt.

Sie haben erwähnt, dass Lohr kein Hochschulstandort ist. Kann es passieren, dass es aus diesem Grund künftig schwierig wird, hier in Main-Spessart neue Gründer zu finden?
Maier: Es besteht natürlich ein bisschen die Gefahr. Es ist ganz klar, dass es der Nachwuchs schwerer hat, hierherzukommen. Aber ich glaube, dass das Starthouse auf einem guten Weg ist, eine eigene Identität zu entwickeln. Diese starke Zentrierung auf Großstädte hat nachgelassen. Und viele schätzen den ländlichen Raum wieder mehr.
Berghof: Interessanterweise gibt es aktuell Studenten von Hochschulen oder Unis, zum Beispiel aus Würzburg oder Aschaffenburg, die ursprünglich aus Lohr kommen und die vor allem am Wochenende hier im Starthouse aktiv sind. Die haben auch schon kleinere Firmen gegründet.
Hat Main-Spessart ein digitales Gründerzentrum gebraucht?
Berghof: Auf jeden Fall! Ich denke, das trifft absolut einen Bedarf der Zeit.
Maier: Definitiv. Davon kann die Region stark profitieren.Es klingt abgedroschen, dass die Welt sich immer weiter in die digitale Richtung bewegt, aber es ist tatsächlich so. Gerade ländliche Regionen haben viel Potenzial für Geschäftsmodelle, wie wir sie zum Beispiel mit cherry-click verfolgen. Aber sie haben auch ganz viel Nachholbedarf. Wenn man nicht möchte, dass alles an große Tech-Riesen geht, sondern das Geld auch in der Region bleibt, dann lassen sich auch regionale Lösungen finden.