Ein unheilbar krankes Kind in der Familie ist eine enorme Belastung, emotional aber auch logistisch: Zum einen ist da die große Angst um das Kind, zum anderen sind die Familienmitglieder oft bis zur Erschöpfung Tag und Nacht mit der Pflege und Betreuung beschäftigt. Die Eltern müssen sich um dieses Kind besonders kümmern und ertragen, dass es höchstwahrscheinlich eine kürzere Lebensdauer haben wird, als gesunde Kinder. Oft sind es auch die Geschwister, die hier besonders leiden müssen.
Genau hier kommt das ambulante Kinderhospiz Sternenzelt in Marktheidenfeld ins Spiel. Es will dem erkrankten Kind eine möglichst hohe Lebensqualität ermöglichen, aber auch die Familien entlasten und unterstützen. Seit 2008 ist das Hospiz eine Anlaufstelle für Familien mit unheilbar kranken Kindern und feiert in diesem Jahr somit 10-Jähriges.
Begleitung ab Diagnose
Hospiz – das klingt erst einmal nach Tod. „Die Menschen, die hören, dass ich in einem Kinderhospiz arbeite, erschrecken oft, da sie nicht wissen, was ein Kinderhospiz eigentlich ist“, sagt Annette Rosskamp, Verwaltungsfachkraft im Sternenzelt. Anders als bei einem stationären Kinderhospiz, bei dem die Familie für einige Tage oder Wochen unterkommen kann um wieder Kraft zu schöpfen, und das nicht nur in der letzten Lebensphase des Kindes, gibt es beim ambulanten Kinderhospiz Sternenzelt sogenannte Familienbegleiter. Die Ehrenamtler werden von Koordinatoren den Familien zugeordnet und begleiten diese oft von der Diagnose an. „Manchmal die Eltern, manchmal die betroffenen Kinder und manchmal die Geschwisterkinder“, erzählt Stefan Zöller, der erste Vorsitzende des Vereins.
Die ehrenamtlichen Familienbegleiter werden vorab bei einer Ausbildung in Freising auf ihre Arbeit vorbereitet und begleiten die Familien dann in deren häuslichem Umfeld. Eine Besonderheit und Unterschied zu einem Erwachsenenhospiz ist hier, dass die Angehörigen auf Wunsch ab der Diagnose und nicht nur in der letzten Lebensphase begleitet werden, denn oft leben die erkrankten Kinder und ihre Familien viele Jahre mit ihrer Erkrankung und der Prognose, das Erwachsenenalter nicht zu erleben. Dies bedeute einen langen Prozess in der Auseinandersetzung mit Trauer, Hoffnung und Fragen, in der die Betroffenen von den Begleitern unterstützt werden.
Unterstützung nach Bedürfnissen ausgerichtet
Zehn Familien mit zwölf erkrankten Kindern betreut das Sternenzelt momentan. Hierbei sind verschiedene Krankheitsbilder vertreten, von onkologischen über Stoffwechsel- bis hin zu nicht erforschten Krankheiten. Die Begleiter werden auf die verschiedenen Diagnosen vorbereitet, wie Zöller erzählt. „Unsere Unterstützung erfolgt nach den Bedürfnissen der Familie. Überwiegend zuhause aber auch während eines Klinikaufenthaltes.“ Außerdem gebe es regelmäßige Familientreffen, Gruppentreffen für Geschwisterkinder oder Mütterfrühstücke im Vereinshaus in Marktheidenfeld.
Der Dienst ist mit seiner Begleitung auf Spendenunterstützung angewiesen. Zwar erhalten ambulante Kinderhospizdienste Zuschüsse von Krankenkassen, jedoch reichen diese nicht für eine kostendeckende Finanzierung. Deshalb sei auch jede noch so kleine Spende wichtig, wie Stefan Zöller erzählt. Mit dem Geld werden Ausbildungen, Schulungen oder Supervisionen gezahlt. Die Rücklagen werden dann am Ende des Jahres an verschiedene Kinderhospizeinrichtungen übergeben. Bei einer Mitgliederversammlung werden alle Vereinsmitglieder in die Entscheidung, wo das Geld hingelangen soll, mit einbezogen.
Der 54-jährige Stefan Zöller ist schon von Beginn an Teil der Sternenzelt-Familie. Während in den Anfangsjahren sein ehrenamtliches Amt ein Arbeitspensum eines Nebenjob hatte, gehe heute noch ein halber Tag pro Woche drauf. „Aber ich mach das ja gerne“, sagt er. Und das merkt man.
Emotionale Stütze für Familie
Während sich das Kinderhospiz Sternenzelt um die emotionale Unterstützung der Familie kümmert, kümmert sich das Kinderpalliativteam Unterfranken um die medizinische Versorgung. Das Team der Malteser betreut und versorgt vom Würzburger Heuchelhof aus aktuell 25 Familien in Unterfranken, deren Kinder unheilbar krank sind. Vier Ärzte, fünf Krankenschwestern, eine Sozialpädagogin und ein Seelsorger sind rund um die Uhr für Patienten und ihr Umfeld da. „Wir unterstützen das Kinderpalliativteam und umgekehrt“, erzählt Zöller. Hier gehe es nicht um Konkurrenzdenken, „im Gegenteil. Wir schauen immer, dass wir gut zusammen arbeiten. Wir empfehlen den Eltern den Dienst des Teams anzunehmen, da hier wirklich eine gute Versorgung gewährleistet wird.“
Wegen umständlicher Verhandlungen mit den Krankenkassen wurde der Start des Teams immer weiter nach hinten verschoben.„Dieses Gezerre haben wir absolut nicht verstanden“, sagt Bernhard Elsesser, zweiter Vorsitzender des Vereins Kinderhospiz Sternenzelt Mainfranken e.V. verärgert. Laut dem Koalitionsvertrag soll der Hospiz- und Palliativbereich insbesondere durch Kostenübernahme der Koordination von Netzwerken gestärkt werden. Außerdem soll es eine Verbesserung bei der Versorgung von Kinder- und Altenpflegeeinrichtungen geben. Dies sei noch nicht geschehen, jedoch merke man, dass sich in Bayern langsam etwas bewegt. „Die Politik ist schon dabei, die Situation für Hospize zu verbessern. Gerade unsere Landtagspräsidentin Barbara Stamm ist da eine mächtige Unterstützung“, so Stefan Zöller.
Laut dem Deutschen Kinderhospizverein sterben in Deutschland jedes Jahr rund 1500 Kinder an unheilbaren Krankheiten. Umso deutlicher wird es, wie wichtig die Arbeit von Kinderhospiznetzwerken ist. Mit aktuell 179 steigt die Zahl der Mitglieder im Verein Kinderhospiz Sternenzelt immer weiter. „Wir sind froh, um jedes einzelne Mitglied“, sagt Stefan Zöller. Er ist auch stolz sagen zu können, dass der Verein ein qualifiziert anerkannter Dienst ist. „Wir führen den Titel nicht als Papiertiger, wie leben ihn.“ Deshalb werde auch stetig daran gearbeitet, diesen Qualitätsstandard zu gewährleisten, „für die betroffenen Familien, aber auch für deren Begleiter.“