Eine ungewöhnlich hitzige und lange Bürgerversammlung gab es am Dienstagabend in der Seewiesenhalle in Bergrothenfels. Während es im Laufe der fast vierstündigen Versammlung in der Halle immer kälter wurde, erhitzen sich die Gemüter immer mehr. Es gab kaum sachliche Diskussionen, dafür lautstarke Wortmeldungen, hämische Zwischenrufe über die an den Projekten beteiligten Architekten und Ingenieure, zustimmende Lacher und Applaus für die Kritiker. Dies war coronabedingt die erste Bürgerversammlung nach zwei Jahren, es hatte sich also vielleicht manches aufgestaut – der Tonfall mancher Rednerinnen und Redner war dennoch überraschend scharf.
Es ging relativ sachlich los, indem Bürgermeister Michael Gram die Einwohnerzahlen, Geburten und Sterbefälle sowie das Haushaltsbudget der letzten beiden Jahre erläuterte.
Spielplatzerweiterung nicht gewünscht?
Als er dann auf das Thema Spielplatz am Sportplatz kam, gab es erste bohrende Zwischenfragen. Mehrere Familien hatten in einem anonymen Brief den Wunsch geäußert, den Spielplatz attraktiver zu machen. Daraufhin organisierte die Zweite Bürgermeisterin Daria Schürmann ein Treffen für interessierte Familien, gemeinsam entwickelte man die Idee, eine Kleinkindspielanlage und eine Free-Climbing-Anlage für die größeren Kinder aufzustellen. Dafür würde das Spielgerät mit den Reifen entfernt. Ob denn nicht eine Erweiterung auch angedacht sei, fragte Melanie Degelmann. Daraufhin erklärte Gram, dass das ganze Thema noch nicht im Stadtrat besprochen sei. Er habe nur die möglichen Geräte hier schon einmal vorgestellt. Auf weitere Nachfragen meinte Gram, dass manche Flächen außerhalb der Sichtweite seien und nicht eingezäunt sind. Daraufhin sagte Ruth Merholz: "Ich denke, wenn man das wollte, ginge das schon. Nicht gewünscht. Punkt". Hier schaltete sich der dritte Bürgermeister Werner Grün ein: "Jetzt mal ein bisschen langsam. Das war noch nicht mal Thema im Rat".

Baumkontrollen beschäftigen die Stadt immer noch
Im Anschluss erklärte Gram die verschiedenen Maßnahmen der Baumkontrollen und das Baumkataster und macht deutlich, dass es eine 100-prozentige Sicherheit nicht gibt, aber die Stadt damit alles getan hat. Nach einem Unfall im Jahr 2018, bei dem der Ast eines Apfelbaums einen Krad-Fahrer traft, hatte der Verletzte Klage gegen die Stadt erhoben, die einen längeren Rechtsstreit nach sich zog. Die Frage nach den bisherigen Kosten für Baumkontrollen beantwortete Gram mit 1.000 Euro für die Baumuntersuchung und 5.000 für die Pflegemaßnahmen im Frühjahr. Es kam der Vorschlag, dass die Stadt eigene Leute qualifizieren könnte, statt Fachleute einzusetzen: "Das nimmt uns nicht aus der Verantwortung. Ich war damals bei Gericht dabei", erklärte der Bürgermeister.

Gram freut sich, dass die Erdverkabelung in Rothenfels abgeschlossen ist. "Es gab immer wieder Überraschungen, wie ein historischer Abwasserkanal oder Hohlräume, die verfüllt werden mussten". Hier kam der Vorwurf, dass man Kanäle nicht gleich mit erneuert hat. "Da hätte mehr eingegriffen werden müssen", so die Meinung eines Bürgers. Auch Lampen seien falsch positioniert worden. "Nach meiner Erfahrung stehen Lampen immer für irgendeinen falsch und irgendeinem sind sie immer zu hell oder zu dunkel", versuchte Gram die jetzt schon angespannte Stimmung in der Halle zu lockern.
Bei der Feuerwehr stehen Veränderungen an
Bezüglich des Schulsaales, der aktuell von den Kleinkindern im Kindergarten genutzt wird, müssen mit den Vereinen, die den Saal ebenfalls nutzen, Gespräche geführt werden. Generell gibt es nicht für alle Aktivtäten, die nötigen Räumlichkeiten. Den Hinweis eines Bürgers, dass ja bald eine Kirche frei wird, fanden nicht alle lustig.
Gram erklärte die aktuelle Situation bei der Freiwilligen Feuerwehr Berg-Rothenfels. Es gibt eine gemeinsame Feuerwehr und zwei Feuerwehrhäuser mit je einem älteren Fahrzeug. Kurzfristig muss die Ersatzbeschaffung der Fahrzeuge ausgelöst werden und mittelfristig die Planung des künftigen Feuerwehrstandortes oder der Standorte festgelegt werden.
Hier fragte Melanie Degelmann, warum denn der Zweite Kommandant zurückgetreten sei und ob das nicht einen Verlust an Einsatz und Leistung darstelle. Nachdem sich der zurückgetretene Manuel Straub dazu erst nicht äußern wollte, meinte er dann doch: "Ich habe Missstände immer weitergegeben. Ein Kommandant hat Verantwortung. Aus diesem Grund musste ich das Amt niederlegen."
Nach noch mehr bohrenden Nachfragen durch Ruth Merholz hörte man sowohl bei Straub als auch bei Gram heraus, dass es wohl in erster Linie um Platzprobleme ging. So gibt es beispielsweise keine extra Umkleidekabinen und Toiletten für Frauen. Marco Straub versuchte die Situation etwas zu entspannen, indem er erläuterte, dass die Feuerwehrführung mit dem Stadtrat zusammenarbeite und einen Fahrplan erstelle. Gram räumte ein, dass einiges zu spät war, aber jetzt daran gearbeitet wird. Er sagte aber auch, dass bisher alles angeschafft wurde, was gefordert wurde. Dem stimmte Manuel Straub nickend zu. Der Zwischenruf eines Bürgers während der Diskussion: "Dann kriegen die also das größere Fahrzeug", lässt jedoch erahnen, dass die Kluft der beiden Ortsteile vielleicht doch noch größer ist, als mancher bisher dachte.
Gram: Jeder muss sich selbst vor Hochwasser schützen
Die Themen Wald, Kernwegenetz, Sanierung des Stelzengraben und der Bebauungsplan "Westlich des Schlangenbrunn" gingen mit weniger Diskussionen über die Bühne.
Beim Hochwassermanagement wies Gram darauf hin, dass es keinen absoluten Schutz vor Hochwasser gibt und sich jeder auch ein Stück weit selber schützen muss. Die Frage, wer denn den Stelzengraben sauber macht, beantwortete Gram eindeutig mit: "Da ist das Wasserwirtschaftsamt zuständig". Jörg Merholz gab den Tipp, abgefüllte Sandsäcke zu bevorraten: "Die Starkregenereignisse werden zunehmen".
Mehrfach kam der Hinweis, die ausgewiesenen Wohnmobilstellplätze zu überdenken. Es würde vermehrt auf den Wiesen geparkt, die Toiletten auf Äckern entleert und Müll liegengelassen.
Viele Bürgerinnen und Bürger blieben nicht bis zum Ende
Peter Kuhn verlas ein Schreiben im Namen seines Sohnes Matthias. Dieser schrieb darin, dass der Wald der Stadt in einem desolaten Zustand sei. Das Käferholz müsse schneller aus dem Wald gebracht werden. Förster Matthias Huckle würde sehr alleine gelassen. "Wir sind so aufgestellt, dass der Förster die Arbeiten mit Fremdunternehmen macht. Sag ihm, unser Förster tut, was möglich ist", erklärte Gram. Weiter hatte Kuhn Interesse daran, ein Waldgrundstück von der Stadt zu erwerben. Er warf Gram vor, das nicht im Stadtrat besprochen zu haben. Der Einwand von Daria Schürmann, das doch in einer Bürgersprechstunde zu klären, wurde ignoriert. Werner Grün erklärte, dass die grundsätzliche Meinung im Rat sei, dass keine städtischen Flächen und auch kein Wald verkauft werden: "Das muss nicht jedes Mal extra diskutiert werden". Nachdem Kuhn meinte, die Stadt sei überfordert ihren Wald zu bewirtschaften und er dafür auch noch zustimmendes Lachen erntete, beendete Gram die Diskussion, indem er das Wort an den nächsten Redner weiter gab.
Gram dankte am Ende für das lange Durchhalten und meinte: "Wir haben jetzt im Stadtrat einiges zu bereden". Es hatten nicht alle der rund 60 Interessierten bis zum Ende durchgehalten. Die ersten gingen bereits in der Lüftungspause "weil sie sich das hier nicht mehr antun konnten". Andere verließen während den letzten Diskussionen, teilweise kopfschüttelnd, nach und nach die Halle.