Die "Webstube Saaletalhof" in Wolfsmünster betreibt Familie Kisperth mit Leidenschaft, Ausdauer, viel Idealismus und künstlerischem Talent. Seit dem Jahr 2004 befassen sich Silvia und Wolfgang Kisperth mit dem Handweben aus Naturfasern auf Webstühlen und haben sich mit der Zeit ein enormes Wissen darüber angeeignet. Verarbeitet werden heimische Schafwolle und Alpakawolle, die Wolfgang Kisperth selbst reinigt und aufbereitet und Silvia Kisperth selbst auf ihrem Spinnrad zu Wollfäden spinnt. Daraus entstehen Schneiderstoffe, Tisch- und Küchenwäsche, Decken, Schals und Teppiche.
Raus aus der Enge der Stadt
Angefangen hat alles vor 20 Jahren als Familie Kisperth ein Haus auf dem Lande suchte, um sich handwerklich zu betätigen und aus der Enge der Stadt Frankfurt herauszukommen. Sie fanden ein altes Bauerngehöft in Wolfsmünster unterhalb der Kirche und richteten sich ein. Silvia Kisperth hatte in ihr neues Zuhause ein altes Spinnrad ihrer Schwiegermutter aus dem Erzgebirge mitgebracht. Das sollte ihre Freizeitbeschäftigung werden und sie in den Ruhestand begleiten. Die damals 45-jährige Buchhalterin ahnte noch nicht wie sehr sie dieses Arbeitsgerät beschäftigen wird. "Mich interessierte das Spinnrad und die Fähigkeiten aus Schafwolle einen Faden zu gewinnen, mit dem man Stoffe und Kleider herstellen kann", sagt die Handwerkerin.

Sie teilte ihr Interesse mit einigen Gleichgesinnten aus der Region. So entstanden die ersten Wollknäuel. Die wollten verarbeitet werden und so besann sich das Ehepaar auf die Verarbeitung der Wolle. Damit war Wolfgang Kisperth mit in das haarige Geschäft einbezogen. Sie experimentierten mit Webrahmen und Webstühlen und kauften sich den ersten Webstuhl aus einer Weberei in Fürth. Für beide Kunsthandwerker war plötzlich klar, dass dieses Hobby ihre Freizeitbeschäftigung werden sollte, mit der sie Tischdecken, Schals und Teppiche herstellen konnten.

"Wir waren begeistert von dem Handwerk, ließen uns Webstühle erklären, kauften Bücher, suchten im Internet nach Informationen und probierten abends das Erlernte aus," beschreibt Wolfgang Kisperth die Anfänge. Dabei kam dem heute 67-jährigen sein Beruf als Archivar in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt zugute. Mit dem Spinnen und Weben alleine war es aber nicht getan: Die beiden entdeckten ihre künstlerische Ader und suchten nach Mustern und Farbzusammenstellungen.
Lamawolle aus Steinfeld und Alpakawolle aus Ruppertshütten
"Wir legten dabei immer Wert auf Naturfasern, regionale Produkte und das eigene Färben der Wolle mit Pflanzen der Region", betont die Künstlerin. Ihr Mann ergänzt: "Die Farben sind nie gleich, verändern sich von Jahr zu Jahr und so ergibt sich immer ein Unikat, das wir herstellen." Verwendet werden Zwiebeln oder Löwenzahn für eine gelbe Farbe, Traubenhyazinthe für Hellblau und Möhrenkraut oder Brennnessel für einen Grünton. Dabei achten die beiden auf Farbechtheit und gleichmäßige Durchfärbung der Wolle. "Mittlerweile verarbeiten wir neben der Schafwolle von Ostfriesischen Milchschafen aus Steinfeld auch Lamawolle aus Steinfeld und Alpakawolle aus Ruppertshütten", so die Weberin über die Herkunft der Rohstoffe.

Dazu kaufen die beiden je nach Nachfrage auch Baumwolle aus dem Ausland und Leinenfäden aus Litauen. So entstehen für die Kunden aus der Region oder Urlauber, die auf ihrer Wander- oder Radtour an der Weberei vorbeikommen, Handtücher, Tischdecken, Ponchos, Schals, Taschen, Stuhlkissen, Sofadecken, Hemden oder Mützen. Mittlerweile bietet das Ehepaar Führungen durch ihre Weberei nach Anmeldung an.
Die Kisperths sind gut ausgelastet
Auch die Fachschule für das Schneiderhandwerk in Schweinfurt war bereits zwei Mal zu einem Tagesseminar in der Weberei. "Wir wollten von Anfang an aus der Region für die Region produzieren und waren nie auf den gesamtdeutschen Markt oder international über das Internet ausgerichtet. Wir sind auch so gut ausgelastet und haben mit der neu gegründeten Spessartmanufaktur in Marktheidenfeld einen guten Abnehmer für Spessartprodukte gefunden", umreißt Silvia Kisperth die aktuelle Marktlage.