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KARLSTADT: Reformator Andreas Bodenstein dem Vergessen entrissen

KARLSTADT

Reformator Andreas Bodenstein dem Vergessen entrissen

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    Ohne Druckmaschinen hätte es die Reformation in dieser Weise nicht gegeben. Das ist eine der Botschaften der Ausstellung zum Leben und Werk von Andreas Bodenstein, genannt Dr. Carlstadt. Bei der Vernissage stellten Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck, der Drucker Reinhard Steinmetz, Wolfgang Merklein vom Historischen Verein und der stellvertretende Landrat Harald Schneider ein Druckbild des Reformators her.
    Ohne Druckmaschinen hätte es die Reformation in dieser Weise nicht gegeben. Das ist eine der Botschaften der Ausstellung zum Leben und Werk von Andreas Bodenstein, genannt Dr. Carlstadt. Bei der Vernissage stellten Karlstadts Bürgermeister Paul Kruck, der Drucker Reinhard Steinmetz, Wolfgang Merklein vom Historischen Verein und der stellvertretende Landrat Harald Schneider ein Druckbild des Reformators her. Foto: Foto: Günter Roth

    Andreas Bodenstein, genannt Dr. Carlstadt, und Martin Luther – diese spannende und oft widersprüchliche Beziehung liegt zwar mittlerweile 500 Jahre zurück, wirkt aber mit deutlichem Nachhall noch in der Gegenwart. Der Historische Verein Karlstadt nimmt mit einer vielseitigen und fundierten Sonderausstellung im Stadtgeschichte-Museum das gespaltene Verhältnis dieser beiden Männer unter die Lupe. Natürlich steht mit Bodenstein einer der „Großen Söhne Karlstadts“ dabei im Mittelpunkt.

    Nicht umsonst steht die Hand-Druckmaschine gleich neben dem Eingang des Museums. Sie ist natürlich kein Originalgerät aus jener Zeit, soll aber anschaulich zeigen, dass die beiden Männer in Wittenberg zwar den Grundstein für die Reformation gelegt haben, welche aber ohne die Druckmaschinen ganz gewiss nicht den bekannten Verlauf genommen hätte. Schließlich haben beide das damals neue Medium ausgiebig und sehr erfolgreich genutzt.

    Heute werden damit keine theologischen Streitschriften gedruckt, jedoch können Besucher Linoldrucke mit dem Portrait von Andreas Bodenstein herstellen.

    Bibeln und Zeitgenössisches

    Wie berichtet, zeichnet die Ausstellung das Leben von Dr. Carlstadt nach und bettet es in die Geschichte der Reformation und in die der Stadt Karlstadt ein. Dazu werden kostbare Bibeln gezeigt und auch andere Exponate wie Funde aus Karlstadter Häusern, vom Kirchhof und Gegenstände aus der damaligen Zeit. Hinzu kommen originale Druckwerke von Bodenstein, die seine wissenschaftliche Leistung in der Reformation belegen.

    Bei der Eröffnung der Ausstellung stellte Wolfgang Merklein, der Vorsitzende des Historischen Vereins und Hauptorganisator der Ausstellung, das Leben und die theologischen Absichten Bodensteins in dem Mittelpunkt. Er setzte dabei Dr. Carlstadt explizit gleichrangig mit Martin Luther, Nikolaus von Amsdorf und Philipp Melanchton in den Kreis der Wittenberger Theologen des reformatorischen Aufbruchs des frühen 16. Jahrhunderts.

    Bodenstein stehe dabei völlig zu Unrecht oftmals im historischen Schatten von Luther. Schließlich habe ersterer schon 1517 eine biblisch fundierte Theologie der göttlichen Gnade entwickelt und mittels Thesenreihen sowie Flugschriften publik gemacht. Der im Fall Luthers bis heute umstrittene Thesenanschlag an der Wittenberger Schlosskirche sei für Bodenstein ein halbes Jahr vorher historisch verbürgt, so Merklein.

    Mit seinem neuen Verständnis von „Gnade und menschlichem Willen“ stelle sich Dr. Carlstadt an die Spitze der reformatorischen Bewegung in Wittenberg. Mit seinen radikalen Ansichten und Aktionen bringt er aber die Obrigkeit, den Kurfürsten Friedrich und auch Martin Luther gegen sich auf. Die Abendmahls-Lehre, der Bilderstreit, der Verzicht auf Zehntabgaben an die Kirche und die Sonderstellung der Pfarrer gehen Luther deutlich zu weit. Am Ende muss Andreas Bodenstein Wittenberg verlassen und landet nach vielen Irrfahrten schließlich in Basel.

    Zu Unrecht verurteilt

    Für Merklein ist kaum ein anderer Reformator in der Umsetzung seiner Ziele so oft missverstanden und zu Unrecht verurteilt worden. Erst seit etwa 50 Jahren verändere sich der Blick aus wissenschaftlicher und kirchengeschichtlicher Sicht. Bodenstein sei nun nicht mehr ausschließlich der Schwärmer, der Bilderstürmer, sondern der Autor reformatorischer Impulse, die noch heute innovativ in die unterschiedlichen evangelischen Denkschulen hineinwirkten. „Dr. Carlstadt“ habe seine Reformation immer ganzheitlich begriffen, so Merklein.

    Eigentlich ein kongeniales Duo

    Bei der Vernissage betonte Bürgermeister Paul Kruck die Bedeutung der Ausstellung und bezog sich auf den Satz: „Ohne die Karlstadter Humanisten hätte es keine Reform in dieser Weise gegeben.“

    Für den Frankenbund nannte Dr. Christina Bergerhausen Luther und Bodenstein ein kongeniales Duo, das sich dann doch nicht einigen konnte. „Beide haben gemeinsam die Welt verändert“, sagte sie und erkannte in der Ausstellung einen spannenden Bogen zur heutigen Zeit.

    Als stellvertretender Landrat verwies Harald Schneider auf das Bodenstein-Symposium, das in Karlstadt schon vor 40 Jahren die Bedeutung des „Großen Sohns der Stadt“ herausgearbeitet hatte. Der Historische Verein habe mit seiner Ausstellung Bodenstein dem Vergessen entrissen, sagte er.

    Die Sonderausstellung im Foyer des Stadtgeschichte-Museums ist bis zum 31. Oktober zu sehen. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 18 Uhr, samstags bis 17.30 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr. Zusätzlich jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr.

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