Er war 35 und ein verurteilter Straftäter, der in der Lohrer Forensik einen Entzug von seiner Drogenabhängigkeit machen sollte. Sie war zwei Jahre älter und seine Bezugspflegekraft, die ihn bei seiner Therapie unterstützen sollte. Dabei ging die Fachkrankenschwester für Psychiatrie aus dem Landkreis Main-Spessart offenbar zu weit: Die beiden sollen einvernehmlich Sex miteinander gehabt haben. Dies ist als "sexueller Missbrauch von behördlich Gefangenen oder Verwahrten" strafbar.
Was im Jahr 2018 wirklich zwischen den beiden vorgefallen ist, wurde auch im Prozess am Mittwoch am Amtsgericht Gemünden nicht klar. Richterin Katrin Heiduck brach die Hauptverhandlung nach dreieinhalb Stunden ab, weil die Kriminalpolizei noch einmal drei Handys auswerten soll. Und sie schloss die Öffentlichkeit für Teile des Verfahrens auf Antrag des Verteidigers Klaus W. Spiegel aus. So bleibt es vorerst nichtöffentlich, was die Angeklagte und ihr angeblicher Liebhaber fast zwei Stunden lang aussagten.
Kolleginnen fiel "unprofessionelles Verhalten" auf
Es könnten "schutzwürdige Interessen" seiner Mandantin berührt werden, hatte Anwalt Spiegel seinen Antrag begründet. Intime und persönliche Details sollten nicht öffentlich angesprochen werden. Doch allein die Aussagen zweier Zeugen vom Bezirkskrankenhaus Lohr waren schon recht aussagekräftig. Demnach hatten zwei Fachkrankenschwestern den Stellvertreter der Pflegedienstdirektion auf das "unprofessionelle Verhalten" ihrer Kollegin aufmerksam gemacht. Sie habe sich öfters bei dem ihr zugeteilten Patienten im Zimmer aufgehalten, sich auffällig für ihn eingesetzt und geradezu vorgedrängelt, wenn es darum ging, ihn bei den wöchentlichen Ausgängen in die Stadt zu begleiten, führte der damalige Sicherheitsbeauftragte für den Maßregelvollzug vor Gericht aus.
Amouröse Chat-Nachrichten
Wie die Kriminalpolizei herausfand, hatte sich zwischen den beiden ein inniges Verhältnis entwickelt. "Ich liebe Dich", schrieb der eine. "Ich liebe Dich auch", antwortete der andere. Der Patient solle aufpassen, "eine Zimmerkontrolle steht an". Und er solle nicht vergessen, "Drogenurin nachzufragen". Offenbar gab es auch einen Hinweis darauf, dass die Angeklagte mit dem Patienten Sex auf dem Beifahrersitz ihres Autos hatte - auf einem Parkplatz hinter dem Friedhof in Lohr. Ein zweites Mal sollen die beiden Geschlechtsverkehr auf der Damentoilette der Station gehabt haben. Das hatte Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen schon vor dem Prozess als weiteren Tatvorwurf genannt.
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Fragen der Richterin erlaubten Prozessbeobachtern am Mittwoch den Rückschluss, dass die Angeklagte das Verhältnis möglicherweise abstreitet. Ein Indiz dafür ist, dass die Kriminalpolizei den genauen Chatverlauf nun zeitlich und inhaltlich noch einmal überprüfen soll - auf drei Handys.
Eines davon ist das der Angeklagten. Ist sie jene "Baby", mit der der Patient gechattet hatte? Oder eine der beiden anderen Chatpartnerinnen? Dies scheint nicht zweifelsfrei festzustehen und Teil der Verteidigungsstrategie zu sein.
Wie kam der Patient zu seinen zwei verbotenen Handys?
Höchst unangenehm für die Klinikleitung ist die Tatsache, dass der Patient innerhalb der Forensik offenbar gleich zwei Mobiltelefone benutzte. Handys gehören zu jenen persönlichen Gegenständen, die normalerweise unter Verschluss gehalten werden. Ein Gerät war schon im April 2018 sichergestellt worden, soll aber auch noch Chatnachrichten aus dem November gespeichert haben. Das zweite wurde im Juni konfisziert und tauchte im Dezember wiederum bei dem Patienten auf. Wie ist er da rangekommen?
Die Hauptverhandlung wird am 9. März fortgesetzt.