Einen ungewohnten Anblick bot am Samstagnachmittag der Hang am Rienecker Gewerbegebiet am Schellhof: Dutzende von Kombis, Anhänger oder Kleinlaster, meist geschmückt mit Fahnen oder Aufklebern des FC Bayern, füllten die Straße oder die Plätze entlang des Gewerbegebiets. Und alle hatten nur ein Ziel an diesem Tag, der am späten Abend noch mit dem denkwürdigen Spiel der Deutschen Elf mit dem Lastminute-Treffer von Toni Kroos endete: Sie warteten auf ihre bestellten Sitzschalen aus der Allianz-Arena ihres geliebten FC Bayern.
Bereits am frühen Samstag hatte sich der rührige Vorsitzende des Fan-Clubs Burgsinn, Roland Herget, der auch Leiter der unterfränkischen Fan-Vereinigungen ist, mit einem Fahrer in einem Kleinlaster der Rienecker Firma Getränke-Knüttel in die bayerische Landeshauptstadt aufgemacht, um die von insgesamt 33 Fan-Clubs bestellten Sitzschalen abzuholen.
Die grauen Sitze wurden im Zuge einer Stadionerneuerung im Frühjahr und Sommer 2018 ausgebaut und durch rote ersetzt, und viele fragten sich: Was passiert eigentlich mit den grauen Sitzen, die so vielen Bayernfans und Gästen aus aller Welt Platz bei den Heimspielen geboten hatten?
Ein kleiner Verein aus Unterfranken, der SV Waldbrunn, hatte die Idee, einen Teil dieser Schalen für ihr Stadion mit rund 150 Sitzplätzen zu erwerben. Die Idee wurde an den FC Bayern herangetragen und erfuhr große Resonanz, besonders im Internet. Auch weitere unterfränkische Clubs und Privatpersonen hatten Interesse daran, und Roland Herget organisierte die unterfränkische Bestellung, die jetzt mit der Abholung von rund 270 Sitzschalen aus München abgeschlossen wurde.
So warteten die Bayern-Fans ab etwa 16 Uhr in Rieneck auf die Ankunft in Rieneck. Auch ein Reporter der Welle Mainfranken des Bayerischen Rundfunks war vor Ort, um von dem Ereignis zu berichten. Bis gegen 17.30 Uhr hieß es jedoch, Geduld zu haben, bis endlich der Klein-Lkw um die Kurve bog und ein sichtlich erschöpfter Roland Herget von den Wartenden begrüßt wurde.
„Auf der Hinfahrt lange Staus, zurück ging's auch nicht viel besser: aber wir haben haben es geschafft und schon mal 220 Sitzschalen dabei“, freute sich der Vorsitzende.
Mehr gingen einfach nicht in den Laster, und das konnte man sehen, als die Türen geöffnet wurden: zusammengedrängt und bis in die letzten Winkel gestapelt warteten die Objekte der Begierde. Die restlichen etwa 50 Schalen sollen am kommenden Wochenende noch herbeigeschafft werden.
Einer nach dem anderen kam jetzt zum Fahrzeug, und füllte seinen Hänger oder den Kofferraum. Auch in Rieneck werden jetzt Bayern-Anhänger auf den denkwürdigen Sitzschalen Platz nehmen können: So bei Hubert Nickel, der für seine Gartenhütte mehrere geordert hatte und so bei Fußballübertragungen ein wohl noch intensiveres Bayern-Feeling erleben kann.
Das werden auch sicher die vielen Fan-Clubs aus dem ganzen unterfränkischen Raum, die teils von weither angereist waren. Vorher stellten sie sich aber noch zu einem Erinnerungsbild und wiesen darauf hin, dass die Clubs sich auch in vielen sozialen Projekten engagieren.
Die in Unterfranken und im Main-Tauber-Kreis zusammengeschlossenen Clubs organisieren Veranstaltungen, Regionaltreffen oder Reisen, und Teile der Erlöse werden an soziale Einrichtungen gespendet. So in jüngster Zeit 1500 Euro an die Stadion Tanz-Bär der Missio-Klinik, rund 1500 Euro an die Kinder- und Jugendhilfe in Eltmann oder über 3000 Euro an die Lebenshilfe in Würzburg.
„Wir sind nicht nur glühende Fans des Fußballs und der Fan-Gesänge, wir denken auch an Menschen, die dies nicht so miterleben können und auf Hilfe angewiesen sind“, so Roland Herget.