Grenzsteine dokumentieren Geschichte: Zu einer länderübergreifenden Exkursion zu den bis zu 460 Jahre alten Grenzzeichen und Besitzgrenzen hatte der bayerische und hessische Naturpark Spessart rund um den zu Obersinn gehörenden Weiler Emmerichsthal eingeladen.
Ehamalige Forstamtsleiter übernahmen die Führung
Die Führer, der ehemalige Schlüchterner Forstamtsleiter Horst Brand und der ehemalige Mittelsinner Forstamtschef Christoph Frucht, zeigten den 25 Teilnehmern Zeichen der bis zu sieben verschiedenen Grenzen aus früheren Besitzverhältnissen von Königen, Fürsten und Grafen.
Bei der Besiedelung des Spessarts hat die Kirche eine große Rolle gespielt, stellte Frucht fest. Beim Start an der heutigen Landesgrenze zwischen Bayern und Hessen wies Brand auf die sehr komplizierte Historie der Grenzen im Emmerichsthaler Steinbachsgrund hin. Jahrelang habe er nach den geschichtlichen Hintergründen geforscht und steinerne Zeugen der alten Kulturlandschaft gesucht und kartiert.
149 Grenzzeichen von 165 gefunden
Von 165 Grenzzeichen hat er 149 gefunden. Diese stummen Zeitzeugen ließen weder ihn noch seinen Freund Frucht wieder los. Nebenher hat Brand noch den Posten des Obmanns für kulturhistorische Grenzsteine im Altlandkreis Schlüchtern übernommen.
Kulturhistorisch gesehen zählt Emmerichsthal zu den Kleinoden der Region. Dort verlaufen in Sichtweite nebeneinander die fünf Grenzen der Vierherrischen Zent, die die beiden Experten in den Mittelpunkt der Exkursion mit den ältesten Grenzzeichen von 1573 rückten. Die Herren von Hutten-Gronau und die von Hutten-Stolzenbergs waren einst die Eigentümer der heutigen hessischen und bayerischen Gebiete dieser Region.
Verkauf an Mainzer Bischöfe
Nachdem die Letzteren 1540 in finanzielle Nöte kamen, verkauften sie Wald und die Dörfer an die Fürstbischöfe von Mainz. Und diese versahen ihren Besitz 1573 mit Grenzzeichen, den ältesten im Nordspessart, gegen die vier Herren von Hutten-Steckelberg, von Hutten-Gronau, von Thüngen (evangelische und katholische Linie).
An diesen Grenzsteinen zeigte Brand eine Besonderheit: Die eine Seite trägt das bekannte Mainzer Rad, die andere zur Vierherrischen Zent lediglich ein eingemeißeltes Wappenschild. Vermutlich waren die Kosten der Grund für die sparsame Variante, sagte Brand.
Besitzverhältnisse änderten sich ständig
In den folgenden Jahrhunderten änderten sich ständig die Besitzverhältnisse und damit auch die Grenzzeichen, erklärte Frucht. So wechselte die Vierherrschaft der Besitzungen um 1650 an das Juliusspital (W), das Hochstift Würzburg (H), Hessen-Kassel (H) und an das Geschlecht der Fronhofer (F). Auf dem Grenzstein sind neben der Jahreszahl diese Buchstaben eingraviert.
Ein anderer Stein mit der Jahreszahl 1746 verweist auf die Besitzungen der Landgrafen von Hessen-Kassel mit dem stilisierten Löwen. 1768 eröffneten die Kurfürsten von Mainz in Steinbach eine Glashütte, die bis 1826 betrieben wurde, sagte Brand, und benannten den Ort nach ihrem Kurfürsten und Erzbischof Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim künftig Emmerichsthal.
Berechtigung zum Holzschlagen
Dann wurde der Mainzer Wald für Brennholzberechtigungen in Hüttenschläge (für die Glashütte) und Salinenschläge (für die Saline Bad Orb) aufgeteilt und mit Grenzsteinen markiert. 1820 wurde die Glashütte an Carl Beck verpachtet und auch diese Initialen finden sich auf einem Stein oberhalb des Weilers auf einem Grenzstein wieder.
Grenze zu Preußen
Andere Kleindenkmäler mit der Jahreszahl 1817 markieren die Abgrenzung privater Ländereien zwischen dem Weiler und dem Königreich Bayern, Steine mit der Jahreszahl 1832 tragen die Buchstaben KW, die auf die Abgrenzung des Königlichen Waldes hinweist. Als 1814 der Weiler bayerisch wurde, bildete ein Teil der ehemaligen vierherrischen Zentgrenze die neue Landesgrenze zwischen Hessen und Bayern, erklärte Horst Brand. Noch heute sind diese steinernen Zeitzeugen mit den Initialen KB und KP (Königreich Bayern und Königreich Preußen) sichtbar.
Abschließend erklärten Horst Brand und Christoph Frucht, dass jeder der Grenzsteine aus 460 Jahren seine eigene Geschichte erzähle.