Dass Rieneck einen Dorfladen bekommt, scheint nach der Informationsveranstaltung am Donnerstagabend nicht mehr fraglich. Weit mehr Interessenten als erhofft kamen in der Kirche zusammen, auf 400 schätzten die Organisatoren die Zahl. Mit viel Beifall und ohne ein Wort der Kritik bedachten sie die vorgestellten Pläne. Nur: "Dorfladen" wird das Geschäft in der Stadt mit 2000 Einwohnern, das sich im Besitz der Bürger befinden wird, nicht heißen. Der endgültige Name ist noch nicht gefunden; der Arbeitstitel lautet "Unser Laden".
Er wird am Samstag, 13. April, erstmals öffnen (im Kaufhaus Welzenbach). Voraussetzung dafür ist, dass bis zum 28. Februar mindestens 80.000 Euro als Einlage in die zu gründende Unternehmergesellschaft (UG) eingezahlt werden. Zu Beginn des Informationsabends waren es knapp 13.000 Euro an Zusagen, die das Spendenbarometer von "Unser Laden" vor der Kirche anzeigte. Gleich im Anschluss kamen von den Besuchern knapp 10.000 Euro hinzu. Kurz vor Mitternacht meldete Professor Volker Hahn der Redaktion den Stand von 22.350 Euro: "Das ist ein sehr positiver Zwischenstand auf dem Weg zur Sicherung der Nahversorgung in Rieneck und zur nachhaltigen Steigerung der Lebensqualität."

Professor Hahn vom Institut für Nahversorgungsservices (IFNS GmbH) berät die Rienecker Initiative und hat schon etliche Dorfläden, auch in der Umgebung, auf den Weg gebracht. Den informativen und professionell organisierten einstündigen Informationsabend gestaltete er zusammen mit Bürgermeister Wolfgang Küber, Peter-Mark Droste, Georg Nickel, Bernd Lengler, Silvester Krutsch, Monika Klein, Katrin Spahn und Lukas Weis. Der etwa 20-köpfige Arbeitskreis - "ein tolles Team" (Peter-Mark Droste) - hat in den vergangenen elf Monaten 30 Mal getagt und das Konzept erstellt. Es beschreibt nicht nur den künftigen genossenschaftlichen Laden, sondern auch einen bereits fertig konzipierten Neubau dafür an der Kreuzung Rotenberg/Hauptstraße, der in zwei bis drei Jahren bezugsfertig sein soll (wir berichteten ausführlich).
Das gewohnte Personal im gewohnten Laden

"Unser Laden" soll das letzte Lebensmittelgeschäft Rienecks, das Kaufhaus Welzenbach, ersetzen. Inhaber Hermann Welzenbach (76 Jahre) wird Ende März schließen. Der Arbeitskreis hat sich intensiv mit einer möglichen Nachfolgelösung befasst, hat die Organisationsform, das Sortiment und die Finanzierung überlegt und die Bevölkerung per Versammlung und Umfrage eingebunden. Demnach, so erfuhren die Besucher der Informationsveranstaltung, wird das Personal "vom Hermann" das Geschäft zunächst am angestammten Platz weiterführen und nur wenig Änderungen vornehmen. So sollen eine Café-Ecke eingerichtet, die Käsetheke versetzt und das Sortiment "etwas gestrafft" werden: "Wir brauchen nicht die 36 Sorten Tee, die wir jetzt haben", sagte Monika Klein.
Die Organisationsform: Gesellschafter der "Laden Rieneck UG" werden die folgenden Ortsvereine sein, die jeweils 1000 Euro Einlage einzahlen: Sportverein, Rienecker Fasenachtskomitee, Musikverein, Interessengemeinschaft Brauchtum und Kultur, Bildungs-und Erholungswerk Rieneck und Katholischer Frauenbund sowie - mit noch unbestimmter Einlage - Wanderverein und "Sängerkranz". Dazu können/sollen Einheimische und Auswärtige, auch Firmen als "stille Gesellschafter" mit Einlagen von mindestens 200 Euro kommen. Ihr maximales Haftungsrisiko ist der Verlust der Einlage. Die Stillen Gesellschafter wählen drei Berater für die drei ehrenamtlichen Geschäftsführer, für deren Posten schon fünf Kandidaten bereitstehen und sich noch weitere melden können.
Eine halbe Million Euro Jahresumsatz
Die 80.000 Euro werden benötigt für den ersten Warenbezug und die Notar- und Gründungskosten. An monatlichen Fixkosten des Ladens rechnet der Arbeitskreis mit 9700 Euro. Als benötigten Jahresumsatz hat er 485.000 Euro berechnet, erwartet werden 582.000 Euro. "Diesen Umsatz haben wir heute schon und noch mehr", stellte Silvester Krutsch fest und berichtete, dass Hermann Welzenbach Einblick in seine Geschäftszahlen gewährt hat. Daraus folge: "Wenn zwei Drittel der Rienecker für nur zehn Euro in der Woche im Laden einkaufen, sind das 56.290 Euro und wäre das Ziel erreicht."
Die schriftlichen Zusagen der Geschäftseinlagen von mindestens 200 Euro können in drei Urnen geworfen werden, die unter Zusicherung von Verschwiegenheit von nur vier Personen ausgewertet werden. Zusagen können auch per E-Mail gemacht werden: laden-rieneck@gmx.de Jeden Samstagvormittag wird es an der Kirche einen Informationsstand geben. Des Weiteren bittet der Arbeitskreis um Vorschläge für einen Geschäftsnamen und ein Logo. Professor Hahn schloss zum Schluss noch eine Wette ab: Wenn die 80.000 Euro bis zum 28. Februar zusammenkommen, werde er zur Gründungsversammlung der UG 300 Liter Bier spendieren. Dieser Betrag und auch höhere seien in kleineren Ortschaften schon erbracht worden.