Früher wäre es für Hannah Rittel nie infrage gekommen, ihre hüftlangen Haare abzuschneiden: "Sie waren mir heilig – ich fand es schon schlimm, mir nur die Spitzen schneiden zu lassen", sagt sie. Doch nach einem Trauerfall hat sie ihre Meinung geändert.
2017 wurde ihre Patentante zum zweiten Mal mit Krebs diagnostiziert und hat durch die Chemotherapie ihre Haare verloren. "Sie war mein Ein und Alles", erzählt die 15-Jährige aus Hofstetten bei Gemünden, "leider konnte ich sie nicht mehr so oft sehen, weil sie in München wohnte und auch nicht wollte, dass ich sie während der Krankheit besuche." Am 29. August 2017 ist sie gestorben. "Vorher hat sie aber immer zu mir gesagt 'Sei nicht traurig, wenn es mich nicht mehr gibt. Ich passe von oben auf dich auf.'"

Hannah hat überlegt, was sie tun kann, um Menschen zu unterstützen, die ihre Haare verloren haben – seien es Krebspatienten wie ihre Patentante oder Menschen, die unter Haarausfall (Alopezie) leiden. Den Entschluss, ihre Haare zu spenden, fasste sie schließlich, nachdem sie einen Beitrag im Fernsehen gesehen hat. In diesem wurde ein Mädchen in Hannahs Alter gezeigt, das seine langen Haare gespendet hat und anschließend den Empfänger kennen lernen durfte.
Für Krebspatienten und Menschen mit Haarausfall
"Das wäre schön gewesen", sagt Hannah. Sie habe allerdings keine Organisation gefunden, die das ermöglicht hätte. Bei derjenigen, für die sie sich schließlich entschieden hat (haarespenden.com), kann sie allerdings eine Grußkarte mit ihrer Mailadresse ihrem Zopf beilegen. Dann kann der Empfänger selbst entscheiden, ob er Hannah kontaktieren möchte. Auf der Internetseite der Organisation wird außerdem ein Foto der Perückenübergabe veröffentlicht, wenn der Empfänger einverstanden ist.
"Ich konnte endlich das tun, was ich seit Jahren geplant hatte."
Hannah Rittel, Haarspenderin
Katja Rittel ist stolz auf ihre Tochter: "Sie hat alles alleine recherchiert, uns dann die Seite präsentiert, an die sie ihre Haare spenden würde und wollte los zum Friseur. Da dachte ich, sie hat so viel Mut, da kann ich sie jetzt nicht alleine lassen." Also ließ auch sie sich spontan 28 Zentimeter ihrer Haare abschneiden. "Ich hatte echt Angst davor", sagt sie lachend. Hannah war zwar auch aufgeregt, hat aber nicht um ihre Haare getrauert, nachdem der Zopf abgeschnitten war: "Ich habe mich danach total gefreut, weil ich endlich das tun konnte, was ich seit Jahren geplant hatte." Ihr Zopf war 30 Zentimeter lang – daraus kann nun eine Langhaarperücke geknüpft werden.
Der Internetseite der Organisation zufolge sind für eine Kurzhaarperücke mindestens Haare mit 20 Zentimetern Länge nötig. Meistens werden beim Knüpfen mehrere Zöpfe benötigt, die manchmal noch gefärbt werden, damit sie der ursprünglichen Haarfarbe des Empfängers ähneln. Die Kosten für die Perücke übernimmt in den meisten Fällen die Krankenkasse.
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"Manche wissen vielleicht gar nicht, was sie mit ihren langen Haaren machen können."
Nach der Aktion hat Hannah viele Komplimente bekommen, erzählt sie: "Alle waren begeistert und haben sich mit mir gefreut." Sie sei die erste in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis gewesen, die ihre Haare gespendet hat. "Manche wissen vielleicht gar nicht, was sie mit ihren langen Haaren machen können", sagt sie. Sie würde sich freuen, wenn sie Menschen zum Spenden bewegen könnte, "denn ich kann mir vorstellen, wie schlimm es für das Selbstwertgefühl sein muss, wenn man plötzlich keine Haare mehr hat."
Hannah ist sich sicher, dass sie ihre Haare noch einmal spenden wird: "Vielleicht sogar schon bald, meine Haare wachsen echt schnell", sagt sie lachend.
So können Sie Ihre Haare spenden Voraussetzung ist, dass die gespendeten Haare mindestens 20 bis 30 Zentimeter lang (die Mindestlänge variiert je nach Organisation), weder gefärbt noch kaputt sind und die Haarstruktur nicht verändert wurde. Außerdem sollten am besten alle Haare gleich lang sein. Manche Friseure schneiden Haare günstiger oder gratis für Spender (auf diehaarspender.at sind auch Partnersalons in Unterfranken zu finden). Der Zopf sollte am besten geflochten und in einem Gefrierbeutel verpackt sein, damit die Haare so wenig wie möglich beschädigt werden. Dann können sie per Post verschickt und zu Perücken verarbeitet werden.