Karl-Heinz Haaf hat den gefühlt schönsten Arbeitsplatz der Stadt – er betreibt den Kiosk im Mellrichstädter Freibad und strahlt derzeit mit der Sonne um die Wette. Dabei wollte der Mellrichstädter eigentlich in diesem Sommer seinen Ruhestand genießen. Doch nun versorgt er die Schwimmbadgäste wieder mit Pommes, Eis und kühlen Getränken. Wie es dazu kam? Karl-Heinz Haaf konnte zu Bürgermeister Eberhard Streit einfach nicht nein sagen.
2016 hatte der Mellrichstädter zusammen mit Paul Henkel den Schwimmbad-Kiosk gepachtet und ein umfangreiches Angebot an Speisen und Getränken offeriert. Karl-Heinz Haaf kennt sich aus im Geschäft – als Chef der Metzgerei Haaf war er jahrzehntelang für die Kunden da. Nachdem er das Geschäft in junge Hände abgegeben hatte, wollte er sich noch nicht aufs Altenteil zurückziehen und bewirtete die Gäste im Freibad. Doch mit dem Ausstieg seines Partners wurde Haaf der Kiosk-Betrieb zu viel, im Herbst 2017 kündigte er den Vertrag mit der Stadt.
Sieben-Tage-Woche im Sommer
Zum Leidwesen von Bürgermeister Eberhard Streit. Die Stadt suchte einen Nachfolger für die neue Saison. „Es waren auch Interessenten da“, so der Stadtchef, jedoch sei eine Neuverpachtung stets am Personal gescheitert. Klar: Der Kiosk-Job bedeutet im Sommer eine Sieben-Tage-Woche. Wer da allein hinterm Tresen steht, kommt ordentlich ins Schwitzen. Die Pläne zerschlugen sich für potenzielle neue Betreiber. Und für die Stadt. „Wir wollten aber in jedem Fall sicherstellen, dass die Badegäste etwas zu essen und zu trinken kaufen können“, so Streit. Deshalb habe man Karl-Heinz Haaf gebeten, noch eine Saison anzuhängen.
Als der Mellrichstädter sein Okay gab, fiel Streit ein Stein vom Herzen. „Damit hilft er uns sehr weiter.“ Dabei stellt der Stadtchef klar, dass der Kiosk-Betrieb kein Draufleg-Geschäft ist. „Es waren keine wirtschaftlichen Gründe, die einer Neuverpachtung im Weg standen.“ Doch die Arbeit will getan werden. Davon kann Karl-Heinz Haaf ein Lied singen.
Pommes und Süßes bis zum Abend
Beim derzeit schönen Wetter öffnet er um 10 Uhr den Kiosk und versorgt die Badegäste an manchen Tagen auch bis in die Abendstunden. Je nachdem, wie viel im Freibad los ist. „Am Sonntag stehe ich auch schon mal bis 20 Uhr hinterm Tresen“, macht Haaf deutlich. Wenn er dann die Rollläden herunterlässt, ist das Tagwerk noch nicht zu Ende. Eine Stunde aufräumen und putzen kommt noch obendrauf. Froh ist er deshalb über die Unterstützung seiner Familie, die mit anpackt, wenn Not am Mann ist.
Die Speisekarte ist im Vergleich zu den Vorjahren kleiner geworden, doch das Angebot wird gern genutzt. Mit Pommes Frites, selbst gebackenem Kuchen, Eis sowie einer breiten Auswahl an Süßigkeiten und Getränken können sich die Badegäste stärken, bevor sie sich wieder in die Fluten stürzen.
Planschen im 26 Grad warmen Wasser
Die heißen Temperaturen der letzen Wochen haben viele Gäste ins Mellerschter Freibad gelockt. Zur Freude von Betriebsleiter Wolfgang Fritz. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den letzten zehn Jahren solch einen traumhaften Mai hatten“, sagt er. „So kann es weitergehen.“ Derzeit kommen bis zu 500 Badegäste am Tag, im Hochsommer tummeln sich schon mal bis zu 1500 Leute auf den Wiesen und in den Becken. Die schöne Außenanlage und das angenehm warme Wasser – um die 26 Grad verspricht Fritz – sorgen für ein schönes Badeerlebnis. Im 50-Meter-Becken ziehen die Schwimmer ihre Bahnen, an der Rutsche tummeln sich die Kinder und Jugendlichen, und das Wellenbad ist zu jeder vollen Stunde eine Attraktion für Jung und Alt.
Um den Badegästen entgegenzukommen, haben die Verantwortlichen die Öffnungszeiten im Sommer geändert. Das Freibad ist Montag bis Freitag von 10 bis 20 Uhr geöffnet, Samstag, Sonntag und an Feiertagen sogar von 9 bis 21 Uhr. Freitags können Frühaufsteher schon von 7 bis 8 Uhr abtauchen. Die Eintrittspreise hat die Stadt in diesem Jahr moderat angezogen, Erwachsene zahlen vier Euro Eintritt, für Jugendliche bleibt es bei 1,50 Euro für den ganzen Tag. Neu ist der Feierabendtarif: Zwei Stunden vor der Schließung des Bads können Erwachsene für zwei Euro Eintritt ihre Bahnen im Becken ziehen.
Schwimmbad contra Computer
Vormittags sind in der Regel die Schwimmer am Start, meist Rentner und Urlauber, aber auch Mütter mit kleinen Kindern und junge Familien nutzen die noch ruhige Zeit an den Becken. Ein neu installierter Sonnenschutz am Kinderpool sorgt für schattige Bereiche. Am Nachmittag strömen die Schüler ins Bad, wenn auch nicht mehr so zahlreich wie früher. „Zu unserer Zeit gab es an einem sonnigen Tag nichts anderes als Schwimmbad. Die heutige Jugend zieht es mehr an den Computer“, sagt Wolfgang Fritz. Das Bad ist bei den Nachbarn aus Thüringen sehr beliebt, sie sonnen sich gerne an den Mellerschter Becken. Fritz würde sich wünschen, dass auch wieder mehr Mellrichstädter ins Schwimmbad kommen und das Angebot nutzen, das die Kommune für sie bereithält. Schließlich lässt sich die Stadt ihr Bad einiges kosten.
In den kommenden Jahren ist die Sanierung des Schwimmbads eine Mammutaufgabe, der man sich aber stellen will. Eine Schließung kommt für Eberhard Streit und die Stadtratsmitglieder nicht in Frage, auch wenn in Hallen- und Freibad mehr als acht Millionen Euro investiert werden müssen. „Das Schwimmbad ist auch für den Schulsport eine wichtige Einrichtung“, sagt Streit, gerade vor dem Hintergrund, dass viele Kinder nicht mehr schwimmen können. Die Wasserwacht, die auch bei der Aufsicht hilft, übt und trägt ihre Wettbewerbe im Mellrichstädter Sportbad aus. Der Stadtchef hofft nun auf ein Förderprogramm des Freistaats, um die Sanierung zu stemmen. „Allein wird die Finanzierung für die Stadt kaum zu schultern sein.“
Das Bad gehört zu Mellrichstadt
Bei etwa 450 000 Euro liegt alljährlich das Defizit, das beim Betrieb des Schwimmbads aufläuft. Dem stehen Einnahmen von 130 000 Euro (Eintritt) gegenüber. Dass der Betrieb nicht kostendeckend laufen kann, ist den Bürgervertretern klar. Doch Mellrichstadt ohne Sportbad, das will sich keiner so recht vorstellen. Anfang der 1970er Jahre wurde die Anlage eröffnet – Bürgermeister Oskar Herbig sprang damals mit Frack und Zylinder ins kühle Nass, weiß Eberhard Streit. Er selbst ist bei der Einweihung der Freibadrutsche im feinen Zwirn abgetaucht. Für ihn wie für den ganzen Stadtrat ist klar: „Das Schwimmbad gehört zu Mellrichstadt einfach dazu.“