Bürgermeister Thomas Fischer machte am aus seiner Verärgerung keinen Hehl: Er hatte seinen Gemeinderat geschlossen eingeladen, ebenso die Gemeindearbeiter und eine Reihe von anderen Personen, insgesamt 25. Die sollten mit ihm und Forstamtsrat Georg Grief den gemeindeeigenen Wald inspizieren. Gekommen waren, außer ihm und Georg Grief, gerade mal neun Personen. Er hatte sich umso mehr geärgert, als die meisten der Abwesenden es nicht für nötig gehalten hatten, sich bei Fischer zu entschuldigen.
Der Bürgermeister begrüßte dann aber die Anwesenden, besonders Andree Link, den Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Obere Rhön, ebenso Otfried Pankratius, den künftigen Förster für Fladungen und Nordheim, und den Kreis-Obmann des Bayerischen Bauernverbands, Willibald Mültner. Von den Gemeinderäten waren lediglich Hans Fischer und Herbert Riedel anwesend, von den Gemeindearbeitern Rudolf Landgraf. Dafür, dass die Vertreter aus Neustädtles fehlten, hatte Fischer Verständnis, denn die wurden in ihrem Dorf beim Aufbau des Adventsmarkts gebraucht.
Noch am Rathaus erläuterte Fischer den Zweck der Waldbegehung. Diese war vor allem als letzte gemeinsame Veranstaltung mit dem für die Nordheimer Wälder zuständigen Förster Grief gedacht. Denn Grief geht bald in Pension und wollte sich auch bei den Nordheimern verabschieden, wie er es schon in Fladungen getan hatte. An seinem Arbeitsplatz, dem Wald, fasste Grief noch einmal zusammen, was unter seiner Regie im Nordheimer Waldrevier geleistet worden ist, welche Probleme es in der Vergangenheit gab und welche in der Gegenwart zu schaffen machen.
Den ersten Halt machten die Teilnehmer in der Abteilung Luchsenteich. Dort schilderte Grief, welch relativ geringen Schaden der Borkenkäfer hier im vergangenen Sommer angerichtet hatte. Nur 73 Festmeter an Schadholz mussten geschlagen werden. Doch für das kommende Frühjahr sei Vorsicht angeraten. Kulturmaßnahmen seien an dieser Stelle nicht vorgesehen, teilte Andree Link mit. Denn obwohl der Borkenkäfer ein kleineres Schadloch in der Altdurchforstung angerichtet hatte, ließe reichlicher Samenwurf von den Eichen einen natürlichen Verjüngungswuchs erwarten.
An einer anderen Stelle im Luchsenteich erläuterte Grief, dass die ursprünglich vorgesehene Nadelhölzer-Durchforstung ausgesetzt worden war. Denn Käfer- und Sturmschäden haben für einen rapiden Preisverfall dieser Hölzer gesorgt. Durch das trockene, warme Wetter hatte sich der Schädling explosionsartig überall vermehrt, so dass sich sehr viel von diesen Holzarten auf dem Markt befindet. Andree Link bestätigte, dass die ganze FBG mehr oder weniger von dem Borkenkäferbefall getroffen war und eher noch mit einem blauen Auge davon gekommen ist. Denn anderswo in Deutschland und in anderen europäischen Ländern sei das alles weitaus schlimmer gewesen, bis hin zu wirtschaftlichen Totalschäden. Immerhin habe die FBG alle Schadholzmengen an den Mann bringen können, wenn auch zuletzt zu bescheidenen Preisen.
In der Waldabteilung Männerholz, zu der Grief als nächste führte, sei eine Harvester-gestützte Durchforstung vorgenommen worden mit einem Resultat von 585 Festmetern, die gut verwertet worden seien. Allerdings lagert noch eine große Menge Energieholz im Wald und wartet auf seine Verwertung zu Hackschnitzeln. Ein Stück weiter im Männerholz wurden 140 Festmeter Eichenstammholz und Brennholz gewonnen. Die hier begonnene Maßnahme wird im nächsten Jahr fortgesetzt. Über das Wachstum der Tanne als Fichtenersatz äußerte sich Grief enttäuscht. Die ursprünglich reiche Naturverjüngung habe sehr unter der Trockenheit des vergangenen Sommers gelitten.
Dem Nordheimer „Schatzkästlein“ in der Abteilung Messelrain galt der letzte Besuch. Hier stehen Eichen, die in Qualität und Wuchs den berühmten Spessarteichen nicht nachstehen. Andree Link demonstrierte das dadurch, dass er den Stammdurchmesser einer besonders schönen, rund 270 Jahre alten Eiche maß: 82 Zentimeter hatte sie, was einen Erlös von bis zu 5000 € erwarten ließe. Doch er warnte davor, diese Schätze zu plündern. Das sei, wie er volkstümlich-drastisch sagte, wie beim Pinkeln: Nur am Anfang sei das warm. Im Messelrain finden sich neben den Eichen auch schöne Buchen, darauf wies Grief am Schluss hin.
Damit verabschiedete er sich von der Gruppe und von dem Wald, den er in Nordheims Auftrag jahrzehntelang gepflegt hatte. Thomas Fischer sprach das Schlusswort und dankte mit herzlichen Worten dem bald aus dem Amt scheidenden Forstmann für die vorbildliche Pflege des Gemeindewaldes, zu dem auch der Neustädtleser Wald gehörte.
