Wie war das damals, als nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Flüchtlinge in Königshofen und im Grabfeld ein neues Zuhause fanden?
Die Not war groß, Kleidung und Essen waren Mangelware. Die kleine Stadt hatte viele Flüchtlinge aufgenommen. Da waren die Hilfslieferungen aus der neuen Partnerstadt Arlington in Texas willkommen.
Das waren die Anfänge einer Freundschaft, die 65 Jahre später immer noch Bestand hat und durch gegenseitige Besuche lebendig gehalten wird. Über die Anfänge bis heute berichtet ein Buch, das in deutscher und englischer Sprache erscheint.
Der Autor des Buches, der Journalist Hanns Friedrich, greift zurück auf seine eigenen Erlebnisse, hat aber auch in den Unterlagen der Stadt geblättert, verfügt über zahlreiche Fotos und hat in den Dokumenten der Bad Königshöfer Turmkugel geforscht.
Auch dort ist vom Ursprung der Städtefreundschaft die Rede und auch, wie hilfreich sie war. Damals, 1951 war die Stadt von der Nachkriegszeit geprägt. „Große Hilfe kam aus Arlington in Form von Hilfssendungen mit Kleidern und Lebensmitteln. Die Hilfsaktion wurde durch den Besuch des damaligen Stadtinspektors Kurz Zühlke bei seinem Besuch in den USA eingeleitet, als er von dem Flüchtlingselend berichtete.“
Die Bevölkerung von Arlington entschloss sich zur Hilfe. „Brücken wurden geschlagen, von Mensch zu Mensch,“ heißt es in den Dokumenten, die hoch über der Stadt in der „goldenen Kugel“ aufbewahrt werden. Aus den Unterlagen geht hervor, dass 1951 Königshofen 3250 Einwohner zählte, „davon sind 542 Heimatvertriebene, 111 Evakuierte, in Summa 653 Flüchtlinge“. In der Stadt lebten Schlesier, Sudetendeutsche, Protektoratsdeutsche, unter ihnen viele Prager, Baltendeutsche, Ostdeutsche, Deutsche aus Rumänien und Jugoslawien.
Auch in den kirchlichen Unterlagen, von Stadtpfarrer Karl Merz geschrieben, heißt es: „Auf Grund geknüpfter Beziehungen anlässlich einer Reise des Inspektor Zühlke, Leiter des Volksbildungswerkes, durch die USA Staaten hat die Stadt Arlington in Texas sich bereit erklärt, die Patenschaft der Stadt Königshofen zu übernehmen.“
Heute gibt es nur noch wenige Augenzeugen, die sich an die Hilfslieferungen erinnern. Von Vorteil war es, dass zum 50-jährigen Bestehen der Partnerschaft einige Königshöfer zu Wort kamen, die davon berichteten. In Bremen wurde die Schiffsladung von der Spedition Hausmann mit Kurt Zühlke abgeholt und nach Königshofen gebracht. Empfang in Königshofen war an der früheren Kunstmühle Mauer an der Großeibstädter Straße. Das wusste der kürzlich verstorbene Leonhard Hoffmann. Sogar Pelzmäntel habe es gegeben.
Vor allem Bekleidung, aber auch Seife seien es gewesen, erinnerte sich die inzwischen verstorbene Edith Zühlke. Seife sei begehrt gewesen, denn man hatte zu dieser Zeit „nichts Gescheites“. Begehrt waren auch Trockenmilch und Trockeneipulver. „Das haben wir als Kinder geleckt und es war sehr gut“. Sogar Nylonstrümpfe waren in den Paketen, erinnerte sich Edith Zühlke, die bei der Verteilung der Hilfsgüter mithalf. Ihr Mann Kurt hatte aus Amerika für die Kinder die ersten Jeans mitgebracht.
Bärbel Hahn von den Stadtsaal Lichtspielen wusste, dass es auch Suppenbeutel gab. Etwas, das zur damaligen Zeit hier nicht bekannt war. Diese Suppenwürfel waren in Silberpapier eingewickelt und hatten zur Kennung ein „Huhn“ aufgezeichnet. Hans Krieger, den Bärbel Hahn damals fragte, konnte ihr weiterhelfen und ihr erklären, dass man damit Suppe kochen kann. Oft sei Neid aufgekommen, denn in erster Linie bekamen die Flüchtlingsfamilien und die Minderbemittelten in Königshofen diese Hilfsgüter.
Verteilungsorte waren die Brauerei Büttner und das Rathaus in Königshofen, weiß Wolfgang Mack. Susi Eschenbach erinnert sich daran, dass ihre Mutter einen Mehl- oder Zuckersack bekam. Daraus wurde eine Tischdecke genäht. Diese ist heute in Arlington zu sehen und zwar in einem kleinen Museum.
Das Buch geht dann auf 1988 ein, als der damalige Bürgermeister Wolfgang Mack die Initiative ergriff und einen Flug nach Arlington anbot. Die Idee sei gewesen, dass man einfach Dankeschön für die Hilfe sagen wollte. Er erinnert an die 29-köpfige Delegation, die nach Arlington flog, an den grandiosen Empfang mit der Übergabe des Ehrentellers der Stadt Bad Königshofen an Bürgermeister Richard Greene.
Damals wurde der Bad Königshofen Park übergeben, eine von Max Hölzer gestiftete Eiche gepflanzt und damit die Verbindungen wieder aufgenommen. In den Jahren danach wurden die gegenseitigen Besuche intensiver und auch Theda Howell, ebenfalls Initiatorin der Hilfslieferungen von 1951, kam nach Bad Königshofen ebenso wie viele Bürgermeister.
In die Fußtapfen von Wolfgang Mack trat sein Nachfolger Clemens Behr, der dreimal in Texas zu Gast war. Er erinnert sich an den Besuch im Jahr 2001 kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center. Damals hatte man 50 Jahre Partnerschaft gefeiert.
Es folgten weitere Flüge, bei denen Arlington immer mit etwas Besonderem aufwartete. Letztmals mit dem neuen Bad Königshofen Family-Aquatic Center. Wolfgang Mack weiß vom Nachbau der Grillhütte, die an der Rothöhe in Bad Königshofen steht und in Arlington dreimal so groß ist. Alle Bürgermeister die in Arlington waren, sprechen von überwältigender Gastfreundschaft.
Das Buch „Eine Freundschaft so hart wie Stein“ erscheint zum Stadtjubiläum im Juli. Möglich wird dies durch Sponsoren, darunter der Bezirk Unterfranken, die Stadt Bad Königshofen, der Landkreis Rhön-Grabfeld, die Banken, sowie die Stadt Arlington. Hinzu kommt der Verein für Heimatgeschichte im Grabfeld als Herausgeber. Zahlreiche Fotos, aber auch Zeitungsberichte von einst werten die Dokumentation auf, die die Partnerschaft zweier ungewöhnlicher Städte beleuchtet. Auf der einen Seite Bad Königshofen mit seinen rund 7000 Einwohnern, auf der anderen Seite Arlington mit knapp 400 000 Menschen.