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IRMELSHAUSEN: Das Geheimnis der goldenen Turmkugel ist gelüftet

IRMELSHAUSEN

Das Geheimnis der goldenen Turmkugel ist gelüftet

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    Aus dem Jahr 1712 stammt diese Urkunde.
    Aus dem Jahr 1712 stammt diese Urkunde. Foto: Foto: Hanns Friedrich

    „Gedächtnis Schrift“ steht auf der Urkunde, die am 12. September 1712 in der Turmkugel von Irmelshausen niedergelegt wurde. Von interessanten Einblicken in die Geschichte von Irmelshausen sprach Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert, der gemeinsam mit Pfarrerin Beate Hofmann-Landgraf die Dokumente sichtete, die letztmals 1983 aus der kupfernen Schatulle genommen wurden.

    Bereits in der vergangenen Woche wurden Kreuz und Kugel abgenommen. Letztmals wurde die Kugel im Jahr 1983 unter Pfarrer Hans-Jürgen Vierzigmann geöffnet, auch damals war Spenglermeister Meinhard Mai dabei. Er war es, der die Kupferschatulle verlötet hat, nun durfte er sie wieder mit der Blechschere öffnen. „Das hätte ich nie gedacht, dass ich noch einmal die Dokumente sehe, die wir damals hineingepackt haben!“ Die Kupferschatulle trägt ein Kreuz und die Jahreszahl 1983. Zu lesen ist der Bibelvers „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden.“

    Aktuelles aus der Gemeinde

    Die Dokumente werden laut Pfarrerin gesichert, dokumentiert und eingescannt, bevor sie wieder in die Kapsel und die Turmkugel kommen. Hinzu kommen aktuelle Informationen aus Irmelshausen, und zwar von gemeindlicher und kirchlicher Seite.

    Kreisheimatpfleger Reinhold Albert begutachtete die Schatulle und stellte erfreut fest, dass sie unbeschadet ist. Früher sei es oft vorgekommen, dass auf die Turmkugel geschossen wurde die Dokumente zerstört oder stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Für ihn als Kreisheimatpfleger sei es durchaus ein besonderer Moment, wenn an einer der ältesten Pfarrkirchen im Grabfeld, die zwischen 1471 und 1581 errichtet wurde, die Turmkugel abgenommen wird und Einblicke in historische Dokumente gewährt.

    Kirchliche und weltliche Dokumente

    Turmkugeln werden schon seit Jahrhunderten als eine besondere Art der Aufbewahrung von wichtigen kirchlichen und weltlichen Dokumenten verwendet, sagte Albert. Weil eine Turmkugel das Bauwerk schmücken soll und weil sie, einmal angebracht, schlecht zugänglich ist, legt man auf Ansehnlichkeit und Haltbarkeit Wert und fertigt sie deshalb gerne aus Kupferblech oder noch edleren Materialien. Manche Kugeln tragen eine drehbare Wetterfahne oder einen Wetterhahn als Verzierung. Turmkugeln von Kirchen haben in der Regel ein Kreuz. Die dort niedergelegten Dokumente seien immer ein Zeugnis der jeweiligen Generation und geben, da sie nur selten zu sehen sind, wichtige Informationen aus der Vergangenheit.

    So war es auch, als Hofmann-Landgraf die ersten Dokumente aus der Blechschatulle holte. Da kam zunächst die Zeitung des „Bote vom Grabfeld“ zum Vorschein, die als Aufmacherbild den Grenzzaun bei Irmelshausen zeigte und dazu einen Bericht unter der Überschrift „DDR-Monteur gelang die Flucht im Kugelhagel“. Es war die damals tagesaktuelle Zeitung, als die Dokumente wieder auf die Kirchturmspitze kamen.

    Stammbaum der Familie Bibra

    In altdeutscher Schrift gibt es dann weitere Informationen aus dem Jahr 1712 sowie von den folgenden Jahren, als die Turmkugel geöffnet wurde. Es gibt den Stammbau der Familie von Bibra in zwei Ausfertigungen auf großem Pergamentpapier, Siegel und eine Geldschatulle. „Allerdings sind nur fünf Pfennig drin“, lachte Pfarrerin Beate Hofmann-Landgraf.

    Die Dokumente aus dem Jahr 1930 berichten über die Stimmung während des Dritten Reichs und dass 90 Prozent der Bevölkerung für Hitler stimmten. „Die Arbeiter und Bauern werden nie wieder eine bessere Zeit erleben. Es gab Kinderbeihilfen, Ehestandsdarlehen, Baudarlehen und Zuschüsse und wurde kein Unterschied zwischen Partei- und Nichtparteigenosse gemacht.“

    Ein Dorf an der deutsch-deutsch Grenze

    1950 wurde die Turmkugel erneut geöffnet. Damals war von der Flurbereinigung die Rede. Besonders beeindruckend ist ein weiteres Dokument, in dem von der Teilung Deutschlands die Rede ist. „Die Grenze verläuft gleich hinter dem Dorf und wird scharf durch bewaffnete Polizei drüben und auch hier bewacht. Mendhausen hat eine russische Besatzung. Neben der Landpolizei ist in Irmelshausen nun auch die Grenzpolizei im alten Schloß stationiert. Bauern benötigten damals einen Passierschein, um ihre Felder in der Ostzone zu bewirtschaften. “Unsere Nachbardörfer Mendhausen, Milz und Römhild liegen für uns genau so fern wie fremde Städte oder Dörfer.“

    Interessant dann die Mode der 1950er-Jahre, die in Zeichnungen niedergelegt ist. Berichtet wird über das Weltgeschehen: „Bombenteppich auf nordkoreanische Divisionen“.

    Erster Computerausdruck

    Beigelegt ist aus der Zeit 1983 der erste Computerausdruck der Einwohnerzahlen von Irmelshausen. Aus dem kirchlichen Leben berichtet der damalige evangelische Pfarrer Hans-Jürgen Vierzigmann.

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