Wir schreiben das Jahr 1756. In der altehrwürdigen Stadtpfarrkirche in Königshofen baut der Barockbildhauer Johann Joseph Kessler mit einem Schreiner einen mächtigen Altar auf. Zwölf Meter hoch und so breit wie der Chorraum. Mittelpunkt ist die Heilige Dreifaltigkeit, umgeben von Engeln und Girlanden, umgeben von Säulen, Statuen und einem prächtigen Tabernakel. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt die Figuren noch nicht vergoldet und farblich gefasst waren, war der Altar ein beeindruckendes Kunstwerk.
Akribische Detailarbeit
Man kann die gewaltigen Ausmaße heute nur noch erahnen, sieht man die kläglichen Reste der "Dreifaltigkeit", die in der Kreisgalerie Mellrichstadt einen Platz gefunden haben. Zurzeit sind sie zur Restaurierung und Säuberung, nach dem Brand in der Kreisgalerie, in einer Werkstatt.

Beim Abtransport der Figuren erkennt man aus der Nähe die Kunst des Holzbildhauers sowohl an den feinen Gesichtszügen, als auch den Händen und Füßen, die Kessler detailgetreu herausgearbeitet hat. Alten Rechnungen zufolge berechnete Kessler für den Altar 400 Reichstaler, die in acht Jahresraten zu je 50 Reichstaler zu entrichten waren. 70 Jahre stand der monumentale Altar in der Stadtpfarrkirche, bevor er abgebaut und regelrecht zerstört wurde.

Wohin die Figuren, Säulen, Girlanden oder auch der Altar mit dem geschnitzten Tabernakel gekommen sind, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. In keinem einzigen Schriftstück gibt es eine Begründung, warum der Kessler-Altar einem Neugotischen Pendant weichen musste. In dem Gesuch um Bewilligung eines neugotischen Altars steht nur: "Die Pfarrkirche dahier bedarf einen neuen Hochaltar." Ein 1896 angefertigtes Gutachten nennt die Regotisierung falsch und künstlerisch wertlos. Aber da war der Kesslersche Altar nicht mehr zu retten.
Entdeckungen auf Miltenberger Dachboden
Dr. Hans-Peter Trenschel (Würzburg) ist es zu verdanken, dass die Figuren der Dreifaltigkeit sowie einige Putten im Jahr 1991 auf dem Dachboden des Miltenberger Pfarrhauses entdeckt wurden. Damals feiert Königshofen die 1250-Jährige Wiederkehr seiner ersten urkundlichen Erwähnung und damit waren die wieder entdeckten Kessler Figuren das Highlight einer Ausstellung über den Barockbildhauer in der Markthalle.

Einen eher unwürdigen Platz fanden sie dann in der Stadtpfarrkirche und zwar über dem rechten Seitenportal, bevor sie in die Kreisgalerie nach Mellrichstadt kamen und dort im Obergeschoß des Treppenhauses präsentiert wurden. Bereits 1991 kam der Gedanke auf, die Figuren zu restaurieren und farblich, nach den Vorgaben von 1757 zu fassen. Allerdings scheiterte dies an den Kosten. So blieb Kesslers Dreifaltigkeit im Urzustand. Es sei denn, es finden sich Sponsoren für die kostenaufwändige Restaurierung.

Wie der Altar ausgesehen haben mag, erkennt man an einer Zeichnung, die vor einigen Jahren von Archivar Gustav Tschochner im Pfarrhaus gefunden wurde. Dazu gibt es auch Vorgaben Kesslers zur farblichen Gestaltung. Da heißt es: "Das Gehänge fein vergolden, ebenfalls die ganze Glori mit allen vorfindlichen Engelsköpfen, das Geflügel ebenfalls, das Fleisch desselben alabasterweiß. Die hl. Dreyfaltigkeit, sowie den Gott Vater, Weltkugel und Szepter sind mit feinem Golde zu belegen, das Gewand alabasterweiß."
Die Umsetzung der Vergoldungen an seinem Altar hat Johann Joseph Keßler allerdings nicht mehr erlebt. Er starb 1759 in Folge einer Epidemie, die in der Festungsstadt ausgebrochen war.