Nun kann man sich vorstellen, welch imposantes Bauwerk die Synagoge von Königshofen im Grabfeld einst war. Siegfried Schwinn aus Sylbach hat ein Modell der 1904 erbauten Gebetsstätte fertiggestellt.
Die Synagoge stand knapp 50 Jahre, dann wurde sie dem Erdboden gleich gemacht. Das neugotische Gebäude hatte die Pogromnacht weitgehend unbeschadet überstanden. Sie wurde aber 1952 von der jüdischen Restitutionsnachfolger-Organisation mit Sitz in New York zum Abbruch freigegeben.
Gedenkstein erinnert
Heute steht in Bad Königshofen an dieser Stelle eine Autoreparaturwerkstatt. An die Synagoge erinnert ein Gedenkstein. Den Nachbau hat Siegfried Schwinn, der in Zimmerau geboren wurde und in Sylbach zu Hause ist, in mühevoller Kleinarbeit erstellt. Seit vielen Jahren rekonstruiert er historische Bauten im Maßstadt 1:100 aus Bastelholz. Von ihm stammen auch die Modelle von Schloss Sternberg, Schloss Brennhausen und das heute nicht mehr vorhandene Schloss Kleineibstadt.
Im Auftrag des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld hat der Hobbybastler in den vergangenen Monaten nach historischen Bildern und einer Luftaufnahme die Synagoge nachgebaut. „Nun kann man sich vorstellen, was für eine wunderschöne Synagoge unsere Stadt hatte,“ stellte Vereinsvorsitzender Hanns Friedrich fest. Er hatte die Idee für den Nachbau, nachdem er das Modell von Schloss Kleineibstadt gesehen hatte. Zweiter Vorsitzender Reinhold Albert stellte den Kontakt zu Schwinn her, ein Schulfreund von einst.
Schon in der Schule gebastelt
Es ist sicher ein ungewöhnliches Hobby, das Siegfried Schwinn betreibt. Angefangen hat alles vor einigen Jahren, als er eine nachgebaute Windmühle entdeckte und dann seine erste eigene Windmühle bastelte. Hatte er diese Fingerfertigkeit und Vorstellungskraft schon immer? Siegfried Schwinn und Reinhold Albert schmunzeln. „Schon in der Dorfschule von Sternberg hat er sehr gerne gebastelt“, so Albert.
„Zunächst fotografiere ich das betreffende Gebäude von allen Seiten, dann lege ich an das Objekt eine Art Maßstab an, um die Dimensionen besser abschätzen zu können“, erklärt er seine Vorgehensweise. Wenn das Gebäude noch steht, wird es genau vermessen, ein Plan gezeichnet.
Bastelspan, Balsaholzb und abgebrannte Streichhölzer
Als Material nutzt er Bastelspan, Balsaholz, aber auch abgebrannte Streichhölzer. Schwieriger wird es, wenn Gebäude nicht mehr stehen, so wie das Schloss Kleineibstadt oder die Synagoge von Königshofen. „Dann muss ich mich nach Fotografien richten und mit dem auskommen, was ich vorfinde“, sagt er. Und er muss die Ausmaße abschätzen. In Bad Königshofen hat ihm dabei vor allem ein Luftbild geholfen, denn die Synagoge ist meist nur von der Vorderseite fotografiert worden. Zwar waren auch alte Pläne vorhanden, aber erst aus der Vogelperspektive erkannte man einen kleinen hinteren Anbau, eine Art Apsis, in dem die Thora untergebracht war, erklärt Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert.
Das Modell der Synagoge hat eine Breite von 25 Zentimetern, eine Höhe von 26 Zentimetern und eine Länge von 35 Zentimetern.
Über die Synagoge weiß Albert, dass sie schräg gegenüber dem Elisabethaspital entstanden ist. Die Pläne dazu fertigte Baumeister Michel aus Marktbreit, finanziert wurde das Gebäude durch die jüdische Gemeinde und 1904 eingeweiht. Die Bauleitung hatte der kunstverständige Baumeister Valentin Trott aus Königshofen.
Ein Bau aus weißem Sandstein
Die Kosten für den Bau aus weißem Sandstein betrugen etwa 40 000 Mark. Der damalige Spitalpfarrer Frank vermerkte im Erbauungsjahr zu dem jüdischen Gotteshaus: „Die israelitische Gemeinde wird es gewiss niemals bereuen, aus eigenen Kräften den Bau hergestellt zu haben, der ein bleibendes Denkmal ihres Glaubens und ihrer Gottesliebe ist. Ich glaube keinem Widerspruch zu begegnen, wenn ich sage, dass der geschmackvolle, elegante, formgerechte Bau es auch verdient, ein Schmuck für Königshofen und eine Zierde des ganzen Grabfeldgaues genannt zu werden.“
Die offizielle Einweihung der Synagoge sei ein Freudenfest für die ganze Stadt gewesen, sagt Reinhold Albert. Marktplatz und Rathausstraße bis zur Synagoge waren mit Triumphbögen, Girlanden und Fahnen geschmückt. Zahlreiche Ehrengäste waren anwesend, vorneweg der königliche Bezirksamtmann Thomas, die katholische Geistlichkeit, die Bürgermeister, die Stadtverwaltung und die Beigeordneten. 1925 wurde die Synagoge renoviert, vier Jahre später wurde eine Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg gefallenen vier Gemeindemitglieder angebracht. Beim Pogrom 1938 wurden Inneneinrichtung und die Ritualien zerstört, das Gebäude aber kaum beschädigt. Während der Kriegsjahre diente die Synagoge als Unterkunft für australische Kriegsgefangene.
Abbruch im Jahre 1952
1949 findet man im Archiv der Stadt ein Schätzgutachten des Kreisbaumeisters, in dem es heißt, dass das Gebäude eine Länge von 14 Meter und eine Breite von 13,80 Metern hat. Es war acht Meter hoch. Auf 6500 DM wurde die Synagoge geschätzt. Schon damals scheint man an den Abbruch gedacht zu haben. Der erfolgte im Jahr 1952, als das Gebäude an Paul Grünewald für 7500 DM auf Abbruch von der Jewish Restitution Successor Organization Inc. (Jüdische Restitutionsnachfolger-Organisation) mit Sitz in New York verkauft wurde.