Peter Kapfer aus Ursberg berichtete im Abteigebäude von Maria Bildhausen über die „Aktion T 4“ der Nationalsozialisten. Anlass war der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.“
Konkret ging es um das Euthanasieprogramm und T 4 stand für die Berliner Bürozentrale in der Tiergartenstrasse 4. Der Referent sagte, dass das Wort aus dem Griechischen kommt und für „leichten, schönen Tod“ stand. Im Nationalsozialismus wurde das Wort vom „guten Tod“ verwendet, um Menschen mit Behinderung zu ermorden. Dabei sind „Gnadentod“ und „lebensunwertes Leben“ keine Wortschöpfungen des Nationalsozialismus.
Bereits 1859 veröffentlichte Charles Darwin ein Buch über „Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl“ und 1876 „Die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampf ums Dasein“. Seine Evolutionstheorie bekräftigt die natürliche Auslese von überlebensfähigem Erbgut. Das bedeutet, dass nur der Stärkere sein Erbgut weiter gibt.
Bereits im Ersten Weltkrieg gab es eine „stille Euthanasie“ in den Heilanstalten. 42 325 Menschen in 334 Einrichtungen verhungerten. Die ohnehin raren Lebensmittel wurden für die arbeitende Bevölkerung und die Soldaten an der Front verwendet. Der Referent nannte Alfred Hoche, einen Arzt und Psychiater, und den Juristen Karl Binding. Beide sagten, dass dem Staat das Recht zugesprochen werden müsse, das Leben schwer behinderter Menschen, nicht nur absolut wertloser, sondern negativ zu wertende Existenzen, eventuell auch ohne deren Einwilligung zu vernichten. Der hohe Aufwand zur Pflege sei angesichts der Not des Volkes nicht zu verantworten.
Einem Kinder-Euthanasieprogramm fielen in der Zeit von 1935 bis 1945 rund 5000 Kinder zum Opfer. Hinzu kam die „Aktion 14f13“. Sie bezog sich auf Invaliden- oder Häftlinge. Neusten Schätzungen zufolge fielen dem „Krieg gegen die Kranken“ etwa 260 000 Menschen zum Opfer.
Erschreckend eine weitere Bilanz, die der Referent aufzeigte: In den T4-Anstalten wurden von 1940 bis 1941 insgesamt 70 273 Menschen ermordet. Konkret in: Grafeneck 9839, in Brandenburg 9772, in Bernburg 8601, in Hartheim 18 269, in Sonnenstein 13 720 und in Hadamar 10 072. Sie starben in den Gaskammern der Nationalsozialisten.
Es kam zum Abbruch der Aktion T4, vor allem weil die Kirchen hellhörig wurden und sich einschalteten. Adolf Hitler ließ deshalb am 24. April 1941 die Tötungsanstalten schließen. Das Personal wurde abgezogen und aufgrund seiner Erfahrung mit der „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt. Oftmals wurden die Tötungen aber dezentral weiter geführt. Durch Nahrungsentzug sowie Verabreichung von Luminal oder Morphium-Scopolamin. An den Folgen starben noch nach Kriegsende behinderte Menschen in sogenannten Pflegeanstalten.
Wie die Bevölkerung gegen behinderte Menschen aufgehetzt wurde, zeigten Plakate. So das Bild eines Mannes, der zwei Behinderte auf seinen Schultern trug. Zu lesen stand dort: „Hier trägst du mit – ein Erbkranker kostet bis zu seinem 50. Lebensjahr im Durchschnitt 50 000 Reichsmark.“ Immer wieder kamen Behinderte aus den Heilanstalten in die Vernichtungskammern der Nationalsozialisten. Schwestern in den Heilanstalten, so im Dominikus Ringeisenwerk, mussten dazu Meldebögen ausfüllen. Über 1000 dieser Meldebögen wurden nicht weiter gegeben. Damit erhofften sich die Schwestern Verzögerungen.
Ihnen gelang es aber auch behinderte Menschen zu schützen, indem sie zum Beispiel einen Bügelsaal einrichteten und mitteilten, dass diese Menschen für 2800 Soldaten, die im Krieg sind, die Wäsche waschen und bügeln. Sie seien damit wichtig für das Deutsche Volk. Immer aber herrschte die Angst, dass eine Selektionsgruppe in die Behinderteneinrichtung kommen könnte.
An diese schweren Zeiten erinnert heute in Ursberg ein Denkmal und eine Gedenkplatte, in Maria Bildhausen ist es das kürzlich fertig gestellt Euthanasie Denkmal.