Blauer Himmel, Sonnenschein. Der Weg führt hinauf zum Gipfel des „Heiligen Berg der Franken“. Auf einer Stufe unterhalb der Kreuzigungsgruppe sitzt ein junger Franziskaner im Gebet versunken. Selten erblickt man einen der wenigen Mönche, die es noch unten im Kloster gibt. Der Weg führt zur Wallfahrtskirche. Vom Vorplatz schaut man direkt auf die Braukessel der Klosterbrauerei. Von dort wieder ein überraschender Anblick. Eine junge Frau bereitet gerade die Braukessel für den nächsten Sud vor.
Brauerei statt Polizei
Es ist Isabell Heßler aus Aura im Sinngrund. Die 20-Jährige erlernt dort im zweiten Ausbildungsjahr den Beruf der Brauerin und Mälzerin. Sie ist die erste weibliche Auszubildende in der Kreuzbergbrauerei. Die Entfernung von Ihrem Heimatort Aura bis zum Kreuzberg beträgt 55 Kilometer. Diese legt sie jeden Tag mit dem Auto zurück. Im letzten Winter war die Zufahrt, zu dem auf 850 Meter Höhe gelegenen Kloster, öfters verschneit. Dann musste ich hier übernachten, erzählt Isabell Heßler.
Nach dem Abitur wollte sie eigentlich zur Polizei. In den Ferien wurde ihr dann ein fünfwöchiges Praktikum bei der Pax Bräu Brauerei in Oberelsbach angeboten. Es weckte die Begeisterung für das Brauen. Ein weiteres Praktikum folgte, diesmal in der Kreuzbergbrauerei. Der dortige Braumeister Ulrich Klebl wusste ihre Tatkraft zu schätzen und übernahm sie als Auszubildende. Das Handwerk des Mälzens erlernt sie bei der Firma Rhön Malz in Mellrichstadt und in der Mälzerei Schubert in Schweinfurt, beides Malzlieferanten der Klosterbrauerei.
Knochenarbeit
Kreativität, Durchhaltevermögen und Interesse sind wichtige Voraussetzungen, diesen Beruf zu erlernen. Trotz modernster Technik ist die Arbeit in der Brauerei Knochenarbeit und daher eher ein Männerberuf. Immerhin aber sind in ihrem Jahrgang in der Brauereischule in Karlstadt unter 35 Schülern vier Mädchen, die diesen Beruf erlernen. Zwei kommen aus Unterfranken. Die schriftliche Prüfung wird Isabell Heßler bereits ein halbes Jahr vor ihren Schulkollegen ablegen, weil sie die theoretische Ausbildung verkürzen kann.
Im Keller der Brauerei zeigt Heßler Bilder von Bruder Elisäus, der bis 1964 als Braumeister agierte. Mit Schnee, der in großen Mengen angekarrt und gelagert wurde, musste man damals den Bierkeller kühlen. Von 1731 bis 1964 lag das Brauen fest in der Hand der Franziskanermönche. Anfangs schenkte der Bettelorden das Bier kostenlos an Pilger aus, verbunden mit der Hoffnung, dass die Gabe mit einer Spende entlohnt wird. Diese blieb jedoch oft aus.
Wichtig für die Mission
8500 Hektoliter werden heute im Jahr gebraut. Davon wird ein Drittel in der Klosterschenke verbraucht. Die Einnahmen aus dem Ausschank und Verkauf des Bieres sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Mission der Franziskaner. Auch heute noch trifft der Kommentar zu, den Kardinal Faulhaber 1901 im Gästebuch des Klosters verewigte: „Den Kreuzberg herauf kam ein langer Zug, die einen zur Kirche die anderen zum Krug“.
Die Auszubildende zeigt die Leitung, von der das süffige Dunkelbier vom Tank im Keller, gekühlt direkt zum Zapfhahn am Ausschank geht. Die Brauerei ist nach wie vor eine echte Klosterbrauerei und gehört zu 100 Prozent den Franziskanern, betont Heßler. In den vergangenen Wochen, als die großen Wallfahrten stattfanden und viele Ausflügler den Kreuzberg besuchten, musste sie bis zu zwölf Stunden am Tag arbeiten. „Ich habe danach jeden Knochen gespürt“, sagt sie.
Keine Zeit für Blaskapelle
„Jetzt wenn es ruhiger wird, freue ich mich darauf, dass ich mich wieder intensiver meinen Hobbys zuwenden kann“. Ihre Vorliebe gilt der Jagd. Vor einem Jahr hat sie die Prüfung als Jungjägerin bestanden. Zudem ist sie bei der Feuerwehr in Aura aktiv. Zum Musizieren bei der Rienecker Blasmusik fehlt ihr im Moment die Zeit.