Wertvoll und historisch ist die Orgel der Pfarrkirche St. Marien in Paderborn-Neuenbeken allemal. Und sie ist ein kleines Stück der Familiengeschichte der Orgelbauer Hey aus Urspringen. Das sagt Restaurator Herbert Hey und blickt nicht ohne Stolz auf die prächtige Orgel, die derzeit in seiner Montagehalle steht.
Gebaut wurde das Instrument 1859 vom damals bekannten Paderborner Orgelbauer August Randebrock. Ihm stand als Gehilfe Wilhelm Hey zur Seite, der – so heißt es in den alten Unterlagen – „nach Beendigung seiner Tätigkeit als Werkführer bei Randebrock im Jahr 1874 einen eigenen Betrieb in Sondheim/Rhön gründete“. Für das aktuelle Führungsteam der Rhöner Orgelbaufirma hat sich mit dem Auftrag aus Paderborn nun ein Kreis geschlossen. Denn neben dem Firmensitz in Urspringen betreibt das Unternehmen seit 2007 eine Filiale in Paderborn. Genau dort hatte der Firmengründer Wilhelm Hey das Orgelbauhandwerk erlernt. Und so nebenbei die Klaviere für einen gewissen Franz Liszt gestimmt und war dem Dichter Hoffmann von Fallersleben begegnet. Wilhelm Hey ging 1874 in die Rhön zurück und übernahm die Werkstatt von Michael Katzenberger aus dem benachbarten Oberelsbach. Mittlerweile ist die Orgelbaufamilie in der sechsten Generation tätig. Über 250 Orgelprojekte stammen aus der Rhöner Werkstatt.
Bleifrass an den Pfeiffen
In den vergangenen Monaten stand die Restaurierung und Rekonstruktion der Paderborner Randebrock-Orgel an. Juniorchef Christian Hey diagnostizierte, dass die Paderborner Orgel am Bleifrass an den historischen Metallpfeifen, „dem sogenannten Krebs am Orgelmetall“ litt. Die befallenen Stellen mussten abgeschnitten und gelötet wieder angepasst werden.
An den zwei übereinander angeordneten Manualwerken und den 18 klingenden Registern mit 1035 Orgelpfeifen mussten fünf Register behutsam nach den alten Maßvorgaben rekonstruiert werden. Die fremdartigen Zinkpfeifen in der Prospektfront wurden durch neue Pfeifen mit einer Zinn-Blei-Legierung ersetzt. Rund 14 Monate intensive Arbeit stecken in dem Instrument, das nun wieder zurück nach Paderborn-Neuenbeken geht.
In Australien fündig geworden
Für die Rekonstruktion der Paderborner Orgel war Christian Hey auf der Suche nach einem gleichgearteten Instrument, möglichst aus der gleichen Erbauerzeit. Er recherchierte und fand eine umfangreiche Dokumentation einer Randebrock-Orgel in Australien. Sie stammt aus dem Jahr 1871 und ist nahezu baugleich mit der Paderborner Orgel. Ein Glücksgriff für den Orgelbauer, der nun die verschiedenen Bauteile originalgetreu angleichen konnte. Dazu gehörte unter anderem die komplette Rekonstruktion der Klaviaturen und Balganlage. Das alles war anhand von historischen Text- und Bildunterlagen möglich. Unter anderem dienten ihm dazu auch sogenannte Mensurentafeln, die noch vom Firmengründer Wilhelm Hey vorhanden sind und auf einer Art Holzbrett aufgezeichnet sind.
Die gesamte Orgelanlage war, wie Herbert und Christian Hey betonen, dringend restaurierungsbedürftig. Der Holzwurm hatte ganze Arbeit geleistet. Tragende Teile mussten ersetzt werden. „Die Bleche für die Metallpfeifen wurden allesamt handabgezogen, so wie früher!“, so Christian Hey.
Nun ist die Paderborner Randebrock-Orgel wieder im Urzustand mit ihrem angenehm weichen Klangvolumen. „Da werden die Paderborner Kirchenbesucher sicherlich staunen, wenn sie an Weihnachten ihre schöne Orgel wieder hören können“.
Die fehlenden Schnitzteile am neugotischen Orgelgehäuse und die farbliche Neufassung führten Franz Weigand und Georg Hille aus Oberelsbach durch.