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BAD KÖNIGSHOFEN: „Geschenkte“ Autos – ein gutes Geschäft

BAD KÖNIGSHOFEN

„Geschenkte“ Autos – ein gutes Geschäft

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    Zweimal und nie wieder: Das werbefinanzierte Auto, das der Stadt Bad Königshofen „geschenkt“ wurde und noch bis 2020 läuft, ist nützlich, aber überfinanziert.
    Zweimal und nie wieder: Das werbefinanzierte Auto, das der Stadt Bad Königshofen „geschenkt“ wurde und noch bis 2020 läuft, ist nützlich, aber überfinanziert. Foto: Foto: Regina Vossenkaul

    Es ist nicht verboten, ruft aber Empörung über eine unverhältnismäßig hohe Gewinnspanne der Werbefirmen hervor: Die mit Logos örtlicher Gewerbetreibender beklebten Fahrzeuge, die Gemeinden oder soziale Einrichtungen „geschenkt“ bekommen, geraten immer wieder in die Kritik. Auch in Bad Königshofen ist seit November 2015 ein derartiges Auto unterwegs, das zweite dieser Art. Ein drittes soll es nicht geben, deshalb wurde der Folgevertrag gekündigt.

    Teure Werbeträger

    Die Gewerbetreibenden wollten etwas Gutes für die Stadt und die Vereine bewirken und fühlten sich über den Tisch gezogen, als sie registrierten, dass sie hauptsächlich der Werbefirma „etwas Gutes“ getan haben.

    Wie Recherchen ergeben haben, befinden sich 25 Werbeaufkleber auf dem derzeit in Bad Königshofen laufenden Fahrzeug, dafür wurden rund 35 000 Euro eingesammelt mit der Zusicherung, dass das Fahrzeug als Werbeträger fünf Jahre zur Verfügung steht. Eine Preisliste war von der Werbefirma nicht erhältlich, so mussten bei den Recherchen alle Beteiligten einzeln befragt werden.

    Wie Betroffene berichten, entstand bei den damaligen Vertragsverhandlungen mit dem Außendienstmitarbeiter der Eindruck, dass dieser im Auftrag der Stadt unterwegs sei und er übte auch Druck aus, indem er gegenüber dem jeweiligen Verhandlungspartner behauptete, es fehle nur noch ein Kunde, dann könne das Projekt „geschenktes Auto für die Stadt“ durchgeführt werden.

    Enorme Gewinnspanne

    Laut Autohaus Gaul & Klamt in Bad Neustadt hat das Modell Ford Transit Connect je nach Ausstattung einen Neupreis von rund 17 000 bis rund 20 000 Euro netto. Dazu kommen das Aufbringen der Werbung, die – je nach Anbieter – für höchstens 2000 Euro zu haben sei, sowie Personalkosten für die Akquise.

    Die von den Werbekunden finanzierte Gewinnspanne sei unverhältnismäßig hoch, meinen die Beteiligten. „Ich empfinde das als Abzocke“, sagt Gerald Kneuer, dessen Logo auf der Motorhaube des Ford eines der größten ist. Er hat dafür 2750 Euro bezahlt, wahrscheinlich der höchste Einzelbetrag, kleinere Werbeaufkleber gab es ab 1000 Euro und mehr. Wie andere Firmeninhaber auch, wollte er die Stadt und die Vereine unterstützen und gleichzeitig für seinen Betrieb werben. Das Fahrzeug steht auf dem Bauhof, Vereine können es sich für Auswärtsspiele und Auftritte ausleihen, auch die Sponsoren können es zweimal pro Jahr ohne Kilometerpauschale nutzen, ansonsten steht es dem Bauhof und der Stadt zur Verfügung.

    Enttäuscht waren die Werbekunden, dass sie keinen Kleinbus mit neun Sitzplätzen erhielten, wie sie es erwartet hatten, sondern einen Ford Transit mit sieben Sitzen.

    Finanzierung völlig überzogen

    Nach der Finanzierung des ersten werbefinanzierten Autos und den Informationen in den Medien über derartige Geschäfte, wollte die Stadt kein zweites Projekt durchführen, hatte aber einen Folgevertrag unterzeichnet, aus dem sie nicht herauskam. Der nächste Folgevertrag ist bereits gekündigt, teilte Elisa Sperl von der Stadtverwaltung mit.

    Auch die Firma Zehner, die es ganz passend fand, auf den Radkappen für „Reifen-Zehner“ zu werben, wollte damals aufgrund der Presseberichte noch aus dem Vertrag aussteigen, was nicht akzeptiert wurde. Die Werbung an sich sei nicht zu teuer, wenn man sie mit anderen Werbeangeboten vergleiche, auch bei einem Inserat sei man schnell 500 Euro los, meint Geschäftsführer Bernd Zehner, aber die Gesamtfinanzierung des Fahrzeugs sei völlig überzogen.

    Ähnliches war von Herbert Häcker, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft Bad Königshofen, zu hören, der sich am ersten Fahrzeug mit 2000 Euro beteiligt hatte. Wenn das Fahrzeug nach den fünf Vertragsjahren in das Eigentum der Stadt übergehen würde, wäre das Geschäft noch annehmbar, findet er.

    In Wirklichkeit ist es aber so, dass nach fünf Jahren das Fahrzeug zum aktuellen Wert zum Kauf angeboten wird. Wie Bauhofleiter Markus Schunk ergänzt, hat er damals aus dem Budget des Bauhofs das erste gesponserte Auto für 3500 Euro erstanden, weil er es gut gebrauchen konnte. Wird das Auto zurückgegeben, muss im Falle einer wertmindernden Beschädigung die Differenz zum Wert, den die Schwackeliste festlegt, bezahlt werden. „Wenn die Stadt so ein Projekt selbst in die Hand nehmen würde, wäre ich vielleicht wieder dabei, aber so nicht“, bemerkte Häcker. Beim nächsten Mal würden alle Befragten die Fahrzeugbeschaffung für die Stadt lieber in Zusammenarbeit mit einem Autohaus selbst in die Hand nehmen.

    Bad Königshofen ist kein Einzelfall, wie Beispiele aus anderen Städten zeigen. In vielen Städten fahren überteuert-werbefinanzierte Fahrzeuge, das System wird auch bei Printmedien und Defibrilatoren bis hin zu Papierkörben angewendet.

    Vieel ähnlich gelagerte Fälle

    Die Presse- Kollegen Björn Kohlhepp und Franziska Jünger haben weitere Fälle recherchiert und im April 2015 in einer Gemündener Zeitung veröffentlicht. Beispielsweise hat die gleiche Werbefirma, die in Bad Königshofen tätig war, für einen werbefinanzierten Ford Transit Custom Kombi (Anschaffungskosten etwa 20 000 Euro netto) für das Gesundheitszentrum Main-Spessart knapp 80 000 Euro netto eingesammelt. In Bad Kissingen bekam die Caritas auf gleichem Wege einen neuen VW Up - 34 Firmen haben darauf für ungefähr 45 000 Euro inseriert, der Wagen hat einen Wert von etwa 11 000 Euro.

    Die Stadt Würzburg erhielt über eine andere Werbefirma für die Stadtreiniger einen gebrauchter Renault Kangoo Z.E. Maxi mit Elektroantrieb, finanziert von 39 Firmen mit durchschnittlich 2000 Euro pro Logo. Wert des Fahrzeugs: 22 000 Euro brutto.

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