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Wechterswinkel: Heiligabend: Das letzte religiöse Ritual in der Familie

Wechterswinkel

Heiligabend: Das letzte religiöse Ritual in der Familie

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    Professor Dr. Guido Fuchs sprach im Kloster Wechterswinkel über Riten und Rituale rund um den Heiligabend. Begleitet wurde er dabei gesanglich von seiner Gattin Monika (rechts). In der Mitte Kreiskulturmanagerin Dr. Astrid Hedrich-Scherpf.
    Professor Dr. Guido Fuchs sprach im Kloster Wechterswinkel über Riten und Rituale rund um den Heiligabend. Begleitet wurde er dabei gesanglich von seiner Gattin Monika (rechts). In der Mitte Kreiskulturmanagerin Dr. Astrid Hedrich-Scherpf. Foto: Klaus-Dieter Hahn

    Der Christbaum mit seinen Kerzen und Kugeln, Würstchen mit Kartoffelsalat, das Läuten des Weihnachtsglöckchens - der Heiligabend in deutschen Familien läuft seit Jahrzehnten nach einem ganz bestimmten Strickmuster ab. In einem Vortrag über christliche Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit genau den passenden Rahmen hatte, beleuchtete Professor Dr. Guido Fuchs im Kloster Wechterswinkel eben jenen "typisch deutschen" Heiligabend.

    Ohne diese festen Riten und Rituale ist hierzulande ein Weihnachtsfest schier undenkbar. Dabei stellte er eingangs heraus: "Kein Tag im Jahr ist so sehr mit Assoziationen und Erwartungen verbunden wie der Heiligabend." Warum es so ist, wie es ist, die Hintergründe dafür, wie es dazu kam, führte er den Besuchern in unterhaltsamer und dabei auch lehrreicher Weise vor Augen. "Der Heiligabend ist so ziemlich das letzte religiöse Ritual in der Familie", so sein Fazit.

    Anhand einer mit einer Prise Humor gewürzten Erzählung aus den 1960er Jahren schilderte er den oft auch heute noch so gebräuchlichen Tagesablauf des 24. Dezember, der mit der Erledigung von Haus- und letzten Restarbeiten am Vormittag, dem gemeinsamen Kaffeetrinken, dem Anziehen der Festkleidung am Nachmittag, dem abendlichen Kirchgang, dem gemeinsamen Singen von Weihnachtsliedern und dem Lesen der Weihnachtsgeschichte, dem "Anstarren" des Christbaums und dem Auspacken des "Geschenkehaufens" klar strukturiert war.

    Ein Abend im DIN-Format

    "Der Heiligabend hat ein gewisses Grundmuster, ein DIN-Format !", so der Professor, der das Institut für Liturgie und Alltagskultur in Hildesheim leitet und auch aus Ergebnissen seiner Umfragen zitierte. Ausgehend von der jüdischen Praxis, dem Abend vor dem eigentlichen Fest einen hohen Stellenwert einzuräumen, hat der Heiligabend - ganz anders als im englischsprachigen Raum - bei uns ebenfalls eine große Rolle übernommen.

    Der 24.12. war früher ein Vigiltag, also ein Fast- und Abstinenztag, wobei die Weihnachtsfeier erst mit dem Gang zum Gotteshaus und damit zumeist erst um Mitternacht begann. Davon zeugen auch heute noch traditionelle Speisen an Heiligabend, wie Kraut mit Bratwurst, Würstchen mit Kartoffelsalat, Neunerlei oder Zwölferlei.

    Kommunikativer Charakter des Essens

    Jedoch erhielt das gemeinsame Essen heutzutage dank Fondue oder Raclette immer mehr auch kommunikativen Charakter. Selbst das gemeinschaftliche Kochen wird in diesen Tagen immer wichtiger.

    Im 19./20. Jahrhundert wurde die Christvesper in der evangelischen Kirche auf den Vorabend des 25. Dezember verlegt und zu einer Familienfeier. Der Christbaum, der heute schlechthin für Weihnachten steht, ist ebenso wie die Krippe als Realsymbol für die Geburt Christi zu einer der wichtigsten Requisiten geworden.

    Geschenke gibt's erst seit dem Biedermeier

    Im Mittelpunkt für die Kids steht heute weniger die Geburt Christi als vielmehr das Auspacken der Geschenke. Erst ab der Biedermeierzeit wurde Weihnachten auch zum Geschenketag - vorher war es der Nikolaustag gewesen. Der Gedanke des Beschenkens findet dabei laut Prof. Fuchs seinen Ursprung nicht nur im Weihnachtsfest. Vielmehr hat es Tradition, zum Jahreswechsel den Armen, Bediensteten und anderen etwas zu schenken.

    Sehnsucht nach der Kinderheit

    Überhaupt ist der Heiligabend oft eine "Inszenierung der Eltern für ihre Kinder". Dabei erwarten Vater und Mutter als Antwort auf ihre Gestaltungsbemühungen rund um das Weihnachtsfest gewisse Verhaltensweisen ihrer Sprösslinge, wie beispielsweise das Aufsagen von Gedichten (früher: "Verheißungsverse") oder auch das Singen von Weihnachtsliedern oder Musizieren. Weihnachten als "das Fest der Kindheit und der Familien." Die Weihnachtsfeier als "Schenk-Ritual, in der die Sehnsucht nach der Kindheit im Mittelpunkt steht, die Sehnsucht nach dem Gefühl, geliebt und geborgen zu sein". Gesten, die der übergeordneten religiösen Bedeutung entsprechen.

    Zusätzlich aufgelockert wurde der informative und unterhaltsame Vortrag mit weitgehend unbekannten Advents- und Weihnachtsweisen, die die Gattin des Professors, Monika Fuchs, mit ihrer hellen, klaren Stimme sehr zum Wohlgefallen des Publikums vortrug, wobei sie von ihrem Mann am Klavier begleitet wurde.

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