Wenn Kreisheimatpfleger Reinhold Albert aus Sternberg in seinem umfangreichen Archiv blättert, dann kommt manch Interessantes zum Vorschein. So auch, dass vor mehr als 80 Jahren Reichspräsident Paul von Hindenburg im Grabfeld war. Anlass dieses dreitägigen Besuches war ein vom 12. bis 19. September 1930 dauerndes Manöver der Reichswehr.
Das Manövergebiet war vom Thüringer Wald, dem Franken- und Steigerwald sowie der Hohen Rhön begrenzt. Paul von Hindenburg und Beneckendorf war bekanntlich im Ersten Weltkrieg Oberbefehlshaber der deutschen Truppen. Nach dem Tod Friedrich Eberts wurde er 1925 zum Reichspräsidenten gewählt. Dieses Amt ist in etwa vergleichbar mit dem des heutigen Bundespräsidenten, sagt der Kreisheimat- und Archivpfleger.
Als Reichspräsident war Hindenburg gleichzeitig Oberbefehlshaber der deutschen Reichswehr. In dieser Funktion besuchte er im September 1930 das Grabfeld. Hindenburg war vom Schlossherrn auf Sternberg, Reichsrat Friedrich von Deuster, eingeladen worden. Am 16. September 1930 kam er nach Königshofen.
Menschenmassen bevölkerten das kleine Grabfeldstädtchen. Ja, es wurde gar ein Sonderzug für Besucher eingesetzt. Um 16.51 Uhr verkündete feierliches Glockengeläute das fahrplanmäßige Eintreffen des Hindenburg'schen Salonzuges. Bei dessen Einfahrt in den Königshöfer Bahnhof wandelte sich die andächtige Stille der Erwartung in brausende „Hoch-Heil-Hurra-Rufe der begeisterten Masse“, ist überliefert. Hindenburg verließ mit seinem Gefolge, darunter seinem Sohn, den Salonwagen. Es folgten kurz militärisch die Meldungen des Chefs der Heeresleitung, des Generalobersten Heye, des Reichswehrministers Gröner und der übrigen erschienenen Generalität.
Als offizieller Vertreter des Bezirks Königshofen begrüßte Oberregierungsrat Adolf Beckerle Hindenburg. Nach diesem kurzen, aber feierlichen Begrüßungsakt, bestieg Hindenburg das bereitstehende Auto, das sich, gefolgt von den Autos der Generalität durch die mit jubelnden Menschenmassen dicht besetzte Bahnhofstraße – sie trägt heute noch zur Erinnerung an diesen denkwürdigen Besuch den Namen Hindenburgstraße – zum Marktplatz bewegte. Nach Augenzeugenberichten wurde der hohe Gast auch hier wieder mit großem Jubel empfangen. Vor der Festtribüne hatten der Bayerische Ministerpräsident Held, Erbprinz Georg von Sachsen-Meiningen, verschiedene Generäle, Staatsräte sowie Landrat Thein aus Hildburghausen Aufstellung genommen.
Vom Empfang überwältigt
Nach einigen Begrüßungsansprachen hob Hindenburg die Hand zum Gruß und richtete gerührt folgende Dankesworte an die Menge: „Vielen herzlichen Dank für den freundlichen Willkommensgruß, der mir hier zuteil geworden ist und an alle die, die zu dieser schönen Stunde hierher geeilt sind. Die Zeiten sind schwer, doch brüderliches Zusammenhalten möge uns wieder getrost in die Zukunft schauen lassen. Ich trinke auf das Wohl dieser alten Stadt, die ich heute zum ersten Mal in meinem Leben gesehen habe. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich mich freue, sie kennengelernt zu haben!“
Jubelnde Zurufe folgten diesen Worten Hindenburgs. Er dankte grüßend. Während sich das Auto langsam in Richtung Schloss Sternberg in Bewegung setzte, stimmte die begeisterte Menge das Deutschlandlied an.
Der Pokal, aus dem sich Hindenburg den Begrüßungstrank munden ließ, wurde übrigens im Rathaus fortan in hohen Ehren gehalten. Seit 1945 ist er verschollen – ein Soldat der anrückenden US-Armee wird ihn wohl als Souvenir mit nach Amerika genommen haben.
Einem Zeitungsbericht von September 1930 ist folgende Notiz über den Empfang in Königshofen entnommen: „Während der Anwesenheit des Herrn Reichspräsidenten auf Schloss Sternberg zeigte dieser, wie uns der Schlosschef Herr Reichsrat von Deuster mitteilte, wiederholt lebhaftes Interesse für unser Grabfeldstädtchen und sprach sich für den herzlichen Empfang, den ihm die Stadtverwaltung und die Einwohnerschaft bereitete, in sehr anerkennender Weise aus.
Auf das historische ,Goldene Buch' der Stadt vom 1. Bürgermeister, Herrn Landesgewerberat Eschenbach beim Empfang am Rathaus aufmerksam gemacht, sprach der Herr Reichspräsident sofort den Wunsch aus, dass es ihm zur Besichtigung auf Schloss Sternberg vorgelegt werden soll und er trug sich anschließend des Besuches des Bürgermeisters Eschenbach auf Schloss Sternberg in dasselbe ein. „Krönender Abschluss des Manövers war schließlich am 19. September 1930 eine Parade an der Straße Römhild/Mönchshof, der sage und schreibe 60 000 Zuschauer, andere Quellen sprechen gar von 90 000, beiwohnten. Die freundschaftliche Verbindung zwischen dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und dem Sternberger Reichsrat Friedrich von Deuster, die beide zu Ehrenbürgern von Königshofen ernannt wurden, überdauerten den Besuch, weiß Kreisheimatpfleger Reinhold Albert.