Weil die Kilianiwallfahrt nach Würzburg in diesem Jahr ausfiel, zelebrierte am Mittwochabend Bischof Franz Jung in der St. Kilianskirche in Mellrichstadt einen Pontifikalgottesdienst, natürlich unter strengen Auflagen. In feierlicher Prozession und unter den Klängen des Kiliansliedes, gespielt von Organist Elias Mack, zog Bischof Franz Jung mit Dekan Andreas Krefft, Pfarrer Thomas Menzel und Diakon Hans-Günther Zimmermann zum Altar.
Pfarrer Thomas Menzel freute sich, dass dieses Mal dezentrale Gottesdienste gefeiert werden. Zu den Gottesdiensten in Würzburg seien in den vergangenen Jahren auch immer bestimmte Zielgruppen eingeladen worden, um dadurch die Vielfalt von Kirche, Glauben und Gesellschaft spürbar und erlebbar zu machen. Der Überlieferung nach soll Kilian mit seinen Gefährten tatsächlich in Mellrichstadt gewirkt haben, das Gebiet rund um den Kreuzberg sei ein Zentrum seiner Missionierung gewesen, gab Pfarrer Menzel einen kurzen Einblick in die Geschichte.

Der Heilige Kilian soll in Mellrichstadt gewirkt haben
Bereits am Ende des 7. Jahrhunderts stand hier eine Kirche, die dem Hl. Martin geweiht war. Mellrichstadt gehörte schon immer zur Ausstattung des Bistums. Aus heutiger Sicht sei interessant, dass im Rahmen der Pfarrsprengelbildung hier eine große Pfarrei entstanden ist mit 25 Filialkirchen. Heute im Prozess "Pastoral der Zukunft" käme man wieder genau auf diese weitläufige Region des 12. Jahrhunderts zurück und würde versuchen, diesen Raum neu zu einem Lebens- und Glaubensraum mit reicher Vielfalt zusammenzufassen.
Bischof Franz Jung dankte für die Begrüßung mit einem kleinen Crash-Kurs über die Pfarrei. Corona, das in diesen Zeiten manches unmöglich mache, erinnere an die Krone der Märtyrer Kilian, Kolonat und Totnan, die ihr Leben gekrönt hätten mit dem Martyrium, die für ihren Glauben eingestanden seien. Die drei Heiligen würden einladen, uns wieder mehr zu besinnen auf den Herrn, dem sie nachgefolgt sind. Im Evangelium waren die Seligpreisungen der Bergpredigt zu hören.
Die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe der Liebe Christi
In seiner Predigt nahm Bischof Franz Bezug auf ein Wort aus dem Epheserbrief, das er mit Blick auf die Bildung der pastoralen Räume als Jahresmotto für das Bistum Würzburg ausgewählt hat. Paulus spreche davon, "die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe" der Liebe Christi zu ermessen. Ein wunderbares Bild der geistlichen Geographie mit vier Dimensionen, an denen man sich orientieren könne, die die Kirche ausmachen. Diese vier Dimensionen seien in jeder Zeit, in jeder Generation, in jeder Herausforderung neu zu überdenken, die Liebe Christi neu zu ermessen.
Die Höhe ermessen bedeute den Blick nach oben, sich ausstrecken nach der eigenen Berufung. Die Breite vermessen meine, die Breite der Lebenswirklichkeit der Menschen in Not wahrzunehmen, Missstände offen zu benennen und beherzt anzupacken. Die Corona-Tage seien eine gute Übung hierfür gewesen. Die Kirche sei aufgerufen, im Sozialraum der Menschen zu arbeiten sowie eine caritative Pastoral und eine pastorale Caritas zu leben. Es wurde deutlich, wie viele soziale Herausforderungen noch auf uns warten in den kommenden Jahren.
Wider Polarisierung und Verschwörungstheorien
"Uns wird deutlich, wie viel an Arbeit vor uns liegt, glaubwürdig zu sein, Stichwort Aufarbeitung des Missbrauchs, Kommunikation untereinander, Polarisierung unserer Gesellschaft, die sich in einer verrohenden Kommunikation und der Pflege von Feindbildern und Verschwörungstheorien manifestiert", sagte Bischof Jung. Er denke dabei auch an die Partnerbistümer in Brasilien und Tansania, die Schlechtes durchmachten und die nicht so sehr das Hygienische und Gesundheitliche im Vordergrund sähen, sondern die ungeheure Wirtschaftskrise, die viele an den Rand der Existenz bringe. Wirkliche Veränderung brauche Geduld. Gewalt sei ein Ausdruck von Hoffnungslosigkeit.
Die Höhe und die Hochgemutheit, die Breite und der Wagemut, die Wirklichkeit anzuschauen, die Tiefe und die Demut angesichts des Kreuzes, die Länge und der lange Mut, das Vertrauen, dass Gott mit uns in den Veränderungen geht, fasste Bischof Franz noch einmal die vier Dimensionen zusammen.

In der Offenbarung des Johannes vermesse ein Engel Gottes die Heilige Stadt Jerusalem mit einem goldenen Messstab. Dieser Engel möge die Gläubigen erinnern, an die Grenzen des Menschenmaßes zu gehen und sich daran zu erinnern, dass Gott jeden Einzelnen einst mit dem Maß messe, mit dem dieser andere messe. "Nur so werden wir in der Lage sein, zusammen mit allen Heiligen die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe der Liebe Christi zu ermessen", sagte Bischof Jung.
Am Ende des Gottesdienstes überbrachte Dekan Kreft die Grüße des gesamten Dekanats und sagte dem Bischof ein herzliches "Vergelt’s Gott" für seinen Besuch. Nicht nur diese Kirche sei dem Hl. Kilian geweiht, auch die hiesige Sozialstation und weitere Kirchen im Dekanat. Dank galt auch Pfarrer Menzel für die Gastfreundschaft und allen Helfern für die Vorbereitung und den feierlichen Rahmen.

Fast so schön wie in Würzburg
Der Bischof seinerseits dankte für das freundliche Wort. Er habe sich gefreut, hier zu sein. Es könne immer nur eine symbolische Geste sein, die aber wichtig sei. Sein Segen galt all den Menschen, die die Besucher im Herzen trugen und hierher mitgebracht hätten. Fröhlich standen die Besucher nach dem Gottesdienst auf dem Kirchplatz und konnten einen aufgeschlossenen, leutseligen Bischof aus nächster Nähe, aber mit dem gebotenen Abstand erleben, der keinerlei Berührungsängste hatte und sich zu jeder Gruppe gesellte. Auch ohne einen Frankenschoppen war es fast so schön wie in Würzburg.
