Seit über zehn Jahren baut der Rhöner Bio-Landwirt Martin Ritter Holunder an. Aber seit ungefähr drei Jahren kämpft er wie seine Kollegen, die ebenfalls den Grundstoff für die rote Sorte von Bionade liefern, mit einem winzig kleinen Feind. Gerade mal ein paar Millimeter ist die asiatische Kirschessigfliege groß. Sie hat es auf dunkles Obst abgesehen, also auch auf Holunder.
Es sind die Weibchen, die gefährlich sind. Die haben im Gegensatz zu den europäischen Kirschessigfliegen einen Eiablageapparat, mit dem sie die Haut der Früchte einritzen und dann darin ihre Eier ablegen, erklärt der 47-jährige Bio-Landwirt. Die entwickeln sich zu Maden. Dabei werden die Beeren sauer wie Essig. Ritter hat dafür schon einen so feinen Geruchssinn entwickelt, dass er schon den leichtesten Essigduft wahrnimmt, wenn er seinen rund acht Hektar großen Holunderbestand bei Ostheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) betritt.
Insekten mögen es feuchtwarm
Jahre wie dieses begünstigen die Entwicklung des Insekts. „Mal Regen, dann warm, das sind fast Zustände wie in der asiatischen Heimat der Tiere, da vermehren die sich gut“, sagt Ritter. Vergangenes Jahr mit seinem heißen Sommer war das Problem nicht so groß. „Da gab es wenig Regen und weniger Früchte, aber auch weniger Kirschessigfliegen.“
Unberechenbar ist, wo und wann die Fliegen kommen. Es kann sein, dass man morgens an einem Holunderstrauch rüttelt und die Früchte auf Befall untersucht, und da ist noch gar nichts. Kommt man einige Stunden später wieder und rüttelt, steigen schon Fliegenschwärme auf, erläutert Ritter. Außerdem sind nicht alle Flächen gleichmäßig befallen.
Zur Kontrolle stellt Ritter Fliegenfallen auf. Je nachdem, wie viele asiatische Kirschessigfliegen sich darin fangen, entscheidet er, ob etwas gegen die Obstschädlinge unternommen werden muss. Die Möglichkeiten sind begrenzt und nur bedingt wirksam. Denn, so Ritter, es gibt praktisch nur ein Mittel gegen die Fliege. Das sei biologisch und werde aus Spinnengift gewonnen. Ein teures Mittel. Weil es aber das einzige gegen die Kirschfruchtfliege sei, werde es nicht nur im Biobau eingesetzt, sondern auch in konventionellen Betrieben.
Die Wirkung des Mittels hält nur vier Tage an, erläutert Ritter. Es kann nicht vorbeugend eingesetzt werden, erst bei Befall. Es darf in Biobetrieben außerdem maximal zweimal angewendet werden. „Das kann knapp werden, denn es dauert ungefähr drei Wochen, bis die noch grünen Holunderbeeren fast schwarz und erntereif werden.“ Das ist die Zeit, in der die Schädlinge auftauchen.
Zwei riskante Tage vor der Ernte
Wenn geerntet werden soll, muss nach einem Einsatz zur Bekämpfung außerdem von einem Labor nachgewiesen werden, dass die Früchte frei sind vom Schädlingsbekämpfungsmittel. Das geschieht frühestens sechs Tage nach dem Sprüheinsatz. Da das Mittel nur vier Tage wirkt, bleiben vor der Ernte zwei ungeschützte Tage, sagt Ritter. Zwei riskante Tage.
Bei der ersten Ernte vor gut einer Woche hat alles gut geklappt, sagt der Holunder-Anbauer. Der Test, der immer nach der Ernte gemacht wird, darf einen bestimmten niedrigen Essigwert nicht überschreiten. Da war bei der ersten Ernte alles im grünen Bereich, so Ritter zufrieden. Wenn das nicht so ist, dann müssen die Früchte entsorgt werden – ab in die Biokompostierung. Für die Ernte der späten Sorte in der kommenden Woche hofft Ritter, dass es genauso gut läuft.
Über eines ist sich Ritter völlig im Klaren. „Das Biest ist da und wir werden damit leben müssen.“ Dass sich das langfristig auf den Ertrag auswirken wird, davon sei auszugehen. Zumal der Befall jedes Jahr anders ausfallen könne. „Vorhersagen sind praktisch unmöglich.“