Seit Jahren erobert sich der Biber auch im Landkreis Rhön-Grabfeld seinen Lebensraum zurück. Es gibt praktisch kein Fließgewässer mehr, an dem er sich in den vergangenen Jahren nicht angesiedelt hätte. Doch was die Naturschützer freut, sorgt bei so manchen Bürgermeistern und Landwirten für Verdruss. Denn die geschützten Tiere stauen nicht nur ihre Reviergewässer auf, sondern nagen auch Bäume an, was zu einer Gefahr werden kann.
Fast 80 Biberreviere
Die Diskussion, wie man mit den vom Biber verursachten Problemen umgehen soll, ist in vollem Gange. Dass es nur ein Miteinander mit dem Biber geben kann und die Bejagung wirklich nur das allerletzte Mittel darstellen sollte, davon ist Michael Krämer fest überzeugt. „Wir müssen lernen, mit dem Biber zu leben“, so der Fachreferent der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Bad Neustadt, der davon ausgeht, dass sich der Biber in den kommenden Jahren noch weiter ausbreiten wird. „Die Population befindet sich immer noch in der Aufbauphase“, meint Krämer. Er weiß aktuell von 77 Revieren an den über 30 Fließgewässern im Landkreis Rhön-Grabfeld.

Wie ein verantwortungsvoller Umgang mit den fleißigen Nagern aussehen kann, demonstrierte Michael Krämer vor wenigen Tagen im Biberrevier Störaugraben bei Ipthausen. Dort traf er sich mit dem städtischen Bauhofleiter Markus Schunk, Jagdpächter Klaus Eschenbach und Grundstückseigentümer Thomas Wirsing, um eine notwendige Regulierungsmaßnahme durchzuführen. Denn der Biber hatte es binnen kurzer Zeit geschafft, durch das Bauen mehrerer Dämme die angrenzenden Wiesenflächen zu überschwemmen. Geschieht dies dauerhaft, ist dort keine vernünftige Bewirtschaftung mehr möglich.
Dämme behutsam zurücknehmen
Dass der Biber in seinem Revier die Gewässer aufstaut, hat einen einfachen Grund: Die Dämme dienen den Tieren dazu, den Wasserstand so zu regulieren, dass er schwimmend und tauchend den Eingang seiner Burg erreichen kann. „Bei einem deutlichen Absenken des Wasserspiegels am Eingang sieht der Biber die Burg und damit die ganze Familie in Gefahr und versucht entsprechend nachhaltig, dieser Gefährdung entgegenzuwirken,“ erklärt Krämer. „Deshalb ist es von großer Bedeutung, den Hauptdamm nur soweit zurückzunehmen, wie es unbedingt notwendig ist.“ Es gelte, ein Gleichgewicht zwischen den menschlichen Ansprüchen auf Nutzung der angrenzenden Wiesen und der Lebensraumnutzung des Bibers zu schaffen. „Je besser das gelingt, desto weniger Folgearbeiten sind auf beiden Seiten erforderlich.“

Michael Krämer erklärte Bauhofleiter Markus Schunk und seinem Mitarbeiter Sascha Roth nicht nur, wie man die Stauhöhe richtig einstellt, sondern hatte einen weiteren Tipp parat, wie die eingestellte Stauhöhe am Hauptdamm gesichert werden kann: Mit Weidezaunlitzen, die über das Wasser gespannt werden. „Kommt der Biber mit Baumaterial geschwommen und gerät dabei in Kontakt mit den Litzen, bekommt er einen für ihn ungefährlichen kurzen Stromschlag,“ erläuterte Krämer. „In der Regel führt das dazu, dass er sich mit der Stauhöhe zufrieden gibt und keine Reparaturversuche mehr unternimmt.“ Der Fachreferent der unteren Naturschutzbehörde betont, dass die leichten Stromschläge nicht als Maßnahme gegen den Biber zu sehen sind. „Vielmehr sind sie eine Unterstützung für ihn, ein verträgliches Gleichgewicht anzunehmen, das seine Ansprüche ebenso respektiert wie die der angrenzenden Bewirtschafter.“
Eigene Biberfachleute anstellen
Krämer ist zuversichtlich, dass es in enger Zusammenarbeit von seiner Behörde und den Bauhöfen der Kommunen mit solchen relativ behutsamen Eingriffen gelingen kann, ein relativ konfliktfreies Miteinander von Mensch und Biber zu erreichen. „Auf Dauer gesehen ist es aber sinnvoller, auf eigene Biber-Fachleute zu setzen,“ meint er. Für deren Einstellung gebe es bereits Programme. „Würde sich zum Beispiel die Allianz Fränkischer Grabfeldgau für diesen Weg entscheiden, könnte sie mit einem 85-prozentigen Zuschuss zu den Personalkosten rechnen.“