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Oberelsbach: Malen und Schreiben gegen die Einsamkeit während der Corona-Pandemie

Oberelsbach

Malen und Schreiben gegen die Einsamkeit während der Corona-Pandemie

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    Hildegard Müller aus Oberelsbach mit einem ihrer Werke zur Advents- und Weihnachtszeit.
    Hildegard Müller aus Oberelsbach mit einem ihrer Werke zur Advents- und Weihnachtszeit. Foto: Michaela Greier

    Es gibt Menschen, die können auch aus einer schweren Corona-Erkrankung viel Positives ziehen. So wie Hildegard Müller aus Oberelsbach, die während ihres 13-monatigen Aufenthalts in der Vill'schen Stiftung gemalt, gedichtet und Geschichten geschrieben hat. Besonders bemerkenswert: Die kreative Frau ist heuer 88 Jahre alt geworden und begeistert mit ihren Fähigkeiten die Senioren ihres Heimatortes an den gemeinsamen Nachmittagen.

    "Das Malen und Schreiben war mein Lebenselixier in diesen langen Monaten, denn man durfte ja überhaupt nicht besucht werden, ich war die meiste Zeit ganz allein", erinnert sich die gelernte Schneiderin schmerzlich. "Gerade wenn man immer mit der Familie zusammengelebt hat, trifft einen das besonders hart und die dazukommenden Alterserscheinungen sind noch schwerer zu ertragen."

    So habe sie sich von den Angehörigen ihre Aquarellfarben und -papier bringen lassen. Zahllose Karten, Bilder und Reime entstanden in ihrem kleinen Zimmer. Wie ihr behandelnder Arzt damals treffend feststellte: "Das war wohl die beste Therapie."

    "Das war wohl die beste Therapie."

    Der Arzt Hildegard Müllers

    Die Lebenslinie der 1934 in Geisa im Wartburgkreis geborenen und aufgewachsenen Seniorin ist nicht immer kerzengerade verlaufen. Mit gerade einmal 17 Jahren verließ sie die Heimat in der damaligen sowjetischen Besatzungszone und suchte sich in der Nähe von Frankfurt eine Arbeitsstelle. Dort lernte sie ihren künftigen Mann kennen, der sie dann Jahre später wieder mit zurück in seine Rhöner Heimat nahm. Zwei Kinder entstammen dieser Ehe. Mit Tochter Christina und deren Familie lebt Hildegard Müller nunmehr seit sechs Jahrzehnten glücklich unter einem Dach.

    Ihre Kreativität war schon in der Kindheit stark ausgeprägt, Kunst und Deutsch die Lieblingsfächer in der Schule. Das wird augenscheinlich, wenn man die mittlerweile stattliche Sammlung betrachtet. Die Geschichten sind mit gestochen sauberer Handschrift geschrieben, mit passenden Bildern liebevoll und filigran vervollständigt und zu kleinen Bändchen zusammengefasst.

    "Ich male alles aus dem Kopf."

    Hildegard Müller über ihre Inspirationen

    "Ich male alles aus dem Kopf, Blumen, Tiere, die unterschiedlichen Jahreszeiten in unserer schönen Rhön". Viel Erlebtes wurde somit aufgearbeitet, die einfache, aber auch glückliche Kindheit und Jugend auf dem Land und schließlich auch die Einsamkeit im Pflegeheim – alles findet seinen Platz in Wort und Bild der gebürtigen Thüringerin.

    In einer Weihnachtsgeschichten schreibt sie vom Schrecken durch laut knallende Tannenzapfen am Christbaum. Eine weitere handelt vom Besuch als kleines Mädchen bei Oma und Opa. Aber auch für Kinder hat die Oberelsbacherin wunderbare Büchlein verfasst. "Die Hasenfamilie" zu Ostern oder "Die Wichtel und Waldgeister" – um nur zwei Beispiele zu nennen – begeisterten die eigenen Enkel und bald auch Urenkelkind Charlotte. Am heimischen Küchentisch entstehen immer wieder neue Kreationen, fröhliche, aber durchaus auch sozialkritische.

    "Ich mache das doch in erster Linie für mich."

    Hildegard Müller über ihre Werke

    Am regelmäßig stattfindenden Oberelsbacher Seniorennachmittag trägt die quirlige Dame ihre Werke mit klarer Stimme und noch immer ohne Brille vor. "Die habe ich vor ein paar Jahren abgelegt, ohne geht es besser" schmunzelt sie. "Die Gedichte und Geschichten von unserer Hildegard sind eine echte Bereicherung", schwärmt ihre Zuhörerschar, die sich über die selbstgemachten Weihnachtskarten – jede ein Unikat – freuen durfte.

    Keinesfalls will Hildegard Müller aber als Künstlerin gesehen werden, "Ich mache das doch in erster Linie für mich. Dennoch, wenn jemand Gefallen an meinen Bildern und Geschichten findet, freut es mich doch", bemerkt sie bescheiden.

    Am Ende des Gesprächs schwingt Melancholie bei den Gedanken an die letzten Tage in der Pflegeeinrichtung mit. Dieser Zeit hat sie ein Zitat aus der Geschichte "Abschied" gewidmet. "Ich würde mir heimlich wünschen, dass die Zeit sich noch ein wenig Zeit lassen sollte."

    Jede Karte, jede Seite der Werke von Hildegard Müller ist ein Unikat, liebevoll illustriert und mit passendem Text versehen.
    Jede Karte, jede Seite der Werke von Hildegard Müller ist ein Unikat, liebevoll illustriert und mit passendem Text versehen. Foto: Michaela Greier
    Eine weihnachtliche Geschichte Hildegard Müllers mit Illustrationen.
    Eine weihnachtliche Geschichte Hildegard Müllers mit Illustrationen. Foto: Michaela Greier
    Grüße aus der Rhön auf einer Karte Hildegard Müllers.
    Grüße aus der Rhön auf einer Karte Hildegard Müllers. Foto: Michaela Greier
    Blumen zum Geburtstag, gemalt von Hildegard Müller in einer ihrer liebevoll gestalteten Karten.
    Blumen zum Geburtstag, gemalt von Hildegard Müller in einer ihrer liebevoll gestalteten Karten. Foto: Michaela Greier
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