Weiße Handschuhe gehören zur Grundausstattung eines Archivars. Erst recht, wenn es sich um so wertvolle Dokumente handelt, die Thomas Künzl im Auftrag der Stadt für eine große Ausstellung zur Verfügung stellt. Der Stadtarchivar übergab zwei wertvolle und einzigartige Listen aus der Zeit der Gegenreformation an Mitarbeiter des Instituts für Geschichte der Universität Würzburg.
Zum 400. Todestag
Am 22. Juni wird die Ausstellung „Julius Echter – der umstrittene Fürstbischof“ im Museum am Dom in Würzburg eröffnet. Zum 400. Todestag Echters sowie zum Jubiläum 500 Jahre Reformation blickt die Ausstellung durchaus kritisch auf das bis heute im fränkischen Raum sichtbare Werk des Fürstbischofs. Zu sehen sein werden in der Ausstellung auch zwei Dokumente aus den Jahren 1590 und 1591 aus dem Bad Neustädter Stadtarchiv. Und die haben es wahrlich in sich.
Einzigartige Listen
„Professor Rainer Leng vom Institut für Geschichte hält die beiden Listen für einzigartig“, so der Stadtarchivar. „Und für brisant.“ Verzeichnet sind dort nämlich die Namen und die Besitztümer all jener Personen, die zu Zeiten der Gegenreformation auf Geheiß des Fürstbischofs die Stadt Neustadt an der Saale zu verlassen hatten. Julius Echter wollte ab 1585 wieder den Katholizismus in Neustadt etablieren und schreckte, weil dies nicht so einfach zu bewerkstelligen war, auch vor groben Maßnahmen nicht zurück.
Der Fürstbischof in der Stadt
In einem Aufsatz von Günter Henneberger im Heimatjahrbuch des Landkreises aus dem Jahre 2014 heißt es (Seite 162): „Am 25. Oktober (1586) war Fürstbischof Julius selbst in der Stadt und forderte von den Bürger die konfessionelle Entscheidung. Denen, die nicht katholisch werden wollten, wurde im Allgemeinen noch eine Frist zur Besinnung gelassen; ein Jahr später aber mussten sie wegen ihrer Treue zur religiösen Überzeugung die Heimat verlassen. Es waren insgesamt etwa 90 Familien, die die drückenden Bedingungen der Auswanderung auf sich nahmen und in benachbarten protestantische Territorien oder Reichsstädte zogen.“
Lagerung im Tresor
Die im Stadtarchiv befindlichen Listen dokumentieren die Namen wie auch den abzutretenden Besitz der Vertriebenen. Solche Listen wurden aufgrund ihrer Brisanz später meist vernichtet, in Neustadt überdauerten sie die Zeit aber bis heute. „Diese Listen lagern wir im Stadtarchiv im Tresor zusammen mit den ganz wertvollen Dokumenten“, betont Künzl. Auf die Listen aufmerksam wurde Professor Leng durch eine Publikation aus dem Jahre 1873 von Theodor Regenbacher mit dem Titel „Reformation und Gegenreformation“. Dort werden die Listen erwähnt. Kurioserweise hat das Stadtarchiv dieses Buch nur in digitaler Form, Thomas Künzl sucht es derzeit händeringend in der historischen Buchform, die vom Gründer der Rhön- und Saalepost, Max Joseph Meyer, gedruckt wurde. Jetzt gehen die Listen zum ersten Mal auf Reisen. Wer die Dokumente einsehen möchte, kann dies über die Internetseite des Stadtarchivs unter www.bad-neustadt.de tun.