„Die deutsche Sprache ist für euch ganz wichtig, damit ihr zum einen versteht, was der andere sagt, und euch außerdem verständigen könnt.“ Was sonst, möchte man antworten, doch Rike Thomas, seit mehr als einem Jahr als Deutschlehrerin bei einem Integrationskurs in Bad Neustadt tätig, muss es den Frauen immer wieder sagen. Oftmals kommen die Teilnehmerinnen wohl nicht dazu, ihre Hausaufgaben zu erledigen, und auch beim Lernfortschritt hapert es immer wieder einmal. „Ich kann ein klein wenig deutsche Sprache,“ sagt eine Teilnehmerin und meint, dass zu Hause ihr Mann und die Kinder viel, viel besser Deutsch sprechen als sie. „Ich muss noch ein bisschen üben!“
Aus Syrien geflohen
So wie ihr geht es im Kurs im Lehrsaal des BRK-Kreisverbandes in Bad Neustadt einigen Frauen. Andere dagegen verstehen sofort, was die Lehrerin meint und geben auch korrekt die Antwort auf Deutsch. Oftmals sind es auch sie, die Gesagtes wieder in die Landessprache der Frauen, die aus Syrien geflohen sind, übersetzen müssen. Einige von ihnen kommen aus einem Vorgängerkurs, der in Hollstadt von Mai vergangenen Jahres bis Februar stattgefunden hat. Viele der Frauen kommen aber aus der einstigen Notunterkunft. „Da haben wir viele kennengelernt“, sagt Ute May.
40 Jahre lang lehrte sie am Rhöngymnasium Englisch und Französisch. „Jetzt versuche ich, den Frauen Deutsch beizubringen.“
Der Bad Neustädter Integrationskurs hat durchaus seine Besonderheiten. Vor allem deshalb, weil ab und zu einmal ein Baby mit im Raum ist, aber auch, weil der Kurs nur aus Frauen besteht. Rike Thomas erklärt: „Die Frauen konnten nie einen Kurs besuchen, weil sie ja durch ihre Kinder zu Hause eingespannt waren.“ So kam bei Edith Metz vom BRK Rhön-Grabfeld und den Deutschlehrerinnen die Idee auf, einen Kurs speziell für Frauen anzubieten, und zwar zu einer Tageszeit, wenn die Männer zu Hause sind. Als dann noch die Räume im BRK-Haus in Bad Neustadt durch den dortigen Helferkreis angeboten wurden, wurde die Idee in die Tat umgesetzt.
Zwischendurch seien auch einmal Männer gekommen, die den Kurs besuchen wollten. Sie wurden jedoch weggeschickt, bekamen aber den Hinweis, das es speziell für sie einen eigenen Kurs gibt, den sie gerne besuchen könnten. „Vor allem die Männer sind sehr wissbegierig“, sagen die beiden Deutschlehrerinnen, verweisen aber auch auf jene Frauen, die im Deutschen doch gut vorankommen. Mittwochs und donnerstags trifft man sich im BRK-Haus, büffelt hier dann zwei Stunden die deutsche Sprache, „damit eine Integration endlich gelingt“, sagt eine der Frauen. Ihr und allen sei das sehr wichtig.
Das Problem dieses Kurses ist es aber auch, dass viele der Frauen weder lesen noch schreiben können. „Wir müssen dann wirklich von Grund auf anfangen und zunächst das Alphabet einüben, dann mit den Schreibübungen beginnen, sagt Rike Thomas.
Analphabetismus
Viele der Frauen hätten in ihrer Heimat keine Schule besuchen können, weil in Syrien die Frauen nicht gleichberechtigt sind, sondern immer hintanstehen müssten. 20 Frauen aus dem Umkreis von Bad Neustadt kommen zweimal in der Woche zum Integrationskurs und bekommen dabei durchaus mehr mit als nur Sprackenntnisse. Ute May ist es zum Beispiel ein Anliegen, dass die Frauen auch etwas von der Politik und davon, wie es in Deutschland heute ist, mitbekommen.
Politik und Geschichte
„Ich habe zum Beispiel von der Wahl in Frankreich erzählt und wie wichtig der europäische Gedanke ist,“ sagt sie. Verschwiegen hat sie auch nicht, dass Deutschland und Frankreich lange Erzfeinde waren. Heute sind es zwei Staaten, die eng befreundet sind. Auch über Bad Neustadt erfahren die Frauen im Gespräch einiges, unter anderem von den Partnerstädten und davon, was es in der Rhön alles gibt.
Neben Ute May und Rike Thomas ist aber auch Gisela Scharnagel als Deutschlehrerin eingesetzt. Die Männer werden von Stefan Hiby unterrichtet. Die Männergruppe trifft sich jeweils um 14 Uhr, damit die Teilnehmer dann die Kinder zu Hause übernehmen. So können ihre Frauen den Kurs besuchen, erklärt Edith Metz vom BRK Rhön-Grabfeld die Organisation.
Sie ist es auch, die dafür sorgt, dass es nach dem Unterricht nicht gleich nach Hause geht, sondern man noch ein bisschen zusammensitzt, sich unterhält und „Geselligkeit pflegt, denn das ist bei solch einem Kurs auch wichtig“. Unterstützung bekam der Integrationskurs kürzlich von der „Ehrenamtlichen Sprachförderung für Asylbewerber“ (lagfa). 500 Euro wurden von dort für Lernmittel zur Verfügung gestellt. „Das haben wir sehr gut gebrauchen können und unseren Frauen die notwendigen Bücher für diesen Integrationskurs gekauft“, erklärt Rike Thomas.
Kurze Zeit später verabschieden sich die Frauen, natürlich auf Deutsch, wenn es geht.