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Nordheim: Nordheim: Die faszinierende Welt der Uhren

Nordheim

Nordheim: Die faszinierende Welt der Uhren

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    Karl-Hans Schüttler hat schon die unterschiedlichsten Uhrtypen repariert.
    Karl-Hans Schüttler hat schon die unterschiedlichsten Uhrtypen repariert. Foto: Björn Hein

    Der Weg zu Familie Schüttler in Nordheim ist eine echte Zeitreise. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Der Keller des Anwesens wurde im Jahr 1519 gebaut, das Haus erstrahlt in wunderschön hergerichtetem Fachwerk. Der Garten mitten im Hof zeugt von Geschmack und einem Händchen für Stil. Hierfür gab es sogar einen Preis für den schönsten Hofgarten in Unterfranken. Dem Besucher fällt auch gleich die Turmuhr auf, die inklusive einer kleinen Glocke in der Höhe angebracht ist.

    Das ist das Domizil von Karl-Hans Schüttler und seiner Frau. "Wir hatten uns hier die teuersten Trümmer Unterfrankens gekauft", sagt er mit dem unnachahmlichen Humor eines Rheinländers. Gebürtig sind er und seine Frau aus Wuppertal. Bei einem Urlaub in der Region haben sie sich in die Rhön verliebt. "Wir wussten, dass wir im Ruhestand hierherkommen würden", so Schüttler. Sehr viel Geld und Arbeit wurde in die Herrichtung des heruntergekommenen Anwesens investiert. "Schon als Kind wollte ich ein Fachwerkhaus mit einem steinernen Gewölbekeller haben", so der Hausherr. Diesen Wunsch hat sich das Ehepaar erfüllt, das ganze Dorf hat beim Pflastern und bei anderen Arbeiten geholfen.

    Waaguhren sind zwar ziemlich ungenau, aber sie bilden einen wichtigen Entwicklungsschritt in der Uhrmacherkunst. Dieses um 1550 entstandene, seltene Exemplar war schon in mehreren Museen ausgestellt und kommt aus Fladungen.
    Waaguhren sind zwar ziemlich ungenau, aber sie bilden einen wichtigen Entwicklungsschritt in der Uhrmacherkunst. Dieses um 1550 entstandene, seltene Exemplar war schon in mehreren Museen ausgestellt und kommt aus Fladungen. Foto: Björn Hein

    Müßiggang ist allerdings die Sache von Karl-Hans Schüttler nicht: "Ich kann einfach nicht ohne Arbeit sein, ich muss immer etwas zu tun haben". Der studierte Maschinenbauer leitete jahrelang eine große Firma für Umreifungsmaschinen. "Es war aber klar, dass ich mit 60 in den Ruhestand gehe, wenn ich mir das finanziell leisten kann", sagt er. "Ich habe das nie bereut. Ich bin jeden Tag glücklich, dass ich hier mit meiner Frau in Nordheim sein kann." Ursprünglich hat er Maschinenschlosser gelernt, die Welt der Mechanik faszinierte ihn schon immer.

    Mit einer Postuhr fing alles an

    Und natürlich auch die Welt der Uhren. Ein Hobby, dem sich Karl-Hans Schüttler mit großer Passion hingibt: "Schließlich ist eine Uhr auch nur so etwas wie eine Maschine." Natürlich eine mechanische. Denn hier unterscheidet er: "Eine Quarzuhr ist für mich nur ein Zeitmesser." Er erinnert sich noch genau an die erste Uhr, die er wieder zum Laufen brachte. Sein Onkel arbeitete damals bei der Post. Eines Tages kam dieser mit einem sogenannten Regulator zu ihm. "Eigentlich wollte man die Becker-Uhr von 1890 wegwerfen, doch ich habe sie wieder zum Laufen bekommen", so der damals 17-Jährige. "Ich liebte Uhren schon immer. Dennoch bin ich froh, dass ich damals Maschinenschlosser und nicht Uhrmacher gelernt habe", sagt er.

    In der schön eingerichteten Scheune von Karl-Hans Schüttler ist dieses wunderbare Exemplar einer Turmuhr zu sehen. Gebaut wurde sie um 1799 von der Firma Hofmann in Dörflis in Unterfranken. Durch ihr Pendel ist sie sehr genau. Sie hat maximal eine wöchentliche Abweichung von +- 30 Sekunden.
    In der schön eingerichteten Scheune von Karl-Hans Schüttler ist dieses wunderbare Exemplar einer Turmuhr zu sehen. Gebaut wurde sie um 1799 von der Firma Hofmann in Dörflis in Unterfranken. Durch ihr Pendel ist sie sehr genau. Sie hat maximal eine wöchentliche Abweichung von +- 30 Sekunden. Foto: Björn Hein

    Lange Zeit hielt ihn sein stressiger Beruf davon ab, sich tiefergehend mit Uhren zu befassen. Nach dem Eintritt in den Ruhestand musste dann das Haus in Nordheim renoviert werden, was viel Zeit verschlang. Doch 2005 arbeitete er sich immer tiefer in das Thema Uhren ein. Mittlerweile nennt er rund 300 Fachbücher zum Thema sein Eigen. "Das Studium des Maschinenbaus kam mir dabei sehr gelegen. Letztendlich ist die Uhrenmechanik Maschinenbau in extrem verkleinerter Form", sagt Schüttler. Doch allein mit Lesestoff ist es nicht getan. "Ohne Werkzeuge geht hier nichts." Diese findet er zumeist gebraucht auf großen Internet-Plattformen. Und natürlich ist er auch Mitglied in der "Deutschen Gesellschaft für Chronometrie". Hier kann er sich mit Gleichgesinnten austauschen und wertvolle Tipps für die Reparatur erhalten. Ersatzteile für diese alten Uhrenschätze zu finden ist natürlich schwer. Und so kann es passieren, dass Schüttler sich die winzigen Ersatzteile auch selbst anfertigen muss.

    Faszinierende Geschichte mechanischer Zeitmesser

    Gerne taucht er auch in die Geschichte der mechanischen Zeitmesser ein. "Generationen von Menschen haben darüber nachgedacht, wie man eine perfekte Uhr hinbekommt", so Schüttler. Die Engländer hätten sehr genaue Chronometer entwickelt, mit denen das sogenannte Längenproblem gelöst wurde. Für die Schifffahrt bedeutete dies einen Quantensprung und machte sie viel sicherer. Die besten Uhrmacher der Welt waren seiner Meinung nach die Franzosen, wobei er explizit auch den Schweizer Bereich mit einschließt. Dass Karl-Hans Schüttler beim Thema Uhr Wert auf Qualität legt, zeigt sich, wenn man auf seinen Arm blickt. Hier zeigt eine Lange1 von Lange & Söhne die richtige Zeit. Ein Blick auf die gläserne Rückseite zeigt, wie kompliziert hier winzige Rädchen ineinandergreifen. Auch als Laie ist man davon fasziniert. Dass die Uhr durchaus Gebrauchsspuren aufweist, ist Karl-Hans Schüttler dabei ziemlich egal. "Die Uhr ist ein Gebrauchsgegenstand. Sie soll mir Freude bereiten. Für die Vitrine ist sie mir zu schade", sagt er.

    Konvent-Uhren wie auf diesem Foto kamen häufig in Klöstern zum Einsatz und gaben dort die Stunden für das Gebet vor.
    Konvent-Uhren wie auf diesem Foto kamen häufig in Klöstern zum Einsatz und gaben dort die Stunden für das Gebet vor. Foto: Björn Hein

    Zahlreiche Uhren sind schon durch seine Werkstatt gegangen. Doch was fasziniert ihn so daran, Uhren, die nicht mehr funktionieren, neues Leben einzuhauchen? "Ich denke oft, wenn die Uhr, die ich repariert habe, wieder läuft: 'Du hast so lange im Staub gelegen, jetzt arbeitest du wieder'", sagt Schüttler. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, ob er jetzt einer großen Turmuhr oder einer kleinen Armbanduhr neues Leben einhaucht. Vor wenigen Wochen reparierte er beispielsweise das kleinste Uhrwerk, das je gebaut wurde. Bei einer Größe von 16x5,5 Millimeter erforderte dies neben viel Fachwissen eine sehr ruhige Hand. Im Kontrast dazu stand das größte Uhrwerk, das er wieder zum Laufen brauchte: Eine Turmuhr aus Gersfeld, 3 Meter lang, 1,5 Meter hoch und 1 Meter tief. Dabei kam ihm zugute, dass er in seiner Jugend auch Schmied gelernt hat. "Mich freut es, wenn eine Uhr komplex ist und man sich erst einfuchsen muss. Das macht mir eigentlich am meisten Spaß", sagt er.

    Unglaubliche Leistung der Uhrmacher aus vergangenen Epochen

    Durch die Arbeit an den Uhren kann sich Karl-Hans Schüttler mit eigenen Augen davon überzeugen, welch riesige Leistung die Uhrmacher aus den vergangenen Epochen erbracht haben. Um 1900 sind bereits Präzisionspendeluhren gebaut worden, welche nur eine Sekunde Abweichung im Monat hatten. "Heute hat man ganz andere Werkzeuge, um diese zu produzieren. Aber so eine Präzision mit den damaligen Materialien hinzubekommen ist schon enorm."

    Heidelberg, du Feine. Diese besondere Bilderuhr stellt das romantische Heidelberg mit seinem berühmten Schloss vor der Zerstörung durch die Franzosen dar. Die Bilderuhr ist ein mechanisches Meisterwerk.
    Heidelberg, du Feine. Diese besondere Bilderuhr stellt das romantische Heidelberg mit seinem berühmten Schloss vor der Zerstörung durch die Franzosen dar. Die Bilderuhr ist ein mechanisches Meisterwerk. Foto: Björn Hein

    Ein Rundgang durch das Haus der Schüttlers in Nordheim lässt nicht nur das Herz eines jeden Uhrenliebhabers höherschlagen. Die Bilderuhr, die eine Ansicht von Heidelberg vor der Zerstörung durch die Franzosen zeigt, ist nicht nur hochkomplex, mit ihrer Spielwalze, welche 8000 Nadeln besitzt, werden zwölf Melodien gespielt. Rund 300 Arbeitsstunden hat es bedurft, bis diese Uhr wieder ihre unnachahmlichen Lieder spielte. Auch alte Waaguhren sind hier zu sehen, die zwar im Vergleich recht ungenau sind, aber die Entwicklung im Uhrenbereich sehr schön zeigen.

    Sternen- und Mondlauf auf dem Zifferblatt

    Zurzeit arbeitet Karl-Hans Schüttler an einer astronomischen Uhr von 1720, die auch den Sternen- und den Mondlauf zeigt. Über hundert Stunden hat er in sie schon investiert. Zahlreiche Anfragen von Uhrenliebhabern zur Restaurierung ihrer tickenden Schätzchen hat er, er kann bei weitem nicht alle reparieren. "Außerdem mache ich es, weil es mir Freude macht. Geld verdiene ich damit keines", so Schüttler.

    Auch mechanische Armbanduhren werden unter den kundigen Händen von Karl-Hans Schüttler zu neuem Leben erweckt. Hier eine Uhr aus Glashütte, die Ende der 1950er Jahre produziert wurde.
    Auch mechanische Armbanduhren werden unter den kundigen Händen von Karl-Hans Schüttler zu neuem Leben erweckt. Hier eine Uhr aus Glashütte, die Ende der 1950er Jahre produziert wurde. Foto: Björn Hein

    Geduld, Geduld und noch einmal Geduld braucht es, bis eine Uhr fertig ist. "Dabei ist mein Mann eigentlich sehr ungeduldig", sagt seine Frau mit einem Schmunzeln. Doch wenn es um Uhren geht, hat ihr Mann eine engelsgleiche Geduld. Bei ihr zeigt sich auch ein großer Kontrast, prangt an ihrem Arm doch ein hochmodernes Exemplar eines Zeitmessers mit dem Apfel-Symbol. Ihr Mann findet allerdings, dass dies keine richtige Uhr ist. Denn nur mechanisches ist für ihn wahres. Der 77-Jährige wird auf jeden Fall auch in Zukunft mit viel Freude seinem Hobby nachgehen. Und es ist auch einfach schön, wenn man in eine Werkstatt kommt, in der die Uhren ruhig vor sich hinticken. Das beruhigt.

    Eine Turmuhr im Hof darf bei einem Uhrmacher natürlich nicht fehlen.
    Eine Turmuhr im Hof darf bei einem Uhrmacher natürlich nicht fehlen. Foto: Björn Hein
    Auch wunderschön verzierte Tischuhren hat der Hobbyuhrmacher schon repariert.
    Auch wunderschön verzierte Tischuhren hat der Hobbyuhrmacher schon repariert. Foto: Björn Hein
    Auch eigene Uhren hat der Hobbyuhrmacher schon gebaut, wie dieses Exemplar, das in seinen Formen ein wenig an den Bauhaus-Stil erinnert.
    Auch eigene Uhren hat der Hobbyuhrmacher schon gebaut, wie dieses Exemplar, das in seinen Formen ein wenig an den Bauhaus-Stil erinnert. Foto: Björn Hein
    Ersatzteile fertigt Karl-Hans Schüttler an seiner Werkbank selbst. Die Teile sind winzig, sodass dies viel Geduld benötigt.
    Ersatzteile fertigt Karl-Hans Schüttler an seiner Werkbank selbst. Die Teile sind winzig, sodass dies viel Geduld benötigt. Foto: Björn Hein
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