Anfang Oktober 2011 veranlasste eine Großübung im Raum Bad Neustadt noch so manche Bürgerinnen und Bürger zum Kopfschütteln. Da wurden Straßen abgesperrt, Polizeibeamte regelten den Verkehr, hatten Handschuhe an und eine Schutzmaske über Nase und Mund. Ebenso die Feuerwehrleute und weiter Helfer. Rettungskräfte des BRK-Kreisverbandes Rhön-Grabfeld sah man gar in speziellen Infektionsschutzanzügen. Die damalige Großübung befasste sich mit dem Thema Pandemie. Kaum einer konnte damals etwas mit diesem Begriff anfangen und sich schon gar nicht vorstellen, dass uns neun Jahre später eine Pandemie treffen würde.
Übungsszenario Pandemie
Bei der Übung, die sowohl im Stadtbereich, in einer Apotheke und einer Druckerei oder am Schulgelände in Bad Neustadt stattfand, sah man jede Menge Fernsehkameras. Thomas Hies, bekannter Produzent, Autor und Regisseur zahlreicher Dokumentationen aus Wissenschaft, Zeitgeschehen und Zeitgeschichte wollte so aufzeigen, was in Deutschland passiert, wenn es wirklich einmal zu einer Pandemie kommen sollte. Damals ahnte er nicht, dass solch ein Thema heute die ganze Welt in Atem hält. Angesprochen auf den Klinikstandort Bad Neustadt sagte der Regisseur damals: "Hier ist eine tolle Organisation all derer, die sich mit der öffentlichen Gesundheit beschäftigen. Ich glaube hier geht alles eine oder gar zwei Minuten schneller als wo anders."

Es ging damals darum aufzuzeigen, welche Aufgaben in solch einem Ernstfall auf die Hilfskräfte zukommen. Man stellte auch nach, wie es in solch einem Fall im Zivilleben zugeht, was passiert, wenn zum Beispiel das Krankenhaus überfüllt ist. In der Grundschule war eine Impfstation eingerichtet. Hier wurden die "Betroffenen" gesichtet und über deren weitere Behandlung entschieden. Für die Kameras wurde auch die Aufregung der Menschen in einer Apotheke am Marktplatz in Bad Neustadt dargestellt.
An Hamsterkäufe dachte damals niemand
Was man damals nicht mit einbezog, waren Supermärkte und Geschäfte und Hamsterkäufe. Schon damals sprachen Martin Ibrom von der BRK-Landesgeschäftsstelle aus München und Heinrich Heiny vom BRK-Bezirksverband Unterfranken von Erregern, die teils immer aggressiver werden, so dass ein größerer Schadensfall durchaus einmal eintreten könnte "und dann sollten wir gerüstet sein".
Organisator der Großübung 2011 war Uwe Kippnich, der heute sagt, dass man damals ganz und gar nicht an einen Ernstfall mit den heutigen Auswirkungen auf der gesamten Welt gedacht habe. Aktuell helfen ihm seine Erfahrungen als langjähriges Mitglied im Krisenstab des Bayerischen Roten Kreuz.
130 Helfer mit 35 Fahrzeugen im Einsatz
130 Helfer mit 35 Fahrzeugen waren bei der Übung im Einsatz und es war, wie Uwe Kippnich vom BRK Rhön-Grabfeld damals sagte, ein "Super-Lernerfolg und ein klasse Training für alle beteiligten Einsatzkräfte auf sehr hohem Niveau zum Schutz unserer Bevölkerung". Zur Anwendung in Bad Neustadt kam damals übrigens der internationale Pandemieplan. Wichtig war es damals, Erfahrungen zu sammeln und zu wissen, was auf die Hilfskräfte zukommt, wie man sehr frühzeitig reagiert und welche Möglichkeiten schnellstens umgesetzt werden können.
"Die Pandemie-Übung von damals hat schon erstaunliche Parallelen zum aktuellen Fall. Nachdem nun aber Bayerns Ministerpräsident den bayernweiten Katastrophenfall ausgerufen hat, bekommt die Realität natürlich ganz andere Dimensionen."
Alexander Klamt, Katastrophenschutzbeauftragter des BRK-Kreisverbandes Rhön-Grabfeld
Und darauf kann man heute aufbauen, bestätigt nun auf Anfrage Alexander Klamt, Katastrophenschutzbeauftragter des BRK-Kreisverbandes Rhön-Grabfeld: "Die Pandemie-Übung von damals hat schon erstaunliche Parallelen zum aktuellen Fall. Nachdem nun aber Bayerns Ministerpräsident den bayernweiten Katastrophenfall ausgerufen hat, bekommt die Realität natürlich ganz andere Dimensionen."

Um auf eine weitere Verbreitung des neuartigen Corona-Virus "SARS-CoV-2" im Landkreis Rhön-Grabfeld vorbereitet zu sein, haben sich die betroffenen Akteure der örtlichen Gesundheitsinstitutionen erstmalig bereits am 2. März getroffen, um erste Informationen auszutauschen (wir berichteten). Aufgrund der Dynamik der Lage trifft sich dieser Krisenstab im Landratsamt nun regelmäßig, um durch abgestimmte Maßnahmen auch weiterhin die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung auch bei zunehmenden Krankheitszahlen sicher zu stellen.
BRK hat einen Stabsraum eingerichtet
Aktuell überschlagen sich natürlich die Ereignisse. Ende letzter Woche wurde vom BRK-Krisenstab in München offiziell der "Krisenfall" ausgerufen. Das BRK Rhön-Grabfeld hat bereits am Wochenende einen Stabsraum eingerichtet, der in enger Abstimmung mit dem Bezirks- und Landesverband sowie der Kreisverwaltungsbehörde zusammenarbeitet. "Für uns gibt es aktuell noch keinen konkreten Einsatzauftrag und alle Bereiche im Kreisverband laufen kontrolliert und im regulären Dienstbetrieb", sagt Alexander Klamt. Für die Einheiten der Bereitschaften gilt weiterhin Alarmstufe 1. Das bedeutet, Material zu prüfen und die reguläre Einsatzbereitschaft aufrechtzuerhalten. Zu achten ist auch auf die Durchhaltefähigkeit, da der Einsatz länger andauern kann. Sowohl Rettungsdienstleiter und stellvertretender Kreisgeschäftsführer Heiko Stäblein als auch Kreisgeschäftsführer Ralf Baumeister sehen sich gut gerüstet für die kommenden Aufgaben.
