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Bad Neustadt: Welche Folgen hat das neue Schweinefleisch Qualitätssiegel für Züchter der Region?

Bad Neustadt

Welche Folgen hat das neue Schweinefleisch Qualitätssiegel für Züchter der Region?

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    Die "Stroh-Schweine" von Arnold Lurz besitzen schon einen höheren Qualitätsstandart, weshalb der Landwirt die Pläne des Landwirtschaftsministers im Gegensatz zu Berufskollegen für gut heißt.
    Die "Stroh-Schweine" von Arnold Lurz besitzen schon einen höheren Qualitätsstandart, weshalb der Landwirt die Pläne des Landwirtschaftsministers im Gegensatz zu Berufskollegen für gut heißt. Foto: Eckhard Heise

    Die Pläne des Landwirtschaftsministers zur Einführung eines fünfstufigen Qualitätssiegels für Schweinefleisch hat ganz unterschiedliche Reaktionen erzeugt. Wir erkundigten uns bei betroffenen Haltern nach deren Meinung zu dem Vorhaben und hörten gegensätzliche Standpunkte.

    Landwirt müsste 200.000 Euro in einen Stallumbau investieren

    Bei BBV-Kreisobmann Mathias Klöffel kommt das Vorhaben überhaupt nicht gut an. "Bei mir ist es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – zum Ende des Monats verlässt das letzte Schwein den Stall". Und er sei nicht der einzige im Landkreis, der die Schweinehaltung aufgibt. Der Fleischbedarf im Landkreis sei ohnehin nur etwa zu 70 Prozent von Landwirten aus Rhön und Grabfeld gedeckt, jetzt sinke die Quote noch weiter. "Dann muss halt noch mehr aus Spanien importiert werden", stellt er resigniert fest.

    Schon in den letzten vergangenen Jahren konnten die Erlöse gerade einmal die Kosten decken. Da sich das von Özdemir vorgeschlagene Label am Tierwohl und -haltung orientiert, müsste er 200.000 Euro in einen Stallumbau investieren, um in eine höhere Qualitätsstufe zu gelangen - ohne zu wissen, ob er tatsächlich danach höhere Preise erzielen kann. Derzeit greife die Kundschaft aufgrund der allgemeinen Situation und Preissteigerung wieder mehr auf Billigprodukte zurück.

    "Eine Million Euro stehen jetzt ungenutzt da."

    Dem Vorhaben fehle nach Ansicht Klöffels ein Gesamtkonzept. Die geplanten staatlichen Investitionshilfen würden bei Weitem nicht ausreichen. Das Vorhaben bringe lediglich die kleinen Betriebe in Bedrängnis und verlagere die Produktion ins Ausland. Der Verbraucher wird am Ende nicht mehr nachvollziehen können, woher seine Ware stammt.

    Norbert Kleinhenz hat bereits kapituliert, weil die Preise bei ihm nicht mehr die Betriebskosten gedeckt haben, wie der Landwirt aus Brendlorenzen beteuert. Es tue ihm im Herzen weh, den Stall in dem sonst 1000 Schweine untergebracht waren, leer stehen zu sehen. "Eine Million Euro stehen jetzt ungenutzt da", bedauert der 64-Jährige. Da er bald im Rentenalter ist, sehe er nicht ein, noch einmal Geld in einen Umbau zu stecken, zumal er keine Perspektive sehe und einem Nachfolger guten Gewissens auch keine Aussichten auf Besserung machen könne.

    Er sei "schwer enttäuscht von der Politik", die einmal mehr die kleinen Betriebe vernachlässige. Schon jetzt sei im Landkreise die Produktion von mehreren 100.000 Kilogramm Schweinefleisch pro Jahr verloren gegangen. Dieser Trend wird sich fortsetzen.

    In die Haltung von "Stroh-Schweinen" eingestiegen

    Eine ganz andere Ansicht vertritt Arnold Lurz aus Großeibstadt. Er ist 2017 in die Haltung von "Stroh-Schweinen" eingestiegen, hat einen besonders tierfreundlichen Stall mit Auslaufbereich gebaut und fährt nach eigenen Worten ganz ausgezeichnet mit dieser Entscheidung. Mit dem "Premium-Status" besitze er die höchste Qualitätsstufe der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, zumal er nahezu an Bioqualität heranreiche. Mit der neuen Einteilung würde er etwa in Stufe drei bis vier rangieren.

    "Ich begrüße das Vorhaben ausdrücklich". Das staatliche Siegel stütze sich auf objektive Kriterien für die Tierhaltung, die auch nachvollziehbar seien und damit Klarheit bieten. Der Schweinehalter habe so etwas wie einen "Führerschein" in der Hand, mit dem er seine Produktionsbedingungen nachweisen kann.

    Für ihn würde sich somit nichts ändern und er müsste keine Investitionen vornehmen, da seine 180 Mastplätze schon Auslauf für die Tiere bieten. Er verkaufe ohnehin nur an zwei Abnehmer in der Region, die die hohe Qualität seiner Duroc-Schweine zu schätzen wissen – und entsprechend bereit seien, mehr als den üblichen Marktpreis zu zahlen.

    Die "Stroh-Schweine" von Arnold Lurz besitzen schon einen höheren Qualitätsstandart, weshalb der Landwirt die Pläne des Landwirtschaftsministers im Gegensatz zu Berufskollegen für gut heißt.
    Die "Stroh-Schweine" von Arnold Lurz besitzen schon einen höheren Qualitätsstandart, weshalb der Landwirt die Pläne des Landwirtschaftsministers im Gegensatz zu Berufskollegen für gut heißt. Foto: Eckhard Heise

    ""Ein Kilogramm Schweinefleisch kostet so viel wie eine Kugel Eis."

    Thomas Borst hat für das Vorhaben nur ein Kopfschütteln übrig. Der Rheinfeldshöfer Landwirt hat erst vor zwölf Jahren einen neuen Stall für etwa 900 Tiere gebaut und sich dabei ganz am gültigen Qualitätsstandart des "Tierwohl" Labels orientiert. Um jetzt in eine höhere Stufe zu gelangen, müsste er erneut investieren und das ohne Garantie, dass sich die Investition auch rentiert.

    Der Preisdruck sei ohnehin enorm. Es habe geheißen, dass kleinere Betriebe entlastet werden sollten, tatsächlich werden sie aber zum Beispiel bei Investitionen mit höheren Mehrwertsteuersätzen belegt. Hinzu komme eine zeitaufwendige Dokumentationspflicht und ständig wechselnde Auflagen. Die aktuell höheren Preise im Handel kommen jedoch beim Erzeuger nicht an. "Ein Kilogramm Schweinefleisch kostet so viel wie eine Kugel Eis", stellt Borst verbittert fest.

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