Als einen kulturellen Schatz, nicht nur für die Stadt Bad Neustadt sondern für den gesamten Landkreis Rhön-Grabfeld, bezeichnet Bürgermeister Michael Werner die Karmelitenkirche. Sie ist direkt an das heutige Rathaus angebaut und städtisches Eigentum. Während Diözesen Kirchen verkaufen, steht dies für Bad Neustadts Stadtoberhaupt nicht zur Debatte. Die Kirche, im Jahr 1703 fertiggestellt, nennt er auch eine Erinnerung an den einstigen Karmelitenorden. Vor 300 Jahren wurde die Orgel gebaut. Das Vorgängerinstrument steht heute in der Kirche von Kleinbardorf. Erst seit 1973 kennt man den Erbauer, nachdem sich in der Windlade eine handschriftliche Widmung fand. Dort heißt es unter anderem: Johann Ignatius Samuel Will, Orgelmacher in Würzburg Anno 1722 hat diese Orgel gebaut. Bis dahin hatte man vermutet, dass ein Johann Philipp Seuffert Erbauer der Neustädter Schleifladenorgel ist.
Heute führt das Instrument fast einen Dornröschendasein
Heute führt das Instrument fast einen Dornröschendasein und wird lediglich im Juli und August von Kirchenmusikdirektorin Karin Riegler und ihrem Mann Thomas "zum Leben erweckt." Dann erklingt die "Königin der Instrumente" jeden Samstag um 11 Uhr für eine halbe Stunde. Warum die Orgel nach 300 Jahren immer noch einwandfrei bespielbar ist, führt Thomas Riegler darauf zurück, dass die Kirche den normalen Temperaturschwankungen unterworfen ist und nie beheizt wurde. Für die Organisten ist das Orgelspiel oft eine Herausforderung. "Man muss schon kräftig in die Tasten greifen, und außerdem hat sie einen begrenzten Tastenumfang, sodass man nicht alles darauf spielen kann." Aber die Orgel hat einen ganz besonderen Klang, fügt Kirchenmusikdirektorin Karin Riegler an. Außerdem habe der Kirchenraum eine hervorragende Akustik. Das bezeugen die Orgelkonzerte. Diese besucht auch Bürgermeister Michael Werner immer wieder, auch wenn er selbst das Orgelspiel nicht gelernt hat. Ganz anders war das bei seinem Vor-Vorgänger Paul Goebels (1971 bis 1984 Bürgermeister), der oftmals in der Mittagspause als Entspannung auf der Orgelbank saß.

Geschichte der Orgel
Zur Geschichte der Orgel: Sie wurde 1722 von dem damaligen Karmelitenprovinzial Pater Columban aus Neustadt an der Saale gestiftet. Auffallend ist sowohl das Orgelprospekt aber auch, dass sogar die Rückseite mit barocker Ornamentmalerei versehen ist. Die Orgel gilt heute in Fachkreisen als musikalisches Kleinod erster Güte. In einem Kirchenheft heißt es dazu, dass ihre Registratur mit mächtigem Baß und fein abgewogener Gesamtstimmung ihr den zeittypischen Klangcharakter verleiht. Aus der Erbauerzeit stammen noch Gehäuse, Windladen, Spiel- und Pfeifenwerk. Die Orgel wird von der Rückseite her gespielt, was bedeutete, dass der Organist nur durch ein kleines Fenster einen Blick auf den Altar hatte, um sich am Verlauf der Messfeier zu orientieren. Interessant ist die Sitzbank, die in den Notenschrank eingearbeitet ist. Thomas Riegler zeigt auf das ebenfalls eingearbeitete Notenpult, ein Hinweis darauf, dass die große Orgelempore einst als "Mönchschor" diente. Hier versammelten sich die Mönche des Karmelitenordens zum Stundengebet. Im Kirchenschiff nahmen die Gottesdienstbesucher Platz.
Unterhaltskosten zwischen 2000 und 3000 Euro pro Jahr
Gerade aufgrund dieser Historie ist es Bürgermeister Michael Werner wichtig, die stadteigene Kirche zu erhalten. Pro Jahr fallen Unterhaltskosten zwischen 2000 und 3000 Euro an. Die letzte größere Maßnahme war die Außensanierung, die rund 300.000 Euro beanspruchte. 2019 wurde die Orgel grundlegend saniert, und zwar mit einem Kostenaufwand von 5500 Euro. "Aber das ist uns diese Kirche mit ihren zahlreichen Kunstwerken und ihrer jahrhundertealten Geschichte wert." 300 Jahre Orgel Karmelitenkirche wurde denn auch vor wenigen Wochen mit einem Orgelkonzert festlich begangen.