Das Pflegeübungszentrum (PÜZ) in Mellrichstadt ist ein Ort, an dem Pflege gelernt werden kann. Das Modellprojekt der Caritas, das am 29. April 2019 eröffnet worden ist, soll Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen helfen, mit der Pflegesituation umzugehen. Sie können sich für bis zu drei Wochen dort einmieten, Hilfsmittel kennenlernen und sich schulen lassen. Dabei können sie herausfinden, ob sie mit der Pflegesituation zu Hause zurechtkommen werden.
Angehörige pflegen am Besten
Ganz unterschiedliche Leute seien im vergangenen Jahr im PÜZ gewesen, sagt Ulli Feder, die das Übungszentrum leidet. Pflegebedürftige mit ihren Angehörigen – seien es Ehepaare oder Elternteile mit ihren Kindern – seien ebenso dort gewesen wie Pflegebedürftige allein, "die einfach nur Hilfe zur Selbsthilfe möchten". Letzteren gehe es darum, möglichst lange selbstständig zu sein.
Für Angehörige wiederum sei es in dieser Zeit auch wichtig zu lernen, sich Auszeiten zu nehmen, sagt Andrea Ebert. Sie arbeitet beim PÜZ an der Seite von Feder. Grundsätzlich sei es gut, wenn Angehörige die Pflege übernehmen, da sie die Pflegebedürftigen genau kennen: "Der eigene Angehörige macht es immer am Besten", sagt Feder.
Sie ist begeistert, wie viel Erfolg sich in einer Pflegesituation oft mit Kleinigkeiten erreichen lasse. Beim PÜZ bekomme man viele verschiedene Geschichten mit und sei ganz nah am Menschen.
Bis zu fünf Schulungen werden finanziert
Schwieriger wird es bei der Finanzierung von Schulungen: Weil das PÜZ ein Modellprojekt ist, muss mit den Pflegekassen ausgehandelt werden, welche Kosten sie übernehmen. Bis Ende Mai läuft der bisherige Rahmenvertrag mit der AOK, an dem sich die anderen Pflegekassen in der Regel orientieren. Darin ist geregelt, dass die Kosten von drei Schulungen übernommen werden, erklärt Feder. Zwei weitere Schulungen können beantragt werden.
Kürzlich habe es ein Gespräch mit der AOK gegeben, in dem es um die weitere Finanzierung gegangen sei, erzählt Feder. Mit dabei gewesen seien unter anderem Barbara Stamm und Thomas Habermann, der Landrat von Rhön-Grabfeld.
"Jetzt ging's eben darum, dass wir mehr Flexibilität möchten", sagt Feder. Manche brauchen im PÜZ nur eine Schulung, bei anderen reichen fünf Schulungen nicht aus – das komme ganz auf die jeweiligen Menschen und ihre persönliche Situation an.
Außerdem: Wenn Pflegebedürftige alleine im PÜZ sind oder ohne ihre Angehörigen an einer Schulung teilnehmen, ist die Finanzierung durch die Kassen nicht abgedeckt. 2019 habe es 47 Schulungen gegeben, "davon wurden zwölf von den Pflegekassen bezahlt", so Feder. Die Schulungen ohne Angehörige könne sie nicht abrechnen. Das PÜZ bleibe auf den Kosten sitzen, sagt sie.
"Es ist nicht an den Pflegebedürftigen selbst gedacht worden".
Ulli Feder, Leiterin des Pflegeübungszentrums in Mellrichstadt
Schulungen nur mit den Pflegebedürftigen geben den Angehörigen Zeit, sich eine Auszeit zu nehmen. Sie müssen nicht immer dabei sein: "Die haben versucht, einfach mal zu schnaufen", so Feder.
Sieben PÜZ-Belegungen im vergangenen Jahr
Obwohl bereits im April eröffnet, erfolgte die erste Belegung erst im Juli 2019. In der Zeit dazwischen habe es viele Besichtigungen gegeben - von Ärzten, Sozialdiensten und Seniorenkreisen.
Letztlich seien 2019 vier Pflegebedürftige ohne und drei mit Angehörigen im PÜZ gewesen. Sieben Belegungen hören sich nicht viel an, man müsse aber bedenken, dass das PÜZ noch bekannt werden müsse und die Leute jeweils eine Weile da seien, sagt Feder. Im Schnitt seien sie 19 Tage geblieben. "Für den Anfang fanden wir das echt gut", sagt sie.

2020 habe es bisher fünf Belegungen gegeben – darunter eine Person ohne Angehörige. Zwei der bisher Übenden haben während ihres Aufenthalts im PÜZ gemerkt, dass die Entscheidung für ein Pflegeheim für sie die bessere Lösung ist, sagt Feder. Wegen des Coronavirus war das PÜZ seit Ende März geschlossen. Am Montag, 11. Mai, soll der Betrieb wieder aufgenommen werden.