Das Paradies hat eine Adresse: Sie lautet Rhönstraße 8 in der Marktgemeinde Saal. Es ist ein Gartenparadies, wie nur selten eines die Augen verzückt. Hunderte weiße Rosenblüten der Sorte Lykkefund bringen den mehr als mannshohen Rosenstrauch zum Leuchten, lila Glockenblumen setzen hie und da Farbtupfer. Aus einem Meer von Grashalmen erheben sich die alten, knorrigen Obstbäume. Und wo Vögel zwitschern, Libellen surren und Bienen summen, da darf auch ein sonores Quaken der Frösche nicht fehlen.
Fernweh kommt erst gar nicht auf
Ein blühendes und wucherndes Paradies wie das in Saal lässt Fernweh erst gar nicht aufkommen. "Urlaub machen wir eigentlich nie. Wir machen es uns in unserem Garten schön, das genügt uns vollauf", sagt Cornelia Dahinten. Die Bürgermeisterin von Saal hat sich mit ihrem Mann Ewald ein farbenfrohes Reich geschaffen, das einzigartig ist. Und es ist mittlerweile groß, sehr groß. Mit 6000 Quadratmetern hat es beinahe die Fläche eines Fußballfeldes.
Von Heute auf Morgen erschafft man ein solches Gartenkunstwerk nicht. "1986 haben wir das Anwesen der Großeltern meines Mannes übernommen. Es hatte einen Nutzgarten und ein paar Obstbäume", erzählt Cornelia Dahinten. Der Nutzgarten wurde verkleinert, in erster Linie war das Gelände in den ersten Jahren Spielgarten für die Kinder Vera, Simon und Laura.

Als die Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, das war vor rund 20 Jahren, begann die besondere Leidenschaft zu lodern. "Die Gartenleidenschaft ist ein ansteckendes Virus, das nicht mehr verschwindet", lacht Cornelia Dahinten. Die Leidenschaft liegt aber auch in den Erbanlagen. "Meine Großtante in Kleineibstadt hat mich immer inspiriert und mir viele Tipps gegeben", sagt Cornelia Dahinten.
So natürlich wie möglich ist die Devise
Der lehmige, steinige Boden war eine Herausforderung zu Beginn. Aber das Ehepaar Dahinten hatte von Anfang an das Konzept eines naturnahen Gartens im Kopf. "Das Leben ist ein Kreis, also ist auch der Garten ein Kreis", sagt Cornelia Dahinten. Von Beginn an wurden die Gartenabfälle kompostiert und im nächsten Jahr wiederverwendet. So wurde Jahr um Jahr der Boden verbessert.

Naturnaher Garten: Das bedeutet auch, dass man bei den Dahintens nicht mit Rasenmäher-Lärm rechnen muss. "Das Gras darf bei uns bis auf ein paar Pfade wachsen. Und wenn, dann kommt nur der handbetriebene Spindelmäher zum Einsatz", betont die Bürgermeisterin. So bleiben ganze Blüh-Inseln erhalten, aus denen Margeriten spitzen oder Glockenblumen. Und in einer Ecke des Gartens arbeitet der Komposthaufen vor sich hin für guten Boden im nächsten Jahr. "Den Grünabfallplatz kenne ich nur dienstlich", lacht die Bürgermeisterin.

Selbst der Heckenschnitt wird gehäckselt. Der ruht ein halbes Jahr, ehe er ebenfalls auf dem Kompost landet. "Sonst entzieht das Schnittgut dem Kompost zu viel Stickstoff", weiß Ehemann Ewald. Er teilt die Leidenschaft für das naturnahe Gärtnern. "Trinkwasser müssen wir nicht gießen. Wir nehmen das Gießwasser aus unserer 12.000-Liter-Zisterne", erklärt Ewald Dahinten. Wassersparen ist dem Ehepaar im wasserarmen Grabfeld besonders wichtig. "Eine dichte Bepflanzung schützt den Boden vor dem Austrocknen und erhält die Feuchtigkeit", weiß Cornelia Dahinten.

Die Natur darf ihren Weg gehen im Garten der Familie Dahinten. Um den abgestorbenen Kirschbaum-Torso ranken sich die Rosengewächse, die Disteln ragen mannshoch in die Höhe, auf dem Schuppen klettern Weinreben und anderswo der Hopfen. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Ein kreisartiges Beet ist nach Goethes Farbenlehre gestaltet mit Blütenfarben, die sich komplementär gegenüberstehen. "Ich bin gelernte Friseurin und hatte noch Farbenlehre in der Ausbildung. Im Leipziger Botanischen Garten hatte ich die Anregung dafür", erklärt die Garten-Freundin, der die Ideen so schnell nicht ausgehen werden.
Ein Biotop auf einem alten Firmengelände
Auch der Platz müsste erstmal ausreichen für die weitere Entfaltung. 2018 hat das Ehepaar nämlich ein Nachbargrundstück erworben, ein verlassenes Betriebsgelände unterhalb des ursprünglichen Anwesens. Der obere Teil ist ein Waldstück. Ob Buche, Eiche oder Eibe: Jede Art hat ihr eigenes erklärendes Schild. Drüben summen die Bienen am Bienenhaus. An einem verfallenen Betriebsgebäude führen eine Beton- und eine Stahltreppe in den unteren Bereich.

Betonflächen sind letzte, graue Spuren der Geschichte. Ansonsten aber holt sich die Natur ihr Land zurück - mit tatkräftiger Hilfe von Cornelia und Ewald Dahinten. An den Betonrändern und am Gabionen-Zaun machen sich der Hauswurz, Fetthenne und Teppichphlox breit.
Schnell finden die Augen die Seerosen im Naturteich. "Wir haben den Bereich mit eineinhalb Meter mit Erdaushub aus einem Neubaugebiet aufgefüllt", erzählt Cornelia Dahinten. Für beide Seiten eine Win-win-Situation. Wo einst Beton war, erstreckt sich seit 2021 ein Blüten- und Pflanzenmeer mitsamt einem Teich, in dem die Frösche quaken. Zum Gewässer gehört ein Gartenhaus als stiller Rückzugsort für die Buchlektüre oder einen Kaffee.
Wenn man die Betontreppe wieder nach oben geht, überrascht einen ein Regenbogen von Farben, die an die Treppenstufen gemalt sind, dazu Worte wie "Bescheidenheit" oder "Standhaftigkeit". An vielen Stellen des Gartens sind persönliche Weisheiten von Cornelia Dahinten versteckt. "Ein kleines Labyrinth führt zur Ruhebank. Man kann den Weg direkt gehen, oder auf etwas verschlungenen Pfaden", sagt die Hobby-Gärtnerin vieldeutig.
Fast so groß wie ein EM-Fußballfeld
6000 Quadratmeter umfasst das grüne Reich der Dahintens, das ist beinahe ein EM-Fußballfeld. "Im Sommer verbringen wir natürlich viele Stunden im Garten, im Winter wird ausgeruht", schmunzelt Cornelia Dahinten. Ehemann Ewald ist seit wenigen Jahren in Rente und werkelt mit viel Tatkraft mit. In Dänemark haben sie ein gebrauchtes Militärfahrzeug erstanden, das ideale Arbeitsgerät für das große Areal.

Ansonsten ist viel Handarbeit angesagt, um dieses Grabfelder Garten-Wunder zu gestalten: mit dem spät blühenden Alant, den Totholzzäunen, den Pfingstrosen aus dem Bestand der Mutter, Buchsbaum-Hecken oder den alten Torbögen, die sie in Sachsen gefunden haben. Der Garten ist das große Glück der Beiden. Er macht ihnen ein großes Geschenk in dieser hektischen, digitalisierten Welt. Darum sagt Cornelia Dahinten: "Wenn man in der Erde wühlt, dann bleibt man geerdet."
Der zertifizierte Naturgarten der Familie Dahinten steht am Sonntag, 23. Juni, für Besucherinnen und Besucher offen. Es finden dazu zwei Führungen um 10.30 Uhr beziehungsweise 14 Uhr statt. Treffpunkt ist die Rhönstraße 8 in 97633 Saal. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Die Familie Dahinten ist der einzige Teilnehmer beim Tag der offenen Gartentür im Landkreis.
Die Garten-Tipps von Cornelia und Ewald DahintenDas Ehepaar Dahinten legt Wert auf naturnahes Gärtnern. Dabei haben sie auch Tipps, wie man ganz einfach naturfreundlich handelt:
- Zum Gießen am besten nur Regen- oder Zisternenwasser verwenden
- Einmal die Woche intensiv gießen, etwa 10 Liter pro Quadratmeter
- Eine dichte Bepflanzung schützt den Boden vor Austrocknung
- Dünger am besten aus eigenem Kompost herstellen
- Gegen Schnecken: Laufenten halten oder Tigerschnegel einsetzen
- Auch Spätblüher einsetzen, damit Bienen noch lange Nahrung finden(fg)