Die Christlich-Soziale Arbeitnehmerunion Rhön-Grabfeld (CSA) ließ sich beim regionalen Stromversorger und Netzbetreiber Überlandwerk Rhön GmbH (ÜWR) in der Zentrale in Mellrichstadt über eine „sichere und sozial verträgliche Stromversorgung im Landkreis Rhön-Grabfeld bis 2030“ informieren. Zu den Zuhörern zählte auch Landrat Thomas Habermann, der dem ÜWR im Aufsichtsrat vorsteht.
CSA-Kreisvorsitzender Konrad Tripp (Bad Königshofen) bedankte sich bei der ÜWR-Leitung für die Einladung zur Informationsveranstaltung. Geschäftsführer Helmut Grosser freute sich, über die Stromversorgungsproblematik informieren zu können. Denn in der breiten Öffentlichkeit wisse man überwiegend nicht, mit welchen alltäglichen Problemen die Stromanbieter zu kämpfen haben und wie wenig Gestaltungsspielraum sie beim Strompreis haben. "77,6 Prozent des Strompreises bestehen aus Steuern, Abgaben und Netzkosten", machte Der ÜWR-Chef deutlich.
ÜWR will autark bleiben
Viele Menschen schimpfen über hohe Strompreise und fallen häufig auf vermeintlich günstigere Stromanbieter herein, weil die großen Vergleichsportale im Internet unrealistische Rechnungen aufmachen, berichtete Stromeinkäufer Wolfgang Pfeiffer von seinen Erfahrungen. Tatsächlich seien die Preisunterschiede aber eher marginal, sagte er.
Das ÜWR als kommunaler Stromversorger habe bisher allen Versuchungen getrotzt, sich von einem großen Konzern schlucken zu lassen, denn dann verliere man seinen Handlungsspielraum. Das Credo laute, autark zu bleiben, womit es bisher gut gefahren sei. Als kleiner regionaler Energiedienstleister gelte es, langfristig sinnvolle Entscheidungen zu treffen und nicht kurzfristig maximal gewinnorientierte, sagte Grosser.
46 000 Stromkunden zu versorgen
Das ÜWR ist in erster Linie ein Stromhändler (unter 56 in Deutschland) und muss als solcher am Strommarkt mit anderen Anbietern konkurrieren, also an der Strombörse einkaufen. Es gibt 1300 Stromlieferanten und 913 Stromnetzbetreiber in Deutschland, informierte er. Zudem besteht eine weiträumige Vernetzung, denn „wir sind in einem westeuropäischen Stromverbund“ und auch „auf Strom aus dem Ausland angewiesen“. Dies sei ein schwieriges Geschäft, denn man müsse gewährleisten, dass in jeder Sekunde Strom auf den Leitungen ist.
Das ÜWR hat zwar eigene lokale Netze, muss aber auch externe nutzen und den gesamten Netzbetrieb im eigenen Versorgungsgebiet in der bayerischen, hessischen und thüringischen Rhön mit 92 000 Einwohnern und 46 000 Stromkunden am Laufen halten.
Wie kommt es zu negativen Strompreisen?
Eigene Kraftwerke hat das ÜWR nicht, es ist aber an einigen kleinen regionalen Erzeugern (einschließlich Wärme) beteiligt. Da es auch immer wieder zu Stromüberschüssen kommt, braucht es eine Rückspeisung an andere Abnehmer oder Stromspeicherbetreiber, damit das Netz nicht zusammenbricht. Da es in Deutschland zu wenige Stromspeicherkapazitäten gibt, kommt es immer wieder zu „negativen Strompreisen“, die zu dem Kuriosum führen, dass man für verschenkten Strom an Abnehmer Geld bezahlen muss, machten die Fachleute deutlich.

Hier sieht das ÜWR immer größer werdende Probleme auf Deutschland zukommen, weil fossile und Atomkraftwerke im Zuge der Energiewende abgeschaltet und immer mehr Erneuerbare-Energie-Werke gebaut werden müssen, die aber bei ungünstigen Wind- und Lichtverhältnissen kaum Strom liefern und bei viel Wind und Sonne teure Überschüsse produzieren. Demgegenüber lassen sich die Fossilen leichter und durchgehend regulieren.
Bei Störungen sofort reagieren
Wie das im praktischen ÜWR-Alltag zum Tragen kommt, erläuterte der Technische Leiter, Roland Göpfert, eindrücklich im Herzstück des ÜWR, in der hochgesicherten Netzleitstelle, in der für Systemstabilität gesorgt wird. Dort werden rund um die Uhr mit Hilfe von Überwachungsbildschirmen alle Alarmsignale von außen beobachtet, und es wird sofort reagiert, wenn Störungsmeldungen eingehen. Zur Schadensbehebung ist ständig ein Bautrupp in Rufbereitschaft.
Von den Besuchern wurde auch die Entwicklung hin zur Elektromobilität diskutiert. Wenn viele Elektroautobesitzer gleichzeitig ihr Fahrzeug aufladen wollen, dann drohen in Zukunft Versorgungsengpässe, sind sich die ÜWR-Fachleute einig. Nach Beendigung des massenhaften Ladevorgangs zur gleichen Zeit tritt das nächste Problem auf, nämlich den plötzlich nicht mehr benötigten hohen Stromzufluss in den Leitungen wieder abzuregeln.
Neue Lösungen sind gefordert
Die Lösung könnte sein, dass die Elektromobilisten selbst stromautark werden durch eigene Photovoltaikanlagen und Speicherbatterien. Das heißt, selbst erzeugten Strom vermehrt auch selbst zu nutzen. Je mehr das aber geschieht, umso weniger Stromkunden werden die Energieversorger haben und die unverändert hohen Fixkosten müssen auf weniger Stromkunden verteilt werden, wurde deutlich. Daher drohe der öffentliche Strom immer teurer zu werden.
Fazit der Stromexperten: Die Energiewende wird zwar zur Verringerung des CO2-Ausstosses beitragen, aber neue Probleme aufwerfen, für die es heute noch keine zufriedenstellenden und sozial verträglichen Lösungsansätze gibt. Die Regierenden sind gefordert.
