Wenn Stefan Zehfuß an seinem Computer Bilderserien zu den Erholungswochen von Kindern aus dem verstrahlten Gebiet rund um Tschernobyl, konkret Shitkowitschi, aufruft, dann kommt er ins Schwärmen. "Wir konnten in den vergangenen drei Jahrzehnten so viel Hilfe bringen, wir sahen nicht nur die leuchtenden Kinderaugen, sondern erlebten auch die Dankbarkeit der Eltern, die bis heute unvergessen ist." Dann zeigt er das Bild eines Jungen, der lacht und singt. "Das ist Alexej, der als taubstummes Kind zu uns kam und von den Ärzten in der Universitätsklinik Würzburg geheilt werden konnte." Für Stefan Zehfuß war das ein kleines Wunder.
Mit dem Ukrainekrieg änderte sich allerdings die Hilfe schlagartig, denn es gab keine Möglichkeit, Hilfsgüter nach Shitkowitschi zu bringen oder Kinder von dort zur Erholung in die Rhön einzuladen.
Begonnen hatte alles im Jahr 1992
Begonnen hatte alles im Jahr 1992 über einen befreundeten Pfälzer Hilfsverein. In Eigenregie unter der Leitung von Stefan und Anita Zehfuß etablierte sich in Wollbach der Verein "Hilfe für Kinder in Shitkowitschi". Seitdem gab es 72 Hilfskonvois mit über 70.000 Hilfspaketen. Darin waren Kleider, Lebensmittel, aber auch medizinische Unterstützung. Stefan Zehfuß berichtet von 4000 Fahrrädern, von unzähligen Kinderwägen, Rollstühlen, Schultafeln, Schulmöbel, ja sogar Schulkreide.
Insgesamt wurden knapp 2000 Kinder bei erst vierwöchigen, ab 2012 dann 3-wöchigen Erholungen in der Rhön von Gasteltern betreut und mit ihnen vom Verein organisierte Ausflugsfahrten unternommen. Für 40 kranke Kinder übernahm der Verein mithilfe von Spendern Medizinpatenschaften und für 320 schwerkranke Kinder wurden die Kosten für eine medizinische Hilfe im Kindersanatorium Krasni Pachar übernommen.
"Wir haben mithilfe der Rhön-Grabfelder, aber auch der Ärzteschaft in dieser Zeit vieles ermöglicht, um echte Hilfe zu leisten", sagt Stefan Zehfuß. In diesem Zusammenhang nennt er weitere finanzielle Hilfe für viele Familien mit schwerstkranken Kindern im Kreis Shitkowitschi. Nachdem es aufgrund des Ukrainekrieges nicht mehr möglich war, Kinder aus Belarus zur Erholung in die Rhön zu bringen, gab es Kindererholungen im Erholungsheim Nadeshda. "Finanziert von uns und dem Pfälzer Hilfsverein." In diesem Jahr finanziert der Wollbacher Verein wieder eine solche Erholung. "Das alles war nur möglich durch die großherzigen Spenden aus der Bevölkerung im Landkreis."
Zur aktuellen Lage sagt Stefan Zehfuß: "Da wir wegen der kriegsbedingten Lage und dem Embargo an der polnisch-belarussischen Grenze keinen Konvoi mehr fahren konnten, hat unser Verein sich auf die Hilfe vor Ort durch die belarussischen Vertrauten des Vereins in Shitkowitschi verlegt." Das bedeutet, dass die notwendigen Lebensmittel mit Spendengeldern aus Wollbach in Belarus gekauft werden. So hat der Verein 2023 insgesamt 165 Lebensmittelpakete im Wert von je 30 Euro für Bedürftige finanziert und in diesem Jahr nochmals 173. Die Lebensmittel wurden vom Fond Barmherzigkeit und deren Vorsitzenden Ludmila Anoschko in Shitkowitschi und Minsk gekauft und nach den Anweisungen aus Wollbach an die Bedürftigen verteilt. Außerdem überwies der Verein im Herbst 2023 der Klinik Shitkowitschi 7000 Euro zum Kauf dringend notwendiger medizinischer Geräte.
Wie es im Verein weiter geht, ist bislang unklar, da dringend ein neuer Vorstand gesucht wird. "Wir in der Vorstandschaft wissen nicht, wie lange unser Verein noch humanitär arbeiten kann, wenn keine jungen Akteure zur Führung des Hilfsvereins zu finden sind."
