Vom 20. bis 29. September findet zum fünften Mal die bayerische Demenzwoche statt. Aus diesem Anlass plant Martina Heinrich, die vor fast 25 Jahren mit zwei anderen Frauen die Stärkungsgruppe "Vergissmeinnicht" für Angehörige von Alzheimer- und Demenzerkrankten gegründet hat, eine besondere Aktion. Mit Straßenkreide möchte sie kurze, nachdenkliche oder auch außergewöhnliche Sätze auf öffentlichen Plätzen notieren. Dadurch soll die Aufmerksamkeit der breiten Allgemeinheit auf das Thema Demenz gelenkt werden.
"Vergiss mich nicht, wenn ich Dich vergesse", "Zeig mir ein Lächeln, das verstehe ich auch ohne Worte", "Das Herz wird nicht dement" oder auch "Holen wir gemeinsam die Demenz aus der Tabuzone": Diese und ähnliche Sätze veröffentlicht die Schönauerin beginnend mit dem Montag, 16. September, in mehreren Kommunen. Den Anfang macht Sandberg. Weitere beteiligte Städte und Gemeinden sind unter anderem Bad Neustadt, Bad Königshofen, Wülfershausen, Unsleben, Strahlungen, Schönau, Oberelsbach und Hohenroth.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen anhand der Botschaften sozusagen "über das Thema Demenz stolpern", sagt Martina Heinrich. Demenz stehe heute zwar deutlich mehr im Fokus als noch vor einigen Jahren, man müsse jedoch diesbezügliche Angebote immer wieder publik machen. "Viele Menschen nehmen diese nur dann wahr, wenn es sie direkt betrifft."
Offenheit und Wissen über Demenz sind Martina Heinrich wichtig
Insofern sollen auch die Personen auf das Thema aufmerksam gemacht werden, die damit bisher nicht in Berührung gekommen sind. Es sei wichtig, so Heinrich, dass man vorbereitet ist und im Fall der Fälle weiß, wo man sich zwecks Unterstützung hinwenden kann. "Offenheit, Wissen um die Krankheit und wie man mit Erkrankten am besten umgeht sind für alle Menschen hilfreich", betont die 59-Jährige.
Die Stärkungsgruppe für Angehörige von Alzheimer- und Demenzerkrankten kann im nächsten Jahr ihr 25. Jubiläum feiern. Im Jahr 2000 hielt die damalige Leiterin der Mellrichstädter Sozialstation, Johanna Dietz, eine Vortragsreihe über Demenz, blickt Martina Heinrich zurück. Sie habe daran teilgenommen, weil ihre an Alzheimer erkrankte Mutter zusammen mit ihrem Vater in ihre Nähe nach Schönau zog.
"Die Vorträge waren toll. Als sie vorüber waren, wünschten viele der Teilnehmer, dass es irgendwie weiter geht." Es ging weiter und die Selbsthilfegruppe wurde geboren.
Stärkungsgruppe für Menschen am Beginn einer Demenzerkrankung
Martina Heinrich kümmert sich in enger Kooperation mit der Caritas von Anfang an um alles Organisatorische und fungiert als Sprecherin der Gruppe. Das Angebot wurde immer weiter ausgedehnt. 2016 wurde eine Gruppe für Menschen am Beginn einer Demenzerkrankung gegründet, die "Spurensucher". Vor vier Jahren rief die Schönauerin dann "Natur unvergesslich" ins Leben. Dabei handelt es sich um geführte Spaziergänge für Interessierte ohne Einschränkungen und Menschen mit einer Demenzerkrankung in Begleitung einer vertrauten Person. Die Idee dazu habe die Sandberger Quartiersmanagerin Sabine Nasner gehabt.
Im Mittelpunkt stehen jedoch die beiden Stärkungsgruppen. Was sind die Themen bei den Zusammenkünften? "Zum einen geht es natürlich um grundlegende Informationen", sagt Martina Heinrich dazu. "Worauf muss man sich einstellen?", "Was muss alles geregelt werden?", "Wo bekommt man Unterstützung?", "Welche Anträge müssen dazu gestellt werden?" – das seien vor allem anfangs die wichtigsten Fragen.
Martina Heinrich: Der persönliche Austausch ist wichtig
Neben den reinen Informationen sei jedoch auch der persönliche Austausch von Bedeutung. "Es erleichtert vieles, wenn man erfährt, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist und dass es anderen ähnlich geht", meint Heinrich. Im Laufe der Zeit seien unter den Beteiligten Freundschaften entstanden. Bei nicht wenigen pflegenden Angehörigen breche das soziale Umfeld weg, da nicht mehr viel Zeit für soziale Kontakte vorhanden ist.

"In der Spurensucher-Gruppe erleben Erkrankte, dass sie sich nicht verstecken müssen, weil die anderen die gleichen Gefühle, Probleme und Ängste haben", erläutert Martina Heinrich weiter. Auch für Angehörige sei es eine enorme psychische Belastung, zu erleben, wenn die Eltern oder die Partnerin beziehungsweise der Partner nicht mehr die sind, die sie waren. Hier helfe ebenfalls das Gespräch mit anderen Betroffenen.
Demenz ist das Lebensthema der Schönauerin geworden
"Kommt das auch auf mich zu?", würden sich neu hinzugekommene Angehörige in der Gruppe manchmal erschrocken fragen, wenn sie die Erzählungen anderer hören. Wenn man so eine Situation dann aber selbst erlebe, weiß Martina Heinrich aus eigener Erfahrung, sei man froh, dass man vorbereitet ist und parat hat, wie man reagieren muss.
Was vor 25 Jahren mit der Alzheimer-Erkrankung ihrer Mutter begonnen hat, ist zu einem Lebensthema von Martina Heinrich geworden. Ihre Mutter ist inzwischen gestorben. Das Anliegen, Menschen mit Demenz und deren Angehörigen in vielerlei Hinsicht beizustehen, ist aber geblieben.
Bayerische Demenzwoche in Rhön-Grabfeld & InformationenIm Landkreis Rhön-Grabfeld finden im Rahmen der bayerischen Demenzwoche zahlreiche Veranstaltungen statt. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite des Pflegestützpunktes Rhön-Grabfeld: www.pflegestuetzpunkt-rhoen-grabfeld.de. Dort sind alle Angebote der Demenzwoche in digitaler Form abrufbar. Die gemeinsame Broschüre "Bayerische Demenzwoche" und Aktionsmonat "Gesund älter werden" wird zudem an die Haushalte verteilt.Weitere Infos zu den beiden Stärkungsgruppen bei Martina Heinrich unter Tel. (09775) 8179 oder bei der Fachstelle für pflegende Angehörige, Tel. (09771) 611619 und pflegeberatung@caritas-nes.de. Die Stärkungsgruppen treffen sich immer am ersten Mittwoch im Monat in der Sozialstation St. Kilian in Mellrichstadt. Die Spaziergänge sind am ersten Mittwoch im Monat ab 10 Uhr, Anmeldung unter (0151) 44282280.Quelle: sbr