Sebastian Krems findet den Zölibat in Ordnung. „Ich lebe danach und schließlich wusste ich, auf was ich mich mit dem Priesterberuf einlasse“, sagt der Kaplan von der Pfarrei Mariä Himmelfahrt Bad Königshofen.
Kein Verständnis hat er deshalb für Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, der sagt, verheiratete Priester müssten zur Normalität werden. Sternberg will so den „katastrophalen Priestermangel“ in der katholischen Kirche in Deutschland in den Griff bekommen. Dem widerspricht Krems energisch; im Gegenzug verweist er auf die drastisch zurückgehenden Zahl der Kirchenbesucher.
Auf der einen Seite wollten die Gläubigen vor Ort einen Priester haben, dann ließen sie ihn aber „im Regen stehen“. Daran, dessen ist sich der Kaplan sicher, werde sich auch nichts ändern, wenn Priester plötzlich heiraten können. „Die Leute werden trotzdem nicht zum Gottesdienst kommen.“ Da müsse man sich schon fragen, für wen denn es mehr Priester geben soll.
Der Kaplan verweist auf die Umstrukturierung in der katholischen Kirche. Im Jahr 2030 etwa soll es zum Beispiel im Dekanat Rhön-Grabfeld nur noch drei Zentren, nämlich Bad Königshofen, Bad Neustadt und Mellrichstadt geben (wir berichteten mehrfach). Das heißt dann, „enger zusammenzurücken“ in den heutigen Pfarreiengemeinschaften und in den Ortschaften draußen.
Kinder könnten stören
Da sind dann wohl Diakone und Wortgottesdienstleiter gefragt? Nicht unbedingt, sagt der Kaplan und erinnert daran, dass durch die Taufe jeder Christ berufen sei, die kirchlichen Aufgaben zu unterstützen und den christlichen Glauben weiterzutragen. In dem Zusammenhang greift der Kaplan erneut einen Passus aus einem Interview mit Thomas Sternberg heraus, der die steigende Zahl von Diakonen erwähnt, die verheiratet sind, und von denen viele bereit und fähig wären, das Priesteramt zu übernehmen. „Ich könnte mir nicht vorstellen, dass ich das Brevier bete, mich auf Gott einlasse und plötzlich werde ich durch Kinder gestört, die etwas von mir wollen. Von den Ständigen Diakonen, die ich kenne, will jedenfalls auch keiner Priester werden.“
Auf den Priesterberuf bezogen, sagt der Kaplan, dass der Zölibat nicht nur katholische Priester betreffe, sondern auch Mönche, Nonnen und geweihte Jungfrauen und Witwen, aber auch evangelische Diakonissen. Diese verpflichten sich zu einem einfachen Lebensstil, Ehelosigkeit und Gehorsam. Dann sagt der Kaplan: „Was viele vielleicht auch nicht wissen: Selbst der Dalai Lama lebt im Zölibat, ebenso seine Mönche.“ Das Zölibat sei also keine Erfindung der katholischen Kirche.
Krems geht in der Geschichte zurück, erwähnt den Tempeldienst in der Antike oder im Judentum, wo man, „keusch leben musste und wie Bruder und Schwester mit der Ehefrau zusammenlebte“. Da standen dann Gott und seine Nähe im Mittelpunkt und nicht die Familie. „Der Zölibat ist nichts anderes als die tiefe Beziehung zu Gott im Gebet, in der Betrachtung, der Anbetung, bei Exerzitien oder der Messfeier.“
In einer Beziehung oder einer Familie sei das ganz sicher nicht so möglich. „Wie wollen sie sich da auf Gott konzentrieren, ihre Aufgaben ausfüllen, die Betrachtungen, die Beziehung zu Gott und das Gebet vornehmen? Zölibat bedeute für ihn nichts andres als: „Ich bin mit Gott verheiratet und ich bin mit ihm auf dem Lebensweg.“
Tagesablauf
Für eine Familie oder eine Beziehung wäre bei dem Kaplan kaum Platz. Sein Tag beginnt morgens zwischen sieben und acht Uhr. Schulunterricht steht dann zum Beispiel an, gefolgt von priesterlichen Aufgaben – vom Stundengebet und von plötzlichen Einsätzen bei Kranken oder Sterbenden über Gottesdienste und Beerdigungen bis zu Dienstgesprächen und Predigtvorbereitungen. „Wo, bitteschön, bleibt da Zeit für Familie?“, fragt Krems. Seinen freien Tag verbringt er meist in Würzburg, „einfach um aus der gewohnten Umgebung herauskommen, abschalten, mal was anderes zu sehen“. Trotzdem ist es Kaplan Sebastian Krems wichtig, dass er immer als Priester erkannt wird und „jederzeit einsatzbereit“ ist.
Kaum noch aktuell sind heute die „Haushälterinnen in den Pfarrhäusern“. Meist waren sie unverheiratet und hatten ihre Wohnung im Pfarrhaus. Sie waren Ansprechpartner, wenn es um Termine des Pfarrers ging. Eine „Zugehfrau“ könnte sich der Kaplan durchaus vorstellen. Jemand der nicht nur für Sauberkeit in der Wohnung sorgt, sondern auch ein bisschen „Heimat schafft“.
Wichtig ist ihm seine Privatsphäre. Dazu gehört auch seine Wohnung im Bad Königshofener Pfarrhaus. Die ist „sein Reich“, dorthin kommen nur Familienangehörige oder gute Freunde, sagt er.
Sebastian Krems fühlt sich nicht einsam. Er liest gerne, spannt am Abend – „wie wohl jeder von uns“ – aus, schaut fern und genießt die Ruhe. „Oft schlafe ich auch vor Erschöpfung ein, wenn ein Tag sehr anstrengend war, aber einsam, nein, einsam bin ich nicht.“ Der Zölibat bedeute mehr als der Verzicht auf ein sexuelles Leben mit einer Frau, sagt der Kaplan. „Meine Beziehung ist mit Gott, und damit bin ich glücklich und zufrieden.“