Freilich konnten sie nicht das gesamte Netz von einigen 100 Kilometern inspizieren, aber immerhin brachten die Teilnehmer aus zehn Bundesländern eine Strecke von knapp 70 Kilometern auf den Tacho und konnten somit zumindest einen Eindruck von den Radwegen gewinnen - und der fiel außerordentlich positiv aus, so Dr. Wolfgang Richter, Tourismusreferent bei der ADFC-Bundesgeschäftsstelle, bei der abschließenden Pressekonferenz.
Das Gremium ist die deutsche Instanz mit der größten Kompetenz in Sachen Radwege, erklärt ADFC-Kreisvorsitzender Jochen Heinke, auf dessen Betreiben der Arbeitsbesuch in der Rhön zustande gekommen ist.
Zu wenig Aufmerksamkeit
Zweimal im Jahr geht der Fachausschuss während seiner Tagungen auf Tour und verschafft sich auf diese Weise einen Überblick über das gesamte Radwegenetz in Deutschland und sogar darüber hinaus. Es sei fast unverständlich, warum der Rhön in der Fachliteratur für Fahrradtourismus so wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, wundert sich Thomas Froitzheim, stellvertretender Leiter des Fachausschusses Tourismus und Autor zahlreicher Fachbücher. Zum Beispiel auf der Routenkarte des ADFC, auf der die wichtigsten deutschen Fernradwanderwege verzeichnet sind, ist die Region nur als großer weißer Fleck zu erkennen.
Schweißtreibender als am Inn
Das Landschaftserlebnis sei auf den Strecken besonders intensiv und dazu viele "kleine" kulturelle Highlights. "Am Inn auf einer völlig ebenen Strecke entlangzuradeln, ist zunächst attraktiv, doch noch einer halben Stunden langweilig", übertrieb er ein wenig. Hier biete die Natur ständig ein anderes Bild.
Freilich muss sich der Radtourist bewusst machen, dass das Radeln schweißtreibender sei als in anderen Regionen. Doch gebe es auch hier zahlreiche Strecken, bei denen die Aufstiege für Familien geeignet seien. Familienfreundlich seien zudem die zahlreichen Spielplätze, die sich in der Nähe der Radwege befinden, sei ihm auf dem Streutalradweg aufgefallen. Dazu kämen eine ganze Menge gastronomischer Hinweise extra für Radfahrer.
Als sehr radlerfreundlich beschrieb auch Richter den Belag der Radwege, "die zu fast 80 Prozent asphaltiert sind", ergänzte Jochen Heinke. Zudem seien die Radwege nur sehr schwach verkehrsbelastet. Die einheitliche Beschilderung zumindest der Hauptradwanderwege sei ebenso hervorzuheben, wenn auch hier und da noch Verbesserungen vorgenommen werden könnten.
Klaus Spitzl, Geschäftsführer des Naturparks Bayerische Rhön, der im Rahmen eines Leader+-Projekts für das Radwegekonzept und die Beschilderung mitverantwortlich ist, nahm die Anregung gerne entgegen. Als Nachteil für die Region führte Richter allerdings den überregionalen Bahnanschluss auf, "hier kann noch einiges getan werden".
Als ganz besonders bemerkenswert empfanden die beiden Radexperten die Verknüpfung von Mountainbike-Strecken und Radwegen in der hohen Rhön. "Das ist in Deutschland einmalig", urteilte Richter. Zudem erwarten im und am Rande des Schutzgebietes den Radfahrer äußerst reizvolle Fernblicke.
Routen-Vernetzung einmalig
Das touristische Angebot könnte aber deutlich besser vermarktet werden. Zwar gebe es Ansätze mit fahrradfreundlichen Gastbetrieben, die mit ihrem Schild "Bett & Bike" auf ihren Service hinweisen, aber der überregionale Bekanntheitsgrad sei noch zu gering.
In der in Fahrradkreisen am gebräuchlichsten Broschüre "Deutschland per Rad entdecken" ist die Rhön zum Beispiel nicht aufgeführt. Um das Marketing auszudehnen, müsste jedoch Geld in die Hand genommen werden, bemerkte Froitzheim abschließend, "denn das Potenzial der Radtouristen ist längst nicht ausgeschöpft".
Im Blickpunkt
ADFC
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad- Club ist mit rund 120 000 Mitglie- dern die größte Interessenvertre- tung für Radfahrer in Deutschland.
Infos über Ziele und Angebote im
Internet: www.adfc.de