Vor mehr als acht Jahrzehnten machte ein Kriminalfall, der in die Geschichte als das „Rätsel von Waltershausen“ einging, bundesweit Schlagzeilen. Der Waltershäuser Schlossbesitzer Hauptmann Waldemar Werther wurde am 1. Dezember 1932 in seinem Schlafzimmer im ersten Stock des adeligen Ansitzes ermordet. Der Tatverdacht richtete sich in erster Linie gegen den Schlossgärtner Karl Liebig, aber auch gegen die Ehefrau, Baronin Wilhelmine von Werther, eine geborene von Feilitzsch.
Martin Arnegger, ein entfernter Verwandter der Baronin, aus Dunningen/Baden Württemberg hat in diesen Tagen ein Buch mit dem Titel „Verfolgt, verfemt, geächtet – Die Werthers – Der Mordfall Waltershausen“ veröffentlicht. Beim Lesen der Tagebücher seiner Großmutter im Jahr 2005 stieß der pensionierte Ingenieur auf Eintragungen zur Ermordung ihres Schwagers Waldemar Werther.
Damals ahnte Arnegger in keiner Weise, welche verschlungenen Wege noch notwendig wurden, um das gesteckte Ziel zu erreichen, nämlich den rätselhaften Mord von Waltershausen aufzuklären. Martin Arnegger ist davon überzeugt, dass es ihm in seinem über 300 Seiten umfassenden Buch endlich gelungen ist, jeglichen Verdacht von seiner Großtante Wilhelmine genommen zu haben.
In einem 1933/34 durchgeführten, politisch gefärbten Prozess – das unselige Dritte Reich hatte bereits seinen Anfang genommen – vor dem Landgericht Schweinfurt wurde der SA-Mann Karl Liebig (der Gärtner) aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Dem Verteidiger Liebigs gelang es, den Verdacht auf die Ehefrau des Ermordeten zu lenken, die ebenfalls verhaftet worden war, aber selbst nicht als Angeklagte vor Gericht gestellt worden war.
Nicht nur, dass die Vorfahren von Frau Werthers Schwiegertochter jüdisches Blut in ihren Adern hatten, sie hatte auch noch hoch geachtete jüdische Schweinfurter Anwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt, was zu jener Zeit die nationalsozialistisch gefärbte Presse zu übler Propaganda veranlasste. So triumphierte die NS-Presse nach dem Urteil: „Karl Liebig ist frei, und es ist von ihm genommen der schwere Verdacht, den eine gewissenlose Clique von adeligen Menschen auf ihn zu lenken verstanden!“
Als der Tat nach wie vor verdächtig galt bis in unsere Tage die Witwe Wilhelmine von Werther. Wie eine Erlösung klingt das Nachwort in Martin Arneggers spannenden Buch: „Endlich, nach so langer Zeit für ein Stück Gerechtigkeit gesorgt zu haben, ist der Lohn für meine Mühen.“
Dies zu erleben, war Baronin Wilhelmine von Werther nicht vergönnt. Zu allem Überfluss brachte das Jahr 1932 ihren endgültigen finanziellen Ruin. Das Schloss Waltershausen wurde versteigert. Mit ihren schweren Verletzungen – auch auf sie wurde in der Mordnacht mehrfach geschossen – den Verhaftungen, dem Prozess, die sie als Schuldige zurücklassen, wurde ihre physische und psychische Zerstörung eingeleitet. 1953 verstarb Wilhelmine von Werther isoliert und völlig verarmt, hungernd, krank an Leib und Seele im Alter von 75 Jahren in Partenkirchen.
Der Verein Frohsinn Waltershausen wird am Mittwoch, 16. November, ab 20 Uhr im Gästehaus Waltershausen einen Kulturabend veranstalten, bei dem Martin Arnegger sein Buch vorstellen und daraus lesen wird.
Martin Arnegger: Die Werthers - Der Mordfall Waltershausen, ISBN 978-3-937950-99-0, Preis 14,98 €. Das Buch kann im Buchhandel, bei Amazon oder bei Martin Arnegger, Schafbühl 12, 78655 Dunningen, email martin.arnegger@gemx.de, erworben werden.