Ein Wirtshaus in einem Rhöner Dorf ist nicht nur ein Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, sondern auch ein wichtiges Standbeine für den Fremdenverkehr. Sechs Monate lang sah es da in Oberelsbach ganz düster aus. Es gab kein einziges Gasthaus mehr im Ort, nachdem Winfried Huter aufgrund gesundheitlicher Probleme seiner Ehefrau und Köchin Erna den „Gasthof am Markt“ schließen musste.
Dank intensiver Bemühungen ist es Huter, der von seinen Gästen liebevoll „Winni“ genannt wird, nun aber doch gelungen, einen Pächter zu finden. Athanasios Feslidis und seine Ehefrau Eleni werden ab kommenden Dienstag das Gasthaus betreiben. Die beiden werden griechische Klassiker anbieten, haben aber auch vor, deutsche Gerichte auf die Speisekarte zu setzten, wobei sie auf Mithilfe von Erna und Winni zählen können.
Das neue Wirtspaar betrieb bis 6. Januar die Gaststätte „Erholung“ in Ostheim, bevor es nur sechs Tage später die neue Gaststätte in Oberelsbach eröffnet und mit der sechsjährigen Tochter Viktoria die Pächterwohnung bezieht. „Wir freuen uns sehr auf die neue Aufgabe!“ erklären der 34-jährige und die 28-jährige, die seit dreieinhalb Jahren in der Gastronomie in Deutschland tätig sind. Zur Verfügung steht den Gästen ein Restaurant mit 60 Plätzen, ein Wintergarten mit 40 Plätzen, die Bierstube und im Sommer der Biergarten.
Winni und Erna haben das Oberelsbacher Lokal 38,5 Jahre „mit Leib und Seele“ betrieben. „Das Aufhören fällt mir alles andere als leicht“, sagt Winfried Huter. „Durch und durch“ waren die beiden Wirt und Wirtin – und wären es gerne noch geblieben. Die Gaststätte war berühmt für ihre deutsche Küche – vor allen die „Erna-Schnitzel“ waren sehr begehrt.
All die Jahre lang hatte „Winni“ von früh bis spätabends geöffnet. „Zigfach haben wir den inneren Schweinehund überwunden“, erzählt Winni, „und dabei oftmals bei weit über 100 Stunden dem Körper alles abverlangt“. Ohne die Unterstützung der Verwandtschaft, insbesondere Winfrieds Schwester Adele und seinem Schwager Manfred, sowie dem Personal, das der Gaststätte jahrzehntelang die Treue gehalten hat, wäre dies nicht gegangen. „Ohne sie hätten wir oft alt ausgesehen“, danken Winni und Erna ihnen allen ebenso wie ihren Gästen.
Winfried hat von 1974 bis 1981 mit seiner damaligen Ehefrau Margarita die Bäckerei Wethmüller betrieben und 1976 die Gaststätte gebaut. Eigentlich als Tagescafé geplant, wurde der Gasthof allmählich zum Restaurant. Hinzu kam die Bierstube, in der oft rund um die Uhr Hochbetrieb herrschte.
1991 wurde an die Küche ein 40 Quadratmeter großer Anbau errichtet, unter anderem damit die Nachfrage für Gesellschaften befriedigt werden könnte. Ein Jahr später wurde das Restaurant umgebaut, 1994/1995 folgte die Erweiterung um Terrasse und Biergarten. 1996 und 1997 wurden vier Ferienwohnungen im Fachwerkhaus erstellt, die auch heute noch von Erna und Winni betrieben werden. Der Wintergarten wurde 2007 auf der Terrasse errichtet, weil man so nicht mehr vom Wetter abhängig war.
Der „Winni“ war bekannt und beliebt. Aus verschiedensten Ecken Deutschlands und darüber hinaus kamen Urlauber und Stammgäste. „In den ganzen 38 Jahren haben wir nie jemanden weggeschickt“, erinnert sich Winni. Mit Wehmut blickt er auf die Zeit zurück mit vielen unvergesslichen Momenten.
„Zehn Bücher könnte ich mindestens schreiben!“, sagt er. Er erinnert sich an Gäste, die ohne Klamotten den Nachhauseweg antraten, oder an einen 80-jährigen Gast, der es schaffte, nach einem Kneipenbesuch gleich drei Mann inklusive Wirt in ein Trotzeloch zu befördern.
Zu jedem Haus in Oberelsbach, an dem er vorbei läuft, vermag er eine Geschichte erzählen, aber auch wenn er so manchen Namen auf einem Grabstein am Friedhof liest. „Ich weiß, wer immer verrufen, aber grundehrlich war, aber ich kenne auch die größten Lügenbeutel des Dorfes“, schmunzelt er. Unvergessen die Auseinandersetzungen zwischen Kneipenbesuchern beim „Schafkopf-Karten“, ebenso unvergessen die Faschingsbeerdigungen oder das Freibier am Aschermittwoch, bei dem es die Kneipenbesucher einmal auf vier Hektoliter gebracht haben.
Nicht müde waren Erna und Winni geworden, einen neuen guten Pächter für ihren „Gasthof am Markt“ zu suchen – und wurden bei Athanasios und Eleni fündig. Nicht nur die neuen Pächter, auch Winni und Erna hoffen, dass der Gasthof „Am Markt“ gut angenommen wird, und stehen dem neuen Pächterpaar immer mit Rat und Tat zur Seite.
Der „Gasthof am Markt“ wird am 12. Januar, eröffnet. Die Öffnungszeiten sind von Montag bis Freitag ab 17 Uhr sowie samstags, sonntags und feiertags von 11.30 Uhr bis 14.30 Uhr sowie ab 17 Uhr. Dienstag ist Ruhetag.