"Das mit den Bienen war anfänglich nur so eine Idee", sagt Erzieher und Hobbyimker Jörn Zakel. Eine Idee, die sich messbar entwickelt hat, nicht nur, weil sie bei der "Frühjahrsernte" 72 Kilo Honig auf die Waage brachte. Aber so wichtig der Honig für einen Imker auch ist, ist er beim Imkerprojekt "Plan Bee" doch beinahe "nur" ein leckeres Nebenprodukt. Denn die "Plan Bee"-Bienen können mehr als Honig produzieren, sie können Inklusion.
Plan B heißt der Verein, der in Schweinfurt Wohngemeinschaften unterhält, in denen Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen leben und ambulant betreut werden. "Nebenher haben wir uns immer schon im Bereich soziales Netzwerken und für Umwelt und Natur engagiert", so Karin Schramm, Vorsitzende von Plan B e.V. – ein Verein, der auch das Schweinfurter Borderline-Kompetenzzentrum auf den Weg gebracht hat. "Wir suchen nach sinnvollen Freizeitaktionen, um Menschen mit und ohne psychische Beeinträchtigung zusammenzubringen", so Schramm beim "Bienenfest" im Schweinfurter Lindenbrunnenweg.
Als vor fünf Jahren Erzieher und Hobbyimker Jörn Zakel zum Plan-B-Team stieß, wurde die Idee geboren, Bienen auch für inklusiv-therapeutische Zwecke einzusetzen. Mit einem Bienenstock an der Schweinfurter Fachakademie für Sozialpädagogik (FAKS) fing alles an. Mit Fördergeldern der Deutschen Postcode-Lotterie und der Aktion Mensch wurden Honigschleuder, Bienenstöcke und weiter benötigtes Imker-Equipment angeschafft. Die Förderung ist nun ausgelaufen, doch das Inklusionsprojekt mit im Augenblick sechs Bienenstöcken wird sich selbst tragen, dank der Abgabe des Honigs gegen Spenden und Bienenpatenschaften, davon sind die Macher überzeugt.
Sich mit der Materie beschäftigen, hilft Ängste abzubauen
Dazu beitragen wird sicher auch die bereits in die Wege geleitete Erweiterung des Projekts um Bienenstock-Standorte in einem Wald am Ellertshäuser See. "Leider stehen unsere Bienen dort derzeit in einem Faulbrut-Sperrbezirk", so Zakel. Erst wenn die wegen dieser Bienenkrankheit verhängte Sperre aufgehoben wird, kann die Projekt-Eweiterung aktiv weiter verfolgt werden.

Und wie sieht nun die Inklusionsarbeit der Bienen aus? "Bei vielen, und nicht nur psychisch vorbelasteten Menschen, überwiegt am Anfang die Angst vor den Bienen", räumt Jörn Zakel ein. Gemeinsam mit Sozialpädagogin Andrea Mitzam und Arbeitstherapeut Dieter Lewetz betreut er das Projekt. Mit dem aktiven Mitwirken bei den Vorbereitungen für die Bienenhaltung gewinne bei den Menschen meist die Neugier die Oberhand. Gemeinsam Rähmchen bespannen für die Honiggewinnung, Naturkosmetik aus Bienenprodukten herstellen oder Insektenhotels bauen sind da nur einige Angebote, der Welt der Insekten und damit auch der Bienen näherzukommen. Durch Information und die Beschäftigung mit der Materie, so Zakels Erfahrung, werden nicht selten aus Insekten-Skeptikern echte Fans, die bereit sind, sich für die Bienen und gegen das Insektensterben zu engagieren.
Kooperationen mit Schulen und Kindergärten geplant
Bedenken und Vorbehalte durch die Beschäftigung mit der Natur abbauen, das ist auch Carina Sauer gelungen, die ambulant betreut wohnt. Sie räumt ein, am Anfang schon Angst vor den Bienen neben dem Haus gehabt zu haben. Heute hilft sie hin und wieder mit, wenn Honigernte oder ähnliches anstehen. Neues Wissen, wie zum Beispiel, dass einem nichts passiert, wenn man sich nicht in die Flugschneise der Bienen vor dem Stock stellt, hat ihr geholfen, Vorurteile abzubauen. "Ich war da schon sehr ängstlich, heute traue ich mich viel mehr", blickt sie zufrieden auf ihre Annäherung an die fleißigen Honigsammler zurück. So geht es vielen Menschen, die sich unter fachlicher Anleitung auf die Bienen eingelassen haben.

"Aufklärung und Information nimmt Angst und schafft Sicherheit", ist sich Hobbyimker Jörn Zakel sicher. Dies gilt nicht nur für psychisch vorbelastete Menschen, sondern zum Beispiel auch für Kinder, die oft erst einmal lernen müssen, eine Wespe von einer Biene zu unterscheiden. So gibt es schon eine erste Kooperation mit einem Kindergarten, dessen Gruppen regelmäßig die Bienen im Lindenbrunnenweg besuchen. Es sei schön zu beobachten, wie aus der anfänglichen Skepsis der Kinder gegenüber den Bienen nach und nach Verständnis, ja so sogar Begeisterung für die Vorgänge beim Bienenvolk erwachse, so Jörn Zakel. Auch andere Insekten, welche die Kinder zum Beispiel im Kindergarten am Spielplatz beobachten, sehen viele der Kleinen nach der Begegnung mit den Bienen mit anderen Augen.
"Wir wollen für die Natur sensibilisieren und die Möglichkeit bieten, sich in der Gemeinschaft als Teil der Natur zu erleben", formuliert Zakel den Anspruch des Inklusionsprojektes. Ein Projekt, das nun wieder richtig Fahrt aufnehmen soll, denn in Zeiten von Abstand und Kontaktbeschränkungen war es kaum möglich, etwa gemeinsam Rahmen für die Waben zu bauen oder Honig zu schleudern.

Für Stadtbienen ist Schweinfurt übrigens ein guter Ort, ist sich Zakel sicher, denn im Stadtgebiet gebe es viele Lindenbäume, die für Bienen besonders attraktiv sind. Auch wenn sich der Großteil der Bienenstöcke gleich neben der Lindenbrunnenstraße befindet, glaubt er ohne Zufütterung auszukommen, weil das Nahrungsangebot ausreichend sei.
Inklusionsprojekt "Plan Bee"Das Inklusionsprojekt ist offen für Kooperationen mit Schulen und Kindergärten. Auch Besuchergruppen oder Einzelpersonen können sich nach Anmeldung mit der Welt der Bienen vertraut machen oder eines der Angebote, von Bienenwachsverarbeitung bis zur Herstellung von Naturkosmetik, nutzen. Durch Bienen-Patenschaften oder Mitgliedschaft im Verein kann das Projekt unterstützt werden. Regelmäßige Treffen (Teilnahme kostenfrei) finden jeweils montags von 14.30 bis 16.30 Uhr im Lindenbrunnenweg 8 statt. Anmeldung und Informationen: joern.zakel@planbev.de oder Tel. 09721 60 54 121.Quelle: hg