Schon mit zehn Jahren hat Damian Scholl beim Fernsehgucken bewusst festgestellt, dass es Musik im Film gibt. Und, dass diese Musik eine "wahnsinnige Kraft" entwickeln kann. "Seitdem hat mich das nicht mehr losgelassen", sagt der heute 35-Jährige aus dem Kolitzheimer Ortsteil Gernach, der inzwischen als erfolgreicher Komponist von zeitgenössischer Konzertmusik und Filmmusik in Berlin lebt und arbeitet. Ende Januar wird er zu Gast in seiner alten Heimat sein und den von ihm vertonten Dokumentarfilm "Plastic Fantastic" vorstellen, der jetzt in den deutschen Kinos anläuft.
Der Film von Regisseurin Isa Willinger blickt hinter die Kulissen der Plastikproduktion, zeigt ihre Gefahren auf und welche Lösungen es geben könnte. Im "Central im Bürgerbräu" Würzburg wird er am Dienstag, 23. Januar, um 18 Uhr als Preview noch vor dem offiziellen Kinostart gezeigt.
wird an diesem Abend dabei sein und nach der Vorstellung mit den Besucherinnen und Besuchern über den Film und seine Musik reden. In Schweinfurt läuft "Plastic Fantastic" am 25. Januar im KuK-Filmtheater an. Das Saalgespräch mit dem Komponisten gibt es am Sonntag, 28. Januar, nach der 14.30 Uhr-Vorführung.
Filmmusik ist oft bombastisch, emotional, packend. Doch wie klingt Musik in einer Dokumentation, in einem Film über die Verschmutzung der Erde durch Plastik? Es gibt 500-mal mehr Plastikpartikel in den Ozeanen als Sterne in unserer Galaxie, sagt Regisseurin Isa Willinger. Plastik ist in den Flüssen und Meeren, in der Luft, im Boden und sogar in unseren Körpern. Welche Lösungen für die Plastikkrise hält die Kunststoffindustrie bereit und wie ernsthaft verfolgt sie diese? Gibt es überhaupt Alternativen? Könnten wir auf Plastik verzichten?

Spontan stellt man sich zu diesem Film düstere Musik in tiefen Moll-Akkorden vor. "Das kommt schon vor", bestätigt Damian Scholl im Gespräch mit dieser Redaktion. Schließlich sei die Verschmutzung der Erde ja Thema des Films, "und es gibt nichts zu beschönigen".
Willinger legt in ihrer Doku verborgene Strukturen und das Versagen der Systeme offen, fängt Bilder und Momente ein, die für sich sprechen und manchmal auch schwer auszuhalten sind. Zum Beispiel, wenn ein Lastwagen seine Ladung Plastikmüll in den Fluss kippt.
Es gibt aber auch helle, vielfarbige und schillernde Klangströme. Damian Scholl will damit die Schönheit und Unschuld der Natur und eine "gewisse Heiligkeit" der Erde unterstreichen. Er benutzt dazu Chorsamples und seine eigene Stimme. So taucht im Hintergrund immer wieder der Choral "Idumea" aus dem amerikanischen Chorgesang "Sacred Harp" (Heilige Harfe) auf, der ursprünglich aus der geistlichen Liedkunst der amerikanischen Südstaaten stammt. Der Komponist hat alle Stimmen des viersätzigen Chorals mehrmals selbst eingesungen und zu einem Chorgesang zusammengefügt.
Erfolgreicher Filmkomponist in Berlin
Damian Scholl begann schon mit sieben Jahren mit dem Geigenspiel und wenig später auch mit ersten Kompositionsversuchen. Nach dem Abitur absolvierte er zunächst ein Kompositionsstudium in Berlin und Glasgow. Im Anschluss studierte er Filmmusik an der Filmuniversität Potsdam-Babelsberg, wo er seine akademische Ausbildung 2017 abschloss. Seitdem lebt er als freischaffender Komponist in Berlin.
Zu seinen größten Erfolgen zählen die Filmmusiken zu "BEUYS", die 2018 für den Deutschen Filmpreis nominiert wurde und beim DOK.Fest München den Deutschen Dokumentarfilm-Musikpreis gewann, und "Jenseits des Sichtbaren – Hilma af Klint". Der Dokumentarfilm über die lange unentdeckt gebliebene Pionierin der abstrakten Malerei lief 2020 in den deutschen Kinos.

"Plastic Fantastic" feierte 2023 auf dem Filmfestival CPH:DOX in Kopenhagen Premiere und wird seitdem auf vielen internationalen Filmfestivals gezeigt, unter anderem auf dem Warschau Film Festival, dem Cambridge Film Festival und dem Black Nights Film Festival in Tallinn.
Filmmusik mit spiritueller Note
Damian Scholl hat Regisseurin Isa Willinger vor zwei Jahren kennengelernt. Anders als bei Spielfilmen kann sich der Komponist bei Dokumentarfilmen an keinem Drehbuch orientieren, sondern tastet sich über Gespräche und das vorhandene Filmmaterial an den Kompositionsauftrag heran. "Die Regisseurin wollte, dass die Musik ein mystisches Gefühl für die Verschmutzung der Erde erzeugt."

Für jeden Film müsse man den individuellen Klang finden, sagt Damian Scholl. "Ich muss immer etwas empfinden, es muss etwas durch mich hindurchgehen, damit ich etwas zu Papier bringen kann, das Wirkung hat." Die Gespräche mit der Regisseurin seien für ihn dabei "sehr bereichernd" gewesen. Entstanden ist eine greifbare Fantasie- und klangvolle Filmmusik. Rhythmen stehen weniger im Vordergrund, sondern mehrschichtige Flächenklänge. "Ich will die Momente lange stehen lassen."

Für Damian Scholl ist "Plastic Fantastic" keine nüchterne, nur faktenbasierte Doku, sondern auch ein sehr poetischer Film, weshalb seine Musik eine spirituelle Note hat. Er benutzt viele Orgelklänge, die wie ein tiefes Grollen den Zuschauer erschüttern. "Plastic Fantastic" wird so zu einer emotionalen Reise in die Welt des Kunststoffs, die vor Augen führt, was hinter den Kulissen gespielt wird.
Übrigens: Damian Scholl wird die Musik zum Film "Plastic Fantastic" als Soundtrack veröffentlichen. Ab 24. Januar kann sie auf Spotify gestreamt werden.
Filmgespräche mit Damian Scholl: Dienstag, 23. Januar, um 18 Uhr im "Central im Bürgerbräu" Würzburg und am Sonntag, 28. Januar, um 14.30 Uhr im KuK Schweinfurt. In beiden Fällen erfolgt zuerst die Filmvorführung und anschließend das Saalgespräch.