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Grafenrheinfeld: Eine ungewöhnliche politische Karriere geht zu Ende

Grafenrheinfeld

Eine ungewöhnliche politische Karriere geht zu Ende

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    Nicht nur für die Gemeinde, auch im Mainbogen hat sich die scheidende Bürgermeisterin Sabine Lutz oft genug abgestrampelt. Hier 2010 bei einer Aktion der Mainbogen-Bürgermeister zum Erhalt des Mainstegs bei Untereuerheim.
    Nicht nur für die Gemeinde, auch im Mainbogen hat sich die scheidende Bürgermeisterin Sabine Lutz oft genug abgestrampelt. Hier 2010 bei einer Aktion der Mainbogen-Bürgermeister zum Erhalt des Mainstegs bei Untereuerheim. Foto: Ursula Lux

    Sabine Lutz hat viel Energie gebraucht, um sich als Bürgermeisterin von Grafenrheinfeld zu behaupten. Und es hat sie wohl auch viel Kraft gekostet. Denn ein knappes Jahr vor den Kommunalwahlen muss sie nun aufgeben. Ihre Gesundheit lässt ein Im-Amt-Bleiben nicht mehr zu.

    Die ungewöhnliche politische Karriere von Sabine Lutz begann eigentlich damit, dass sie sich über ihren Vorgänger im Amt, Walter Weinig, geärgert hat. Sie war damals seit 25 Jahren im Öffentlichen Dienst tätig, davon 18 Jahre als Bibliotheksleiterin in Grafenrheinfeld. Als sie zufällig im Rathaus war, meinte Weinig, man müsse wohl noch ein Bild für die Zeitung machen. Darauf aber legte Lutz keinen Wert, also bekam sie die Urkunde einfach nur in die Hand gedrückt. Fertig. "Ein kleiner Blumenstrauß wäre schon nett gewesen", meint sie rückblickend. Als sie wenig später dann auch noch wochenlang auf ein Grußwort des Bürgermeisters fürs Ferienspaßprogramm habe warten müssen, sei ihr der Kragen geplatzt. "Dann mach's doch du", meinte ihre Kollegin in der Bücherei, und Lutz nahm sie beim Wort.

    Die Kinder haben es immer bedauert, dass ihre geliebte Büchereileiterin ins Rathaus gewechselt ist.
    Die Kinder haben es immer bedauert, dass ihre geliebte Büchereileiterin ins Rathaus gewechselt ist. Foto: Daniela Schneider

    Aufregender Wahlabend

    Die FBL (Freie Bürgerliste) stellte die Bibliotheksleiterin als Bürgermeisterkandidatin auf. Sie ging von Haus zu Haus, um sich vorzustellen. Täglich zweieinhalb Stunden, nur an den Sonntagen nicht.  "Das war eine richtig tolle Erfahrung", sagt Lutz. Eine Begegnung ist ihr besonders in Erinnerung geblieben. Ein Mann habe sie an der Tür abweisen wollen, weil er eh nicht zur Wahl gehen wollte. Als dann aber seine achtjährige Tochter aus der Wohnung kam und ihr mit einem "Sabine"-Ruf um den Hals fiel, "sind bei ihm die Hebel gefallen", meint Lutz. Die Kinder hätten es immer sehr bedauert, dass sie von der Bücherei ins Rathaus umgezogen sei.

    Eine Bürgermeisterin zum Anfassen: Beim Erntedankfest-Umzug 2014 in der Gemeinde Grafenrheinfeld fuhr Sabine Lutz mit Landrat Florian Töpper in der Kutsche mit. 
    Eine Bürgermeisterin zum Anfassen: Beim Erntedankfest-Umzug 2014 in der Gemeinde Grafenrheinfeld fuhr Sabine Lutz mit Landrat Florian Töpper in der Kutsche mit.  Foto: Waltraud Fuchs-Mauder

    Ins Rathaus ging sie damals am Wahlabend nicht, "viel zu aufregend". Dann kam der Anruf: "Sieht gut aus, du hast 49 Stimmen mehr, nur das Briefwahlergebnis fehlt noch." Jetzt machte sich Lutz mit ihrem Mann in Richtung Rathaus auf. Sie wurde von einer jubelnden Menge empfangen und von Kindern umarmt. Für sie war es der berühmte Sprung ins kalte Wasser. Zwar habe sie sich schon von jeher für Kommunalpolitik interessiert, als Angestellte der Kommune aber nicht für den Gemeinderat kandidieren können. Und so war alles neu. "Im Rückblick weiß ich nicht, wie ich das erste Jahr geschafft habe", meint Lutz. Es sei vergangen wie ein Trommelschlag. Mit ganz viel Willen und Energie habe sie alles neu gelernt. Vor allem aber habe sie schnell begriffen, dass bei jeder Entscheidung einer Gemeinde viele andere mitreden, und die Mühlen der Gesetzgebung und Verwaltung sehr langsam mahlen.

    Und sie hat erlebt, dass Frauen im Amt noch kritischer beäugt werden als Männer. Ihr zweiter offizieller Auftritt war das Siebenerfest, das sie gemeinsam mit ihrer ebenfalls frisch gewählten Kollegin Birgit Göbhardt besuchte. Landrat Harald Leitherer hatte "die Damen" damals etwas süffisant nach vorne gebeten, um zu sehen, ob sie marschieren können. "Kein Problem",  konterte Lutz, "schließlich war ich jahrelang im Spielmannszug."

    Nach drei Amtsjahren Diagnose MS

    Nur die RKK-Narren schafften es, die Bürgermeisterin zu "entmachten". Im Bild RKK-Präsident Stefan Grafen und die Bürgermeisterin Sabine Lutz.
    Nur die RKK-Narren schafften es, die Bürgermeisterin zu "entmachten". Im Bild RKK-Präsident Stefan Grafen und die Bürgermeisterin Sabine Lutz. Foto: Daniela Schneider
    Sabine Lutz
    Sabine Lutz Foto: Ursula lux

    Lutz war gerade einmal drei Jahre im Amt, als sie die Diagnose MS (Multiple Sklerose) bekam. Nach der ersten Reha und als der Schock verarbeitet war, ging sie damit an die Öffentlichkeit. "Eigentlich wollte ich dann aufhören", sagt Lutz. Als sie dann aber aus der Zeitung erfuhr, dass die SPD sie nicht weiter unterstützen und auch die FBL einen neuen Kandidaten aufstellen werde, war ihr Widerstandsgeist geweckt. "Von meinen Kollegen lass' ich mich nicht aufs Abstellgleis stellen, wenn dann sollen die Bürger entscheiden", zeigte sich Lutz kämpferisch und stellte eine eigene Liste auf – "Rafelds mündige Bürger". Die nötigen Unterschriften hatte sie innerhalb kürzester Zeit zusammen. "Meine Krankheit hatte ich gut im Griff und war sicher, dass das noch eine Amtszeit geht." Lutz kam gegen Christian Keller (CSU) in die Stichwahl und gewann mit 54 Prozent.

    Wenn Lutz heute zurückdenkt, dann merkt sie, dass das Amt auch sie verändert hat. "Man lernt, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen." Und man verliere ein grundsätzliches Vertrauen in andere Menschen. "Denn viele lachen dir ins Gesicht und hintenrum wird dann geschimpft." Eigentlich sei sie recht schlagfertig, aber es habe Situationen gegeben, da sei ihr so viel Hass und Ablehnung begegnet, dass ihr buchstäblich die Worte gefehlt hätten. Trotzdem erlebte Lutz auch immer wieder viel Verständnis und Solidarität vor allem bei den Bürgern.

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