Als verfassungswidrig kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat laut einer Meldung des Evangelischen Pressedienstes (epd) die Großkontrolle der Polizei im unterfränkischen Ankerzentrum bei Schweinfurt. 300 Einsatzkräfte hatten am 22. Januar von 6 bis 9 Uhr die rund 600 Bewohner in der Flüchtlingsunterkunft überprüft. Es handelte sich nach Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken um eine "präventive Kontrolle zur Verhütung von Straftaten und Ordnungsstörungen".
Mit dem neuen Bayerischen Polizeiaufgabengesetz seien die Flüchtlingsunterkünfte im Freistaat pauschal zu gefährlichen Orten erklärt und der Polizei erweiterte Befugnisse eingeräumt worden, kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat, dass dort nun zur "Abwehr dringender Gefahren" Zimmer ohne richterlichen Beschluss betreten und die Identität der Personen überprüft werden dürfen. Der Flüchtlingsrat hält das für verfassungswidrig. Er verweist auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2019, wonach zur Gefahrenabwehr "zwingend eine Konkretisierung der Gefahrenlage erforderlich" sei.
Der Flüchtlingsrat fordert deshalb das Bayerische Innenministerium auf, "solche verfassungswidrigen Einsätze zu unterbinden". Ähnliche Kontrollaktionen soll es auch in Flüchtlingsunterkünften in Zirndorf sowie in Nürnberg gegeben haben, teilt der Bayerische Flüchtlingsrat mit.
Das Polizeipräsidium Unterfranken weist den vom Flüchtlingsrat erhobenen Vorwurf einer "verfassungswidrigen Razzia im Ankerzentrum Schweinfurt" zurück. Besagte Kontrolle hätte zwar "einen präventiven Schwerpunkt" gehabt, zitiert der epd die Stellungnahme des Polizeipräsidiums, sie sei aber auch eine "anlassbezogene Maßnahme zur Strafverfolgung" gewesen. Denn im Rahmen der Kontrolle wurden drei Haftbefehle vollstreckt und für zwei Zimmer Durchsuchungsbeschlüsse bei der Staatsanwaltschaft Schweinfurt erwirkt.