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Schweinfurt: Schweinfurter Stadtwald: Das große Fichtensterben hat längst begonnen

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Schweinfurter Stadtwald: Das große Fichtensterben hat längst begonnen

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    Schweinfurt hat viel Wald im Norden der Stadt, aber auch südlich des Mains und an der Fränkischen Saale.
    Schweinfurt hat viel Wald im Norden der Stadt, aber auch südlich des Mains und an der Fränkischen Saale. Foto: Gerd Landgraf

    Wäre der Borkenkäfer nicht erneut über die Fichte hergefallen, würde Florian Haensel von einer "deutlichen Erholung im Stadtwald" sprechen. Nach drei Trockenjahren war es in der Wuchsperiode 2021 ausreichend feucht und nicht zu heiß. Bei der Fichte beobachtete der Leiter des städtischen Forstamts in der zweiten Jahreshälfte ein "Phänomen". Während die Bäume in den Wipfeln noch grün waren, bröckelte im unteren Teil der Stämme die Rinde ab. Aktuell läuft noch die Aufarbeitung des Käferholzes. Auf die Fichte und damit auf das bislang wichtigste Nadelholz im Stadtwald setzt Haensel nicht länger. Der Förster befürchtet: "In 20 Jahren ist die Fichte bei uns verschwunden."

    1850 Hektar groß ist der Stadtwald mit seinen Besitzungen bei Euerdorf an der Fränkischen Saale, dem Inneren Revier (im Norden von Haardt und Deutschhof), dem äußeren Revier (Flächen bei Zell, Weipoltshausen und Madenhausen) und den Waldungen südlich von Schweinfurt (Schwebheimer Wald) sowie bei Sömmersdorf.

    Im Zeichen des Klimawandels gilt der Mischwald als stabil und zukunftsfähig.
    Im Zeichen des Klimawandels gilt der Mischwald als stabil und zukunftsfähig. Foto: Gerd Landgraf

    Für 2022 hofft der Förster erneut auf reichlich Niederschlag, auf das Ausbleiben von Hitzerekorden und den Zusammenbruch der Massenpopulation beim Borkenkäfer. Nadelholz will Haensel im Sortiment behalten. Schon heute ist der Stadtwald zu zwei Dritteln mit Laubholz und nur zu einem Drittel mit Nadelholz bestockt, darunter vor allem Fichte (etwa zwölf Prozent unter allen Baumarten) und die im Klimawandel problematische Kiefer (zehn Prozent). Seltener sind Douglasie, Lärche und Tanne anzutreffen. Ausbauziel im Stadtwald ist ein weiter steigender Laubholzanteil auf 80 Prozent.

    Stirbt die Fichte, bleibt junger Wald

    In die Fichtenbestände hat der Stadtforst bereits vielfach die schattentoleranten Tannenwildlinge gesetzt. Stirbt die Fichte, bleibt ein junger Wald, in den sich andere Baumarten einstreuen werden. Auf den vom Käferholz hinterlassenen Freiflächen setzt man bei den Pflanzungen auf Laubholz und die Douglasie, die Wärme und Trockenheit verträgt.   

    Naturverjüngung im Stadtwald bei Zell. Junge Bäume wachsen zwischen den hohen Stämmen.
    Naturverjüngung im Stadtwald bei Zell. Junge Bäume wachsen zwischen den hohen Stämmen. Foto: Gerd Landgraf

    Für das Festhalten am Nadelholz spricht, dass Fichte & Co das verlässlich nachgefragte Bauholz produzieren, welches sich gut bearbeiten lässt und das vergleichsweise flott nachwächst. Auch gehört das Nadelholz zum Mischwald und dieser gilt als resilient, also als anpassungsfähig – auch an ein sich änderndes Klima. Geld verdienen muss der Forst mit dem Holzeinschlag, um beispielsweise die Anlage von Ökoinseln oder auch die Verkehrssicherheit auf den Wegen garantieren zu können. Über die Jahre hinweg gilt für den städtischen Forstbetrieb, dass es zwar kein Geld in die Stadtkasse bringt, diese aber auch nicht belastet.     

    Für Erholung und Umweltschutz gibt es kein Geld

    "Das Unternehmen Wald wäre ein sehr profitables, wenn Funktionen wie die Luftreinigung, die Wasserspeicherung, der Klima- und der Bodenschutz, das Erholungsangebot oder der Landschaftsschutz bezahlt würden", sagt Florian Haensel. Doch dafür gibt es kein Geld, auch nicht auf der Grundlage, dass rund 80 Prozent aller Flächen des Stadtwalds als Erholungswald und 75 Prozent als Bereiche des Wasserschutzes anerkannt sind.

    Geld kostet auch der Erhalt der Eichenbestände, die ohne das Eingreifen der Förster den Buchen weichen würden. Seit Jahrhunderten bringt der Mensch die Eiche in die hiesigen Wälder. Auch und gerade im Zeichen des Klimawandels gilt der Baum mit dem schweren und harten Holz als  standortgerecht auf dem Wuchsgebiet Fränkische Platte.

    Mit 30 Prozent ist die Eiche die Hauptbaumart im Stadtwald

    Mit einem Anteil von 30 Prozent ist die Eiche die Hauptbaumart im Stadtwald, gefolgt von der Buche (20 Prozent), die hier – anders als im Steigerwald und in den Haßbergen – bislang von Trockenschäden weitgehend verschont geblieben ist. Ansonsten gibt es unter den etwa 40 heimischen Laubholzarten nichts, was nicht im Stadtwald steht: Feld-, Berg- und Spitzahorn, Esche, Eibe, Elsbeere und Erle, Hainbuche und Speyerling, Pappeln, Weide, Linde, Ulme und Wildobst wie etwa die Kirsche. Kein Mittel gibt es nach wie vor gegen das Eschentriebsterben (durch einen asiatischen Prachtkäfer).  

    Im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter: Seit drei Jahren wird pausenlos Käferholz (hier bei Weipoltshausen am Jeusingweg) Käferholz aus dem Stadtwald geholt.
    Im Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter: Seit drei Jahren wird pausenlos Käferholz (hier bei Weipoltshausen am Jeusingweg) Käferholz aus dem Stadtwald geholt. Foto: Gerd Landgraf

    Bei Pflanzungen wird verstärkt auf Arten zurückgegriffen, die Wärme und Dürre vertragen. Neu im Sortiment aufgenommen ist die Baumhasel. "Den Laubbäumen geht es ganz gut", so ein "verhalten optimistischer" Florian Haensel, der nicht ausschließt, dass sich Trockenschäden am Hartholz erst zeitverzögert zeigen. 

    Warum Grünschnitt für den Wald "brandgefährlich" ist

    Notiert hat der Förster, dass die Corona-Pandemie den Trend zur Freizeit im Wald verstärkt hat. Haensel hofft, dass damit auch das Verständnis für das Ökosystem Wald und für den Forst wächst. Kein Verständnis hat er für die Zeitgenossen, die den Grünschnitt aus ihrem Garten im Wald ablagern. Die Komposthaufen am Wegesrand seien nicht nur keine Zierde, sondern für den Wald brandgefährlich. Mit dem Grünschnitt lande fremdländische Pflanzenmasse im Wald und gefährde das seit Jahrhunderten eingespielte Immunsystem des Kulturwaldes, in dem der Forst fach- und sachgerecht für Vielfalt und Nachhaltigkeit sorge.

    Eine Erstaufforstung wie diese an der Waldabteilung Espig bei Egenhausen will die Stadt, findet aber kein Grundstück.
    Eine Erstaufforstung wie diese an der Waldabteilung Espig bei Egenhausen will die Stadt, findet aber kein Grundstück. Foto: Gerd Landgraf

    Neuer Stadtwald: Die lange Suche nach einem Grundstück

    Ein neuer Wald wurde in diesem Jahr nicht angelegt, obwohl im Wahlkampf 2020 zugesagt war, dass die Stadt mindestens zehn Hektar anpflanze – als Versöhnung im Streit um die Landesgartenschau. Gefordert war damals ein Stadtwald anstatt der LGS. "Wir bekommen kein Grundstück, nicht von den Landwirten, nicht von den Gemeinden und die Stadt selbst hat fast überall ihre Gebietsgrenzen erreicht", so Haensel, für den die reine Aufforstung "kein Problem" ist. Doch erst müsse die Politik für das nötige Grundstück sorgen. 

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