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Schweinfurt: Gedenken zur Reichspogromnacht in Schweinfurt: Der Krieg in Israel ist allgegenwärtig

Schweinfurt

Gedenken zur Reichspogromnacht in Schweinfurt: Der Krieg in Israel ist allgegenwärtig

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    Der evangelische Posaunenchor Schweinfurt unter Leitung von Wolfhart Berger gab dem Gedenken der Opfer des Holocaust in Schweinfurt einen würdigen Rahmen.
    Der evangelische Posaunenchor Schweinfurt unter Leitung von Wolfhart Berger gab dem Gedenken der Opfer des Holocaust in Schweinfurt einen würdigen Rahmen. Foto: Torsten Leukert

    Seit Jahrzehnten veranstaltet die Schweinfurter SPD gemeinsam mit der Initiative gegen das Vergessen am 9. November, dem Tag der Reichspogromnacht unter den Nationalsozialisten 1938, ein Gedenken am Mahnmal bei der ehemaligen Synagoge. Selten kamen so viele Menschen wie in diesem Jahr. Sie alle einte ein Gedanke: Nie wieder. Nie wieder Verfolgung von Jüdinnen und Juden. Nie wieder Antisemitismus.

    Sie einte aber auch aktuelle Sorgen, die es spätestens seit dem 7. Oktober 2023 wieder gibt. An diesem Tag überfiel die Terrororganisation Hamas Israel und tötete 1400 Jüdinnen und Juden. So viele wie nie nach dem vom nationalsozialistischen Deutschland zu verantwortenden Holocaust während des Zweiten Weltkriegs.

    "Sie wurden ermordet, weil sie Juden waren", zeigte sich SPD-Vorsitzende Marietta Eder in ihrer Ansprache erschüttert und sprach den Gästen – darunter die Landtagsabgeordneten Martina Gießübel (CSU), Paul Knoblach (Grüne), Landrat Florian Töpper (SPD) und Bezirkstagspräsident Stefan Funk (CSU) – aus dem Herzen. Die Einschätzung des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, treffe sie sehr, so Eder. "Aus nie wieder ist schon wieder geworden", hatte er gesagt.

    Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé sprach beim Gedenken der Opfer des Holocausts in der Reichspogromnacht und mahnte zur Wachsamkeit gegen Antisemitismus.
    Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé sprach beim Gedenken der Opfer des Holocausts in der Reichspogromnacht und mahnte zur Wachsamkeit gegen Antisemitismus. Foto: Torsten Leukert

    Marietta Eder und Sebastian Remelé warnen eindringlich vor Antisemitismus

    Marietta Eder betonte: "Wir alle müssen zeigen, nie wieder ist jetzt. Wir sind verantwortlich, dass es nicht wieder geschieht." Das sei vor allem im Hinblick auf die zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen mit antisemitischem Hintergrund seit dem Hamas-Überfall und dem Einmarsch der israelischen Armee im Gazastreifen wichtig. Dass die Zahl der Menschen mit einem geschlossenen, rechtsextremen Weltbild in den vergangenen Jahren gestiegen ist, und rund ein Fünftel nach jüngsten Umfragen antisemitische Thesen teilen, sei erschreckend.

    Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) verurteilte die Hamas-Angriffe scharf. Der 7. Oktober 2023 sei historisch so bedeutend wie der 9. November 1938, "diese Morde hatten nur das Motiv, das jüdische Volk auszulöschen." Er habe kein Verständnis für Kundgebungen, auf denen der Hamas gehuldigt und das Existenzrecht Israels in Frage gestellt werde. Dass Antisemitismus nicht nur bei Rechtsextremen, sondern auch in anderen Bevölkerungsschichten vorkomme, "muss alarmieren."

    Initiative gegen das Vergessen kündigt neues Projekt an

    Johanna Bonengel von der Initiative gegen das Vergessen verband die Geschehnisse 1938 mit heute. "Populismus tötet, Rechtsextremismus tötet, Hass tötet", erklärte sie, "die Mitmenschlichkeit wird verachtet." Dem müsse man sich entschieden entgegen stellen und die Vergangenheit als Mahnung sehen: Die Jüdinnen und Juden "waren Schweinfurter", aber die Reichspogromnacht konnte in dieser Form auch passieren, weil die Bevölkerung entweder Beifall klatschte oder gleichgültig war. "Die jüdische Bevölkerung wurde alleingelassen."

    Bonengel kündigte an, die Initiative gegen das Vergessen werde gemeinsam mit einer Schweinfurter Künstlerin mit einem neuen Projekt an der Stadtmauer nahe dem Châteaudun-Park den ermordeten Jüdinnen und Juden gedenken, die aus der Stadt stammten: "Wir geben ihnen ihre Würde zurück, indem wir ihre Namen nennen."

    Würdig umrahmt wurde das Gedenken vom evangelischen Posaunenchor unter Leitung von Wolfhart Berger und Jule Beck, die aus den Lebenserinnerungen der Holocaust-Überlebenden Cordelia Edvardson "Gebranntes Kind sucht das Feuer" las.

    Jüdische Geschichte in SchweinfurtDie Geschichte der Jüdinnen und Juden in Schweinfurt geht weit zurück. Schon 1212 gibt es erste Nachweise. Nach dem Zweiten Markgrafenkrieg, in dem Schweinfurt beim Zweiten Stadtverderben 1554 niedergebrannt wurde, wurde die jüdische Bevölkerung vertrieben, die Synagoge 1555 geschlossen.Erst ab 1817 siedelten sich wieder jüdische Familien in Schweinfurt an, die Synagoge in der Siebenbrückleinsgasse wurde 1874 eingeweiht. In dieser Zeit wurden von jüdischen Geschäftsleuten zahlreiche, für die Entwicklung der Stadt bedeutende Handelsbetriebe oder Kaufhäuser betrieben. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurde das Inventar der Synagoge verwüstet, diese aber nicht in Brand gesetzt. Die jüdische Gemeinde wurde von den Nationalsozialisten 1939 gezwungen, die Synagoge an die Stadt zu verkaufen, die diese als Feuerwehrdepot nutzte. Das Gebäude wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört.1933 lebten 363 jüdische Mitbewohner in Schweinfurt, die Stadt hatte rund 40.000 Einwohner. Die meisten konnten noch rechtzeitig auswandern, in die USA und Palästina. 75 wurden in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten getötet.Von den aus Unterfranken deportierten 2068 Jüdinnen und Juden überlebten nur 60, keiner aus Schweinfurt.Quelle: Stadtarchiv/SWT

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