Wenn Preise für die schönsten Rathäuser im Freistaat zu vergeben wären – Bergrheinfeld wäre ein heißer Kandidat für einen der Plätze unter den Top-Ten. Das generalsanierte Rathaus – 1666/67 durch das Juliusspital Würzburg samt Zehnthaus und Zehntscheunen erbaut – wurde nicht nur in seiner historischen Substanz renoviert, sondern um einen Erweiterungsbau ergänzt. Behutsam, mittels einer Glasfuge zusammengeführt, begegnen sich die Bauepochen. „Wir wollten kein Museum, sondern ein funktionales Rathaus, einen Mittelpunkt für die Bürgerinnen und Bürger“, betont Bürgermeister Ulrich Werner.
Gelungener Spagat zwischen den Baustilen
Ein Spagat zwischen alt und neu, der aber äußerst gut gelungen ist. Gemeinsam schultern Altbau und Neubau die Anforderungen, die eine moderne Behörde, zum Beispiel im Hinblick auf die Barrierefreiheit, heute zu leisten hat. 451 Quadratmeter Altbau werden ergänzt durch 403 Quadratmeter Neubau mit seiner innovativen Textilfassade, in dem die eher publikumsintensiven Ämter, wie etwa das Bauamt oder das Einwohnermeldeamt untergebracht sind.
4,6 Millionen Euro hat das Projekt gekostet. Im Paket sind aber nicht nur die historische Sanierung und der Neubau enthalten, sondern auch eine energetische Sanierung mit erstaunlichen und neueste Anforderungen unterbietenden Ergebnissen. Zu nennen wäre hier der Einbau einer Pelletsheizung und die Dämmung der Außenwände und der Bodenplatte, die, weil es sich um ein Fachwerkhaus handelt, von innen bewerkstelligt wurde. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung – untergebracht auf dem Dachboden – und neue Fenster runden die energetische Top-Leistung des altehrwürdigen Gebäudes ab.
Einst auch Schule und Wohnhaus
Die ehemalige Vogtei des Juliusspitals hat eine wechselvolle Geschichte, diente als Rentamt, Rathaus, Schulhaus und Wohnhaus. Der zweigeschossige Bau mit Fachwerkobergeschoss und „Drittelwalm“ ging 1863, also fast 200 Jahre nach seiner Erbauung, in den Besitz der Gemeinde Bergrheinfeld über. 16 000 Gulden legte man seinerzeit auf den Tisch, um Rathaus, Schulhaus und Lehrerwohnung daraus zu machen. Vor 50 Jahren, also 1968, wurde schon einmal umfassend renoviert, seither wird das Anwesen in der Hauptstraße nur noch als Rathaus genutzt. Die jetzige Renovierung – sowohl in finanzieller als auch in zeitlicher Hinsicht eine Punktlandung, wie Bürgermeister Ulrich Werner betont – hatte das Ziel, eine Behörde zu schaffen, die, mit neuer Haustechnik ausgestattet, alle Anforderungen an eine moderne Verwaltung erfüllt.
Historische Stuckdecken erhalten
Neben aller Funktionalität, auch in den Räumen des denkmalgeschützten Altbaus, wurde sehr viel Zeit, Geld und Herzblut zum Beispiel in den Erhalt der historischen Stuckdecken gesteckt. So sind im Büro des Bürgermeisters oder im benachbarten Büro von Birgit Grob, Geschäftsleiterin und Innenentwicklungslotsin für die Gemeinde Bergrheinfeld, solche Decken zu finden. Behutsam und mit viel handwerklichem Fingerspitzengefühl wurden sie für die Zukunft bewahrt. Auch die Wandfassungen, Türen und Fensterrahmungen wurden im Sinne des historischen Vorbildes ins Hier und Jetzt transferiert.
Sanierung als Teil der Innenentwicklung des Ortes
Und doch ist das Rathaus nur ein Teil des Themas Innenentwicklung, das Bürgermeister Ulrich Werner auch im Sinne und als Erbe seiner Vorgänger im Amt konsequent umsetzt. Seit dem Jahr 2000 hat Bergrheinfeld einen Altortrahmenplan mit dem Ziel, das gewachsene Straßendorf nicht nur attraktiv zu gestalten, sondern weiter zu entwickeln. Nach dem Motto „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wird viel getan, um den Dorfkern rund um Rathaus, Zehnthof und Kirche weiter spürbar als Mittelpunkt der Gemeinde zu etablieren. Dazu gehört auch der Bergrheinfelder Scheunengürtel, wo erste positive Beispiele im Hinblick auf geglückte Sanierungen zu verzeichnen sind. An den Rändern der Gemeinde werden nur kleinere Baugebiete geschaffen. Primäres Ziel ist es, die Besitzer der Gebäude im Ortskern zu unterstützen und zu ermutigen, ihre Häuser zu erhalten und zu modernisieren.
So gibt es bereits einige gelungene Beispiele dafür, wie aus ehemaligen Bauernhöfen optisch gefällige und doch moderne und funktionale Wohnhäuser für junge Familien wurden und auch die sanierten Nebengebäude wie Scheunen und Hallen einem neuen Zweck zugeführt wurden.
Neues Archiv im Keller
Doch zurück zum Rathaus. Während die Büros und Amtsstuben den meisten Bürgern inzwischen bekannt sein dürften, bietet das Rathaus doch noch so einige Überraschungen, die sie vielleicht nur am Tag der Innenentwicklung zu Gesicht bekommen werden. Da wäre zum Beispiel das großzügige Gemeindearchiv im Keller zu nennen, das zwar noch in weiten Teilen gefüllt werden muss, aber auch ohne Akten und wegen seiner großen Aktenschränke samt Schließrädern schon beeindruckend ist. Es gibt viel zu entdecken in diesem Haus, dessen Denkmaleigenschaft bewahrt wurde, ohne es zum Museum zu machen.
Zum Tag der Innenentwicklung öffnet das Bergrheinfelder Rathaus am Samstag, 29. September, von 14 bis 18 Uhr seine Türen. Neben Bürgermeister Ulrich Werner wird Innenentwicklungslotsin Birgit Grob vor Ort sein. Rede und Antwort stehen außerdem Joachim Perleth vom gleichnamigen Architektur- und Ingenieurbüro in Schweinfurt, Ralf Geyer vom bauausführenden Planungsbüro für Haustechnik aus Sennfeld und Ralph Werner vom Ingenieurbüro Bopp (Elektroplanung) aus Schweinfurt.